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Freiherr-vom-Stein-GymnasiumLeverkusener zeigen Abgründe auf dem Weg zum „Richtfest“

Lesezeit 3 Minuten
Schauspieler auf der Bühne

Die Erwachsenen sind begeistert von den Entwürfen des Bauprojekts, die Jugendliche Judith macht derweil Selfies. 

Schauspiel-Ensemble des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums zeigt das Stück „Richtfest“ mit viel Humor und Tiefgang.

Eine Kapitalanlage, ein sicherer Ort für die Familie, die Verwirklichung des architektonischen Traums oder einfach „Ins Grüne, Landluft und so“ – die Beweggründe, warum sich elf Menschen zusammentun, um eine Baugemeinschaft für ein Mehrparteienhaus zu gründen, sind ebenso verschieden, wie die Charaktere. 

„Richtfest“, heißt das Stück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz, das das Schauspiel-Ensemble des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in zwei öffentlichen Aufführungen auf die Bühne der Schulaula bringt. Doch ob es zum Richtfest des Bauprojekts jemals kommen wird, das wird im Verlaufe des Stücks immer fraglicher.

Genervtes Augenrollen

Zu Beginn wirkt es noch ganz harmonisch, wie Architekt Philipp (Phillipp Seidewinkel) seine großen Pläne eines modernen Glaspalastes vor der handverlesenen Gruppe präsentiert. Ein Senior (Georg Norwig), eine Familie mit Kleinkind (Julius Bernhardt und Marie Fohrer) zwei freiberufliche Musiker (Johann Adam und Leo Voigt) – man will sich ja nicht vorwerfen lassen, irgendwelche Gesellschaftsgruppen auszuschließen, die vielleicht auf den ersten Blick nicht nach Traumnachbarn klingen.  „Das ist wie bei Studentenfutter – die bunte Mischung macht es“, ist die Sichtweise zu Beginn ebenso rosarot, wie der „Sekt“, den die Gemeinschaft fröhlich schlürft.

Nun ja, die türkische Familie, die den Hausmeisterposten nicht übernehmen wollte, hat es nicht durch das Bewerbungsverfahren geschafft, aber man kann ja auch nicht alles haben. Einzig die 17-jährige Judith sitzt die ganze Zeit Selfie-machend herum – das genervte Augenrollen einer Pubertierenden hat Carolina Lansu ebenso meisterhaft drauf, wie den Flirt mit dem Architekten.

Junge Schauspieler auf der Bühne

Diskussion im Wohnzimmer: Johann Adam (v.l.), Leo Voigt, Marie Kristin Sampaio Doherty und Tom Provenzano.

Im Laufe des Stückes wird der Zuschauer immer wieder mit in die Wohnzimmer der einzelnen Familien genommen. Und da zeigt sich: Judiths Vater (Jasper Hutten) ist wesentlich begeisterter von dem Wohnprojekt mit vielen neuen Freundschaften, als ihre Mutter (Zoe Tritz), die sich fragt: „Bin ich dir alleine nicht mehr genug?“. 

In anderen Häusern geht es um harte Fakten: Eine ungeplante Schwangerschaft bringt die Finanzen der jungen Familie durcheinander, da soll das von Tom Provenzano und Marie Kristin Sampaio Doherty wunderbar blasiert gespielte reiche Ehepaar aushelfen – die wissen doch ohnehin nicht, wohin mit ihrem Geld. Dafür könnte die junge Mutter sich doch auch mit um den kranken Senior kümmern, wenn sie eh nicht arbeiten geht?

Was also soll das werden: Eine Kommune, in der Finanz- gegen Sozialleistungen getauscht werden? Auch die beiden Musiker können sehr gut die Augen verdrehen. Wird hier auf einem gemeinschaftlichen Fundament gebaut? Lehrer Kai Wahle ist mit dem Schauspiel-Ensemble und der Unterstützung der Bühnenbau-AG eine unterhaltsame Produktion gelungen, die mit viel Humor, Augenzwinkern und Tiefgang die Frage stellt: Wie bunt darf eine Tüte Studentenfutter sein?


Zwei Aufführungen

„Richtfest“ vom Schauspiel-Ensemble des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums wird gespielt am Samstag, 5. April, und Montag, 7. April, jeweils um 19.30 Uhr (Einlass 19 Uhr) in der Aula der Schule, Morsbroicher Straße 77. Erwachsene zahlen an der Abendkasse sechs Euro Eintritt, Schüler drei Euro.


Langjähriger Leiter der AG gestorben

Die Schulgemeinschaft trauert um Hans-Jürgen Dorn. Der ehemalige Lehrer am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium (1974 – 2008) ist im Dezember im Alter von 80 Jahren gestorben. Als langjähriger Leiter der Schauspiel-AG ging Dorn 1996 mit dem Ensemble auf Tournee, unter anderem führte die AG in Rumänien im Staatstheater die „Lysistrata“ des Aristophanes auf. „Der Erfolg war so groß, dass die Schülerinnen und Schüler nach der Aufführung Autogramme geben mussten“, heißt es im Nachruf im Programmheft der aktuellen Aufführung. Dorn bleibe mit seinen eindrucksvollen Regieeinfällen unvergessen.