Leverkusener SPD bestraft AbgeordneteKalte Dusche für Eva Lux

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Der Saal Norhausen war mit 125 SPD-Mitgliedern gut gefüllt. Die stimmten über das Wahlprogramm ab. Aber nicht nur. 

  • Eigentlich sollte es nur ums Kommunalwahlprogramm gehen.
  • Die Abstimmung über die Grundlinien dauerte Stunden.
  • Am Ende kam es dick.

Leverkusen – „Das ist der Winke-Winke-Parteitag!“ Marlene Echterhoff verlieh dem SPD-Treffen am Samstagmorgen dieses lustige Motto. Sie kommentierte damit zwar nur, dass sich viele Genossen entgegen der Höflichkeitsregeln wegen des Coronavirus' zur Begrüßung nicht die Hand gaben und nur winkten. Für die Landtagsabgeordnete Eva Lux sollte das aber später eine andere Bedeutung bekommen. Doch das konnte die altgediente Sozialdemokratin Echterhoff da noch nicht wissen.

Hauptzweck des Parteitags in Rheindorf war das Programm, mit dem die Leverkusener SPD zur Kommunalwahl antreten will. Das hatten mehrere Arbeitsgruppen vorbereitet. Die Chancen auf einen Wahlerfolg seien mit dem amtierenden OB Uwe Richrath so gut wie nie, stimmte Fraktionschef Peter Ippolito im Saal Norhausen die Mitglieder ein. Es seien zwar insgesamt schwierige Zeiten, nicht nur wegen des Virus'. Aber die SPD müsse mit dafür sorgen, dass die AfD in Leverkusen nicht landen könne. Diese Partei sei durch ihre Hetze mitverantwortlich für die Morde in Hanau.

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Jonas Berghaus

Da war er sich mit dem erst kurz amtierenden Parteivorsitzenden Jonas Berghaus einig. Das Gefühl in der Bevölkerung, zurückgelassen zu sein, müsse man etwa mit einem forcierten Kurs in der sozialen Wohnungspolitik dämpfen.

Nicht nach China gucken

Berghaus scheint den Klimaaspekt und die eigene Verantwortlichkeit ins Parteiprogramm einbringen zu wollen: „Es hat diesen Winter noch gar nicht geschneit in Leverkusen“, sagte er, „und wir müssen aufhören, in unseren SUV sitzend auf China zu gucken.“

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SPD-Mitglieder stimmten ab.

Neue Perspektiven für ein neues Jahrzehnt, heißt die Überschrift des 36 Seiten dicken Leverkusener SPD-Programms. Und es stehen viele wünschenswerte Dinge drin: Vielfalt, Gesundheit, Gerechtigkeit, das Soziale sowieso, Hilfen und Kultur. Das sind alles übliche SPD-Themen. Hinzu kommt ein Bekenntnis zum Museum Morsbroich. Ebenso das Bekenntnis zu günstigem Wohnraum. Allerdings gibt es keine Forderung nach einer Wohnraumschutzsatzung gegen Zweckentfremdung. Dagegen lobt die SPD die sehr umstrittene Eigenheimsiedlung am Bohofsweg, obwohl an der Stelle wohl eher ein klassisches FDP-Grünen-Klientel bedient wird.

Nur Arbeitnehmer-Partei?

Wer hätte gedacht, dass in der SPD mal über den Satz „Wir sind die Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ diskutiert werden würde? Manche fanden das zu ausschließend. Ein klares Bekenntnis zum Industriestandort gehört ebenso dazu wie Aussagen für einen Autobahntunnel, gegen eine Raststätte in Steinbüchel, gegen Lärm, für eine klimafreundliche Stadtentwicklung und besseren Insektenschutz.

Weg von der autogerechten Stadt?

Man müsse jetzt weg von der autogerechten Stadt, beschwor Ippolito, die auch die SPD noch vor Jahren postuliert habe, hin zu einer menschengerechten Stadt. Das Kapitel zum Verkehr ist aber dennoch eher aus Autofahrerperspektive verfasst. Ursache für die vielen Staus in der Stadt seien nicht zu viele Autos, sondern schlechtes Baustellenmanagement und Autofahrer, die von der Autobahn in die Stadt ausweichen. Dennoch, die Forderungen nach fast allen Ideen der Verkehrswende sind im Programm enthalten – jedenfalls solange sie nicht allzu radikal sind. Die Stadt der kurzen Wege soll geknüpft werden, wie dazu aber die Forderung nach großen Supermärkten, statt vieler kleiner Märkte passt? Das bleibt das Geheimnis der SPD-Strategen.

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Zurück zum Stichwort winke winke: Die – wie sich dann zeigte – starke Gruppe um die vormalige Parteichefin Aylin Doğan überraschte die Genossen mit einem Initiativ-Antrag, der passgenau als Revolte auf die Landtagsabgeordnete und Doğan-Vorgängerin Eva Lux zugeschnitten war. Die Gruppe um Lux gilt als treibende Kraft, die vorigen Herbst Doğan zum Rückzug von der Spitze drängte, stattdessen Berghaus mit knapper Mehrheit ins Amt hievte. Es solle, so der Antrag, keine Mehrfachmandate mehr geben.

Lux ist die einzige, auf die das zutrifft: Sie sitzt im Landtag und im Stadtrat. Der Anti-Lux-Antrag kam mit 65 Prozent durch, auch wenn vor der Abstimmung – ganz sicher nicht zufällig – ein 13 Mann starker Trupp der neuen Mitglieder im Saal eintraf, die schon an Doğans Rückzug beteiligt gewesen waren. Lux sagte, sie sei enttäuscht von der Partei. Der sichere Rat oder der besser bezahlte Landtag: Lux muss sich bald entscheiden.

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