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Gesamtschule SchlebuschClusterbauweise: So sieht die Schule der Zukunft aus

Lesezeit 4 Minuten

Schulleiter Bruno Bermes (r) im großen Differenzierungsraum mit Arbeitsplätzen und Sofa – hinter dem großen Fenster befindet sich ein Klassenraum.

Leverkusen – Im Distanzunterricht funktioniert das mittlerweile wunderbar, berichtet Bruno Bermes. In Kleingruppen werden Schülerinnen und Schüler in sogenannte „Breakout Rooms“ geschickt, wo sie miteinander Lerninhalte durchgehen und Projekte planen können – ohne, dass die ganze Klasse zuhört. Moderner Schulunterricht funktioniert eben nicht mehr so wie früher „dass ein Lehrer vorne steht und fragt: »Habt ihr alles verstanden. Ja.« Und dann gehen alle nach Hause“, erklärt der Leiter der Gesamtschule Schlebusch.

Sieben Klassenräume

Wenn die Infektionszahlen es zulassen und die Kinder wieder weg vom Bildschirm und zurück in das Gebäude kommen, können sie auch in der Gesamtschule deutlich besser so arbeiten, als zuvor. Der neue Anbau an der Ophovener Straße, in den künftig die Fünftklässler einziehen werden, ist fertig. Sieben Klassenräume gibt es hier – die aber nicht hinter dicken Wänden entlang eines schmalen Ganges versteckt sind. Denn der Gang gehört hier zu den Klassenzimmern – überall gibt es kleine Sitzgruppen mit leuchtend grünen Stühlen.

Die Hanglage ermöglicht zwei ebenerdige Eingänge, die großen Fensterfronten sorgen für viel Licht.

Und jedes Klassenzimmer hat ein großes Fenster zum Gang hin, durch das man sowohl rein wie auch rausschauen kann. Am Ende des Ganges gibt es offene Differenzierungsräume, im größeren im ersten Stockwerk steht hier sogar ein knallgrünes Sofa. In diesen Lernzonen können die Schüler dann also künftig Platz nehmen, wenn die Lehrerin die Klasse in Grüppchen aufteilt, damit sie sich gegenseitig Englischvokabeln abfragen oder einen Vortrag erstellen. „Die meisten Unterrichtsstunden sind bei uns so aufgebaut, dass es eine zehnminütige Inputphase in der Klasse gibt, danach Gruppen- oder Einzelarbeit und am Ende eine Phase, in der Ergebnisse besprochen werden“, erklärt Bermes.

Schülerzahl bleibt gleich

Mehr als 1000 Quadratmeter mehr Platz hat die Gesamtschule nun – das heißt allerdings nicht, dass sie künftig mehr Schülerinnen und Schüler aufnehmen kann. Regelmäßig übersteigen die Anmeldezahlen das Platzangebot. „Durch unser Monitoring haben wir schon frühzeitig gesehen, dass hier ein großer Bedarf besteht“, sagt Carolin Maus, Leiterin des Fachbereichs Schulen. So ist die Schule auf sieben Züge pro Jahrgang angewachsen, für die sie aber eigentlich nicht konzipiert war.

Fünfzügige Oberstufe

„Mit dem Anbau haben wir jetzt den Platz, der einer siebenzügigen Schule mit fünfzügiger gymnasialer Oberstufe zusteht“, erklärt Maus. Wollte man noch mehr Plätze anbieten, müsste die Schule achtzügig werden, das ist aktuell nicht möglich und auch nicht vorgesehen.

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Denn in welchen beengten Verhältnisse die große Schule zuvor gearbeitet hat, erklärt Bermes eindrücklich: „Die gymnasiale Oberstufe hatte zum Teil keine eigenen Räume, also mussten die Kurse immer wieder wechseln, in Klassenzimmer, deren Schüler gerade in der Turnhalle waren oder auch Englischunterricht in Naturwissenschaftsräumen abhalten.“ Und wenn Gruppen gebildet werden sollten, saßen Schüler teilweise auf dem Boden im Gang – was der Brandschutz eigentlich nicht gestattet. Oder sie gingen ebenfalls in freie Klassenzimmer, die ein Lehrer aber nicht alle beaufsichtigen kann. Ein täglicher Balanceakt. Zudem gibt es mittlerweile mehr als 100 Kinder und Jugendliche an der Schule, die eine sonderpädagogische Betreuung brauchen. Hier ist es besonders wichtig, viele kleine Nebenräume zu haben. Damit Schüler und Betreuer nicht auf der Suche nach einem freien Raum durch die ganze Schule laufen müssen, um sich einmal zehn Minuten gesondert zusammen zu setzen.

Rund 4,5 Millionen Euro hat der Anbau gekostet, sie wurden komplett aus dem Programm „Gute Schule 2020“ vom Land finanziert.

Energieeffizienter Bau

Der Bau ist ähnlich energieeffizient wie ein Passivhaus, er wird über eine Luft-Wasser-Wärmepumpe beheizt und über Kompaktlüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung belüftet. Beides wird über einen zentralen Leitrechner der Stadt Leverkusen gesteuert. Die Bauarbeiten haben im Herbst 2019 begonnen und wurden pünktlich bis Ende 2020 abgeschlossen. Bis Ende März wurden dann noch Abnahmen, Restarbeiten und Mängelbeseitigungen durchgeführt.

Cluster-Bauweise an mehreren Standorten

Die Gesamtschule Schlebusch ist die erste Leverkusener Schule, in der das neue Konzept der Cluster-Bauweise umgesetzt wurde. Die Idee dahinter ist, nicht mehr einzelne Klassenzimmer an unbenutzbaren Gängen zu haben, sondern offene Cluster, die aus Klassenräumen mit zugeordneten Mehrzweck- und Differenzierungsräumen bestehen. Diese sollen multifunktional genutzt werden können. Eine entsprechende mediale Ausstattung geht damit einher. „Das ist eine zeitgemäße Schularchitektur, die viele pädagogische Möglichkeiten bietet“, lobt Baudezernentin Andrea Deppe.

Geplant sind solche Anbauten auch am Lise-Meitner- und dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Beide müssen für die Umstellung auf G9 (Abitur nach 13 Schuljahren statt 12) ausgebaut werden, dafür gibt es eine Finanzierung vom Land.

Auch für Grundschulen sei das Clustermodell sehr interessant, sagt Andrea Pesch vom Fachbereich Gebäudewirtschaft. Als erstes Projekt steht hier der Neubau der Regenbogenschule an der Manforter Scharnhorststraße an. Hierfür liegt der Planungsbeschluss vor, ab dem Sommer 2023 soll gebaut werden. (stes)

Seitdem allerdings sind bis auf die Abschlussklassen wieder alle Schülerinnen und Schüler im Distanzunterricht. Ein weiterer Vorteil der vielen verteilten Lernzonen wird auch die Akustik sein, glaubt Bermes: „Wenn man Gruppen im Klassenraum bildet und die sich miteinandern unterhalten sollen, ist das enorm laut.“ Hier kann man nicht das Mikrofon auf stumm schalten, wie im Online-Unterricht.