Leverkusens abgeschafftes GymnasiumCedisten schwelgten in Erinnerungen

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Selfie-Zeit mit alten Klassenkameraden und früheren Lehrern, hier mit dem letzten Schulleiter des Carl-Duisberg-Gymnasiums, Ekkehard Schmidt.

Selfie-Zeit mit alten Klassenkameraden und früheren Lehrern, hier mit dem letzten Schulleiter des Carl-Duisberg-Gymnasiums, Ekkehard Schmidt.

Leverkusen – Erinnerungen feiern, die der Gründung des Carl-Duisberg-Gymnasiums vor 100 Jahren zu verdanken sind – dafür sind über 400 „Cedisten“, ehemalige Schülerinnen und Schüler des 1992 geschlossenen CD-Gymnasiums aus ganz Deutschland nochmal für vier Stunden auf dem Schulhof in Leverkusen zusammengekommen, auf dem sie erwachsen geworden sind.

Und irgendwie ist nochmal alles so wie früher: Die Schulglocken müssen mehrere Male läuten bis Ruhe einkehrt und alle an Bänken, die mit auf Herz-Luftballons geschrieben Abiturjahrgängen von „vor 1950“ bis „1992“ gekennzeichnet sind, entsprechend Platz nehmen. „Das CD war einfach Kult“, so Bernd Leckebusch aus dem Abschlussjahrgang 1981 euphorisch.

Das CDG war Kult

Dieser Kult begann 1922 als „Höhere Knabenschule der Stadt Wiesdorf“ – da gab es Leverkusen noch gar nicht. Man habe eine bessere Bildungseinrichtung gewollt. 31 Schüler seien es im ersten Jahr unter dem Direktor Paul Leopold gewesen. Den Namen des damaligen Bayer-Chefs Carl Duisberg erhielt die Schule 1928. Dieser soll beim ersten Anblick der Schule angemerkt haben: „Das sieht ja aus wie im Klingelpütz!“

Die ersten 21 Schüler bestanden dann 1931 ihr Abitur. Doch schon kurz danach wurde Leopold dann durch die Nazis seines Amtes enthoben – er habe sich stabil geweigert einer Hakenkreuzfahne auf dem Hof mit dem Hitlergruß „Respekt zu zollen“. Erst 1945 folgte dann die Wiedereröffnung unter all den Widrigkeiten der Nachkriegszeit – trotzdem gab es ein Jahr später schon wieder 38 Abiturienten.

Nach Jahrgängen sortiert fanden die Cedisten auch nach Jahrzehnten wieder zueinander.

Nach Jahrgängen sortiert fanden die Cedisten auch nach Jahrzehnten wieder zueinander.

Die meisten am Samstag anwesenden Cedisten besuchten die Schule in den 1960ern und 70ern. Im Jahr 1954 begann mit Erich Weingardt als Schulleiter eine neue Ära. „Eine patriarchalische Attitüde und ein joviales Auftreten hatte der“, denkt eine Gruppe zurück. Trotzdem sei mit ihm ein enormes Anwachsen der Schülerschaft verbunden gewesen und das CDG wurde so zu einem der größten Gymnasien in NRW. Hier gab es einen Jahrgang mit sieben Parallelklassen, von „a“ bis „g“.

Weingardt reformierte die Schule und schuf leistungsorientierte Niveaukurse und Neigungskurse. Die Meinungen darüber gingen so stark auseinander, dass noch fast 70 Jahre später darüber diskutiert wird. Auf jeden Fall resultierte eine Politisierung der Cedisten daraus – sie haben Mitbestimmung bei den Unterrichtsstoffen und bei der Notengebung gefordert.

Eine Zeit in der Eckhard Schmidt Lehrer am CDG war – er sei bekannt und beliebt gewesen. Um Interesse zu erringen sei er auch gerne mal auf das Pult gesprungen. Als er die Bühne betritt hat er so sofort wieder die geballte Aufmerksamkeit: „CD-Gymnasium gibt es als Schule schon 30 Jahr nicht mehr. Aber sein Geist lebt noch, wie wir sehen und erleben.“

Ab 1974 war Karl Mutz der letzte Schulleiter. In seine Amtszeit fiel sowohl die größte Ausdehnung der Schule auf 1600 Schüler als auch ihr Ende. Innerhalb von vier Wochen vom Beschluss im Schulausschuss bis zum Ratsbeschluss läutete die Stadt dann das Ende des CDG ein. Altwiesdorf sei nicht mehr der ideale Einzugsbereich für ein Gymnasium und die räumliche Situation war inzwischen hoch problematisch. So wurde der Betrieb des CD-Gymnasiums im Juli 1992 eingestellt.

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„Halten Sie die Zeit auf dem CD in Ihren Herzen fest“, appelliert Oberbürgermeister Uwe Richrath. Und das lassen sich die Cedisten nicht zweimal sagen. Fast alle tragen Namensschildchen mit den Abiturjahrgängen, um sich leichter wiederzuerkennen. „Wir hatten doch Mathe zusammen“, werden nochmal Adressen ausgetauscht. Es sei spanend zu sehen, was im Laufe der Jahrzehnte so aus allen geworden ist. Mit den Olympia-Athleten Liesel Westermann und Klaus Tafelmeier hat die Schule schließlich auch prominente Persönlichkeiten hervorgebracht.

Raucherecke hinterm Büdchen

„Weißt du noch, wie wir immer beim kleinen Büdchen – das war eine Institution – Zigaretten geraucht haben und wichtiggetan haben?“ und „Schullandheim Unnau im Westerwald, erinnerst du dich?“, werden Anekdoten er-zählt. Auch die alten Schul-T-Shirts wurden nochmal nachproduziert. Und stolz wurden alte Urkunden von Sportturnieren ausgehangen.

Wolfgang Duisberg trug die Geschichte vom „Phantomschüler Walter Zabel“ vor.

Wolfgang Duisberg trug die Geschichte vom „Phantomschüler Walter Zabel“ vor.

„Phantom-Schüler erreicht Oberstufe am CDG“ war eine der großen Schlagzeilen in denen die Schule stand. Beim Ehemaligentreffen outete sich nun der Verantwortliche – dahinter steckt mehr als nur ein Streich. Um Carl Walter Wolfgang Duisberg einen Abschluss zu ermöglichen, sei von Freunden Phantom-Schüler „Walter Zabel“ in verschiedene Kurse eingetragen wurden. Natürlich fehlte er meistens, manchmal habe sich eben aber auch jemand gefunden, der entsprechend „hier“ rief – „Zabel“ saß virtuell immer in der letzten Reihe. So kam, was kommen musste: Er wurde nicht versetzt – so haben die Schüler sogar eine Todesanzeige für ihn geschaltet.

Für diejenigen, die von den Geschichten dieser Kult-Schule nicht genug bekommen können, gibt es darüber sogar ein 600-seitiges Buch „Carl-Duisberg-Gymnasium in Leverkusen, Geschichte und Geschichten“ von Dietfried Sackser.

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