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Nachwuchsmangel?Wie es dem Handwerk in Leverkusen geht

Lesezeit 4 Minuten
Lorena Izmailov ist Auszubildende im Friseursalon „Lucky Style by Jelena“ in den Luminaden.

Lorena Izmailov ist Auszubildende im Friseursalon „Lucky Style by Jelena“ in den Luminaden.

Eine Friseurin, ein Metzger und ein Schreiner erzählen von ihren Erfahrungen mit dem Nachwuchs.

Im Friseursalon „Lucky Style by Jelena“ in den Wiesdorfer Luminaden ist die Nachfrage groß. Unter die Friseurinnen mischen sich hier auch zwei Auszubildende. Jelena Savic Duric leitet den Salon. Sie erzählt, dass die Nachfrage nach Ausbildungsstellen in ihrem Betrieb durchaus groß sei. „Es sind doch jedes Jahr mehr als erwartet“, berichtet sie weiter. Große Schwankungen kann sie für ihren Betrieb nicht ausmachen. Allerdings denkt Savic Duric, dass es in Zukunft wohl weniger Bewerbungen geben wird. „Viele wollen mehr verdienen und weniger dafür tun“, findet sie. Mit Sorge blickt Jelena Savic Duric auf die Entwicklungen im Handwerk allgemein: „Das Handwerk stirbt irgendwie aus.“

Jörg Müller ist Metzger, er führt eine Biofleischerei in Leverkusen. Hier wird noch ausgebildet, allerdings nicht zurzeit. „Generell sind im Moment keine Nachfragen da“, so der Metzger, „Die jungen Leute werden eher dazu gebracht, Abitur zu machen“. Diejenigen, die kämen seien „na ja ok“, sie „zocken“ bis spät in die Nacht und seien dann „eher müde“. Er denkt nicht, dass der Rückgang mit dem geringer werdenden Fleischkonsum zusammenhängt, eher an der schlechten Vorbereitung auf den Beruf. Er meint, „alle Handwerksbetriebe leiden darunter“. Es sei aber nur ein Trend, denn irgendwann würden die Menschen merken, dass es keine Handwerker mehr gebe. Gerade junge Leute hätten viel Potenzial, sie gingen jedoch eher studieren. Aber „immer mehr Studierende helfen auch irgendwann nicht weiter“, so Müller.

Immer mehr Studierende helfen auch irgendwann nicht weiter.
Jörg Müller, Metzger aus Leverkusen

Daniel Mücke arbeitet als Meister in der Schreinerei Bonel. Dort beschäftigen sie derzeit zwei Auszubildende und suchen keine weiteren, weil sie mehr als zwei nicht beschäftigen können, so der Schreiner. In Bezug auf seinen Betrieb und die Entwicklungen der vergangenen Jahre sehe er im Moment zwar eine gleichbleibende Tendenz, aber: „Die Qualität der Bewerber hat abgenommen“ und „der Trend wird sich negativ fortsetzen“, glaubt Mücke. Er hofft trotzdem, dass es in Zukunft noch weitere Bewerberinnen und Bewerber gibt, die Spaß am Handwerk haben.

Die drei Betriebe blicken mit ähnlichen Gedanken in die Zukunft und vermuten einen Rückgang der Bewerberinnen und Bewerber auf Ausbildungsstellen. Die Zahlen der Kreishandwerkschaft Bergisches Land weisen erstmal nicht darauf hin: Die Zahl der abgeschlossenen Verträge halte sich über die vergangenen drei Jahre stabil.

179, das ist die Anzahl der Ausbildungsverträge im Handwerk mit Bezug zur Stadt Leverkusen für das Jahr 2024. Darunter fallen alle Verträge bei Betrieben in Leverkusen, alle Auszubildenden, die aus dem Stadtgebiet kommen, aber außerhalb eine Stelle bekommen haben, aber auch diejenigen, die in Leverkusen einen Vertrag abgeschlossen haben, allerdings nicht aus der Stadt kommen.

Azubis kommen aus Burscheid, Köln, Leichlingen und Odenthal

Insgesamt 157 Betriebe aus Leverkusen haben bis zum Stichtag mindestens einen Vertrag gemeldet. Diese Zahl ergibt sich aus 100 Auszubildenden aus Leverkusen und 57 Auszubildenden aus anderen Städten und Gemeinden. Vor allem aus Burscheid, Köln, Leichlingen und Odenthal kommen sie in die Stadt. 22 Auszubildende aus Leverkusen fanden demnach einen Betrieb außerhalb der Stadt, insbesondere in Bergisch Gladbach, Burscheid und Odenthal. Das belegen Zahlen der Kreishandwerkschaft Bergisches Land, die dabei nur die von ihnen betreuten Handwerksberufe berücksichtigt.

Die Zahl der geschlossenen Verträge von Betrieben in Leverkusen sei etwas niedriger als in den vergangenen Jahren, so die Kreishandwerkschaft. Diese Diskrepanz liege daran, dass es auch zu Auflösungen von bereits geschlossenen Verträgen gekommen sei, allerdings auch nicht mehr als in anderen Bezirken. Im Vergleich zu den anderen Innungsbezirken umfasse Leverkusen immer etwa ein Fünftel aller besetzten, aber auch aller gemeldeten freien Stellen und falle dadurch nicht mit besonders vielen freien Ausbildungsstellen auf, so Isabelle Schiffer, Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Handwerkskammer zu Köln meldet für die gesamte Region Leverkusen sogar ein Plus von 11,5 Prozent neuer Ausbildungsverträge im Vergleich zum Jahr 2023. Berücksichtigt dabei sind dabei nur die Mitgliedsbetriebe.


Förderungen

Förderprogramme für Auszubildende beispielsweise mit einer Begabtenförderung durch die Hans-Langemann-Begabtenförderung oder der Auszeichnung und Förderung der besten Auszubildenden im Rahmen der Deutschen Meisterschaft im Handwerk bietet die Handwerkskammer zu Köln. Für die kostenlose Unterstützung vor und während der Ausbildung sei die Arbeitsagentur für Arbeit außerdem ein Ansprechpartner. Sie unterstützt junge Menschen mit einem Berufsberatungsangebot. Die Mitarbeitenden helfen dabei bei der gezielten Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz, aber auch bei einer alternativen Perspektivfindung, um die Anschlussmöglichkeit zu sichern.

Für Bewerbungstipps und die Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche ist die Bundesagentur für Arbeit ebenfalls eine Anlaufstelle. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit den jungen Menschen Lösungen zu finden, damit sie ihre beruflichen Ziele erreichen und gleichzeitig die Region mit gut ausgebildeten Fachkräften stärken.“, so Nicole Jordy, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, im Bericht über den Ausbildungsmarkt im April 2025. In knapp drei Monaten beginnt das neue Ausbildungsjahr, es bleibt wohl abzuwarten, wohin sich der Ausbildungsmarkt im Handwerk in den nächsten Jahren entwickelt. (anp)