Leverkusener EngelSoraya Ramadan zeigt, wie man in der neuen Heimat ankommt

Soraya Ramadan lebt in Schlebusch, sie hat fünf Kinder und einen Enkel.
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Leverkusen – Soraya Ramadan war Grundschullehrerin für Sprachen, beherrscht persisch, kurdisch und arabisch. Und doch ist es die Sprache, die ihr nach ihrer Flucht aus Syrien aus politischen Gründen im 1998 den Wunsch verwehrte, in ihrer neuen Heimat Leverkusen wieder als Lehrerin zu arbeiten. „Man sagte mir, ich müsse erst mehr deutsch lernen“, sagt Ramadan. Doch damals gab es kaum Sprachkursangeboten, und wenn, dann waren sie nicht mit ihren fünf Kindern vereinbar, von denen vier in Syrien und eins in Deutschland geboren wurde. „Ich hatte keine Chance, hier in meinem Beruf zu arbeiten“, sagt die 55-Jährige, die heute auch einen deutschen Pass hat. Die Arbeit fehlte ihr.
Eine anstrengende Zeit
Als 2015 die große Flüchtlingswelle losbrach, war ihr klar: „Ich muss was machen.“ Wenn sich Ramadan heute an die Zeit erinnert, lächelt sie. „Es war sehr anstrengend, aber auch richtig schön.“ Über das Freiwilligenzentrum Lupe und die Caritas kommt die Schlebuscherin als Übersetzerin in den Flüchtlingsunterkunft „Im Bühl“ und „Merziger Straße“. Sie sucht Kontakt zu den Familien und informiert sie über die Angebote von Stadt und sozialen Einrichtungen.
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Gemeinsam mit Henry Artelt baut sie den Laden „Leverkusen hilft“ in der Schlebuscher Fußgängerzone auf, wo von 2015 bis 2017 gespendete Kleidung, Haushaltsgegenstände und Möbel an Flüchtlinge abgegeben worden. „Wir haben auch T-Shirts mit dem Logo gestaltet und verkauft“, erinnert sich Ramadan. „Ich habe sehr viele Fotos aus der Zeit und erinnere mich gerne daran.“
Zweigstelle der Tafel
Als der Laden 2017 schließt, initiiert Ramadan gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer Jürgen Dreyer eine Zweigstelle der Tafel in Alkenrath, wo sie bis heute ehrenamtlich hilft. Aktuell betreut sich rund 16 Familien als Willkommenspatin, bietet einen Kurs „Orientierung in der Gesellschaft“ und einen offenen Teetreff an – wenn diese Angebote wegen Corona nicht gerade stillgelegt sind.
Selbst helfen - Die Lupe berät zum Ehrenamt
Das Freiwilligenzentrum Lupe ist eine Informations- und Beratungsstelle für freiwilliges und ehrenamtliches Engagement in Leverkusen. Die Mitarbeiter beraten Hilfswillige und helfen, eine Aufgabe zu finden, die den eigenen Vorstellungen und Fähigkeiten entspricht - und Freude machen sollen. Sie stellen Kontakt zu Organisationen her und betreuen die Ehrenamtlichen auch darüber hinaus.
Die Lupe hat ihren Sitz im Alten Bürgermeisteramt in Schlebusch, Bergische Landstraße 28 und eine Zweigstelle im Opladener Laden, Bahnhofstraße 21. Beide sind wegen des Lockdowns aktuell geschlossen, aber für Beratungen per Telefon unter 0214 52723 oder mail an info@lupe-lev.de erreichbar. (stes)
„Für viele Geflüchtete in den Unterkünften ist es gerade sehr schwer“, weiß Ramadan. Einige haben keinen guten Zugang zum Internet, verstehen deutsche Nachrichten nicht und wissen nicht wirklich, was gerade passiert und wie sie sich verhalten sollen. Außerdem bedrückt es sie, dass sie Verwandte und Freunde nicht besuchen dürfen. Ramadan versucht, telefonischen Kontakt zu halten. „Gerade als vor Weihnachten die Schulen wieder geschlossen wurden, wussten die Menschen nicht, ob ihre Kinder nun noch da hin gehen sollen oder wie es mit der Bildung weiter geht.“ Dann klärt die Deutsch-Syrerin auf. Und versucht, ein bisschen Angst und Verunsicherung zu nehmen.
Begeisterung für das Ehrenamt
Die ehrenamtliche Arbeit macht Ramadan viel Spaß. „Es ist so schön, wenn viele verschiedene Leute zum Tee zusammen kommen, man lernt immer wieder neue Menschen kennen. Hoffentlich ist das bald wieder möglich.“ Manchmal schafft sie es sogar, die Hilfebedürftigen für die Hilfsarbeit zu gewinnen. „Eine Frau aus der Unterkunft Im Bühl habe ich überzeugen, bei der Tafel mitzuarbeiten.“
Diese hat nun nicht nur etwas sinnvolles zu tun, sondern auch schon viel gelernt, vor allem sprachlich. Und so kann sie vielleicht auch bald einem Beruf nachgehen.