Mietgarten in LeverkusenHier können Hobbylandwirte ihr eigenes Gemüse ernten

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Geschäftiges Treiben zum Saisonstart der Mietgärten am Bauernhof Jüch.

Leverkusen – Im Auenland und Garten Eden wird mächtig getreten. Füße in festem Schuhwerk stampfen die Erde platt. Aber nur auf einem schmalen, von einer blauen Schnur gekennzeichneten Streifen. So wird die Grundstücksgrenze besser sichtbar, es ist der künftige Arbeitsweg der angehenden Hobbylandwirte.

Noch drei freie Gärten

65 Mietgärten gibt es auf einem Feld des Bauernhof Jüch in Steinbüchel. „Etwa die Hälfte der Mieter sind alte Hasen und kennen sich schon aus“, sagt Bianca Kühn von „Meine Ernte“, die den Mietgarten in Kooperation mit Marcus und Dörthe Vogel vom Hof Jüch betreiben.

Das Konzept: Die Landwirte stellen saisonweise eine mit 20 Gemüsesorten von Kartoffeln über Zuckererbsen und Grünkohl bis zu Salat zuvor bepflanzte Parzelle auf hochwertigem Boden zur Verfügung. Die Mieter übernehmen ab hier: Unkraut jäten, Erde harken, gießen – und natürlich ernten. Auf einem freien „Wunschbeet“ können Blumen oder weiteres Obst und Gemüse selbst ausgepflanzt werden. „Heute geht es aber erst einmal darum, die Gartengrenzen abzutrampeln und nach Wunsch Schutzfolien aufzubringen“, erläutert Kühn.

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Die „alten Hasen“ sind bei der Saisoneröffnung leicht an der Ausstattung zu erkennen: In Körben tragen sie junge Pflanzen für das Wunschbeet und Arbeitsgeräte durch das Gartentor an der Wilmersdorfer Straße.

In einer Chatgruppe wird gefachsimpelt

Ute und Nikolaus Roggendorf stehen mit leeren Händen an der Seite und beobachten das geschäftige Treiben zunächst einmal. Das aber mit wachsender Begeisterung. „Das ist toll, mit welcher Freude die Leute hier am Werk sind“, sagt Ute Roggendorf. Das Ehepaar hat sich zum ersten Mal für einen Mietgarten entschieden und ihn „Nikolutes Streifen“ getauft.

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Bianca Kühn von "Meine Ernte" hilft den Neulingen bei der Orientierung.

Bereits im Vorfeld hätten sie viele Informationen von „Meine Ernte“ per E-Mail erhalten und in einer Chatgruppe der Leverkusener Pächter wurde schon mächtig gefachsimpelt, welche Pflanzen man in diesem Jahr in das Wunschbeet einsetzen könnte. „Nur nichts, was sich schnell ausbreitet und in die Nachbarbeete wuchert“, weiß Ute Roggendorf nun schon.

Selbstgemacht schmeckt besser

Theresa hat ihren Garten bereits im dritten Jahr. „Ich habe versucht, auf meinem Balkon ein bisschen was anzubauen, aber das hat nicht so gut geklappt“, sagt die 33-Jährige. Also hat sie den Mietgarten ausprobiert und ist sehr zufrieden: „Mir war vor allem wichtig, dass ich weiß, wo das Essen her kommt und dass es unbehandelt ist.“ Mit der Zeit hat sie aber die Erfahrung gemacht, dass der Anbau ihr noch mehr gibt: „Zu sehen, wie die Pflanzen wachsen, und etwas zu ernten und zu essen, wo man selbst Energie reingesteckt hat, das macht einfach Spaß. Und schmeckt auch besser.“ Und außerdem sei es für sie, die nicht aus Leverkusen stammt, eine schöne Möglichkeit gewesen, Anschluss zu finden.

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Fachsimpeln über Gartengrenzen hinweg.

Der Gemeinschaftssinn ist in jedem Fall vorhanden. „Ist der Salat dieses Jahr weiter hinten?“, ruft es aus einer Parzelle, die Antwort kommt prompt von Gegenüber. Es wird viel gelacht und gefachsimpelt. Das gefällt auch Nikolaus Roggendorf. Der 65-Jährige ist gerade in Rente gegangen und hat jetzt mehr Zeit. „Wir haben zwar auch einen kleinen Garten, aber Gemüse wollten wir da nicht anpflanzen“, sagt der Rentner. Dafür sei der Garten zu klein und hier bekommt er auch Unterstützung, nicht nur von den Mitmietern.

Steigende Nachfrage

Regelmäßig finden „Pflanzensprechstunden“ statt, bei denen vor Ort geholfen wird. Das Unkraut muss man aber schon selbst zupfen. „Da komme ich schon noch runter“, ist Roggendorf zuversichtlich.

Die Nachfrage nach Mietgärten wächst seit Jahren, sagt Kühn. Selbstversorgung, Nachhaltigkeit und Bioware, etwas mit den eigenen Händen erschaffen, Ausgleich in der Natur finden – das sind Trends der Zeit, schon vor Pandemie und Ukraine-Krieg, die Versorgungssicherheit noch mehr in den Fokus rücken.

Jenseits von Pandemie und Krieg

Für die Roggendorfs war das kein ausschlaggebendes Argument. „Uns geht es um den Spaß an der Sache. Im Supermarkt könnte ich das Gemüse günstiger kaufen, oder hier im Hofladen, da weiß man auch, wo es herkommt“, sagt Ute Roggendorf.

Sie plant, mindestens zwei Mal pro Woche auf dem Rückweg von der Arbeit nach dem Gemüse zu schauen. „Wenn es lange trocken war, vielleicht auch häufiger. Oder wenn der Sonnenuntergang gerade schön ist. Oder nette Leute hier sind, mit denen man vielleicht auch mal am Rande ein Bier trinken kann.“ Aber sicher nicht, weil ihr noch ein Salat zum Abendessen fehlt. „Da bin ich durchgetaktet. Bei mir fehlt kein Salat“, sagt sie und lacht.

Ein fertig bepflanzter Mietgarten kostet für die Saison 229 Euro (45 Quadratmeter) oder 439 Euro für die doppelte Größe. Gießwasser, Gartengeräte und Beratung sind inbegriffen. Buchung über den Onlineshop von „Meine Ernte“

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