Museum Morsbroich in LeverkusenDas ist das neue, radikale Konzept für das Schloss

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Museumsdirektor Jörg van den Berg (rechts) räumt im Schlosspark auf.

Leverkusen – Zeiten ändern sich. Manchmal ist es sogar notwendig und gut, dass sie sich ändern. Und auf Leverkusen bezogen steht ein solcher Zeitenwechsel nun in Morsbroich an: Das dortige Museum bekommt ein neues Konzept verpasst. Wieder einmal. Aber doch ganz anders.

Denn ein Konzept – eines zur Standortsicherung als bürokratischem Begriffsgebilde – war 2018 ja schon erdacht und aus unterschiedlichen Gründen an die Wand gefahren worden. Jetzt indes geht es um ein Konzept, das direkt in den Kunstbetrieb eingreift. Das die ganze Philosophie des 1951 eröffneten Hauses auf den Kopf stellt und neu definiert. Offiziell startet es am Wochenende der Landtagswahl mit den dann rund ums Schloss anstehenden Museumstagen (Freitag bis Sonntag, 13. bis 15. Mai). Vorgestellt wurde es indes schon jetzt, eine gute Woche zuvor, bei einem Stelldichein im Museum.

Gegenwärtiges Museum

Museumsdirektor Jörg van den Berg höchstselbst führte dabei durchs Haus und zeigte, an was derzeit so intensiv und engagiert gearbeitet wird: Nämlich an den Antworten auf zwei Fragen. Erstens: „Wie machen wir aus einem Museum für Gegenwartskunst ein gegenwärtiges Museum?“ Zweitens: „Muss ein Museum für Gegenwartskunst überhaupt noch Ausstellungen machen?“ Beide Fragen bedingen einander.

Alles zum Thema Gerhard Richter

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Eine Privataudienz mit dem „Tiger“ von Gerhard Richter  kann sich nicht nur Kuratorin Thekla Zell regelmäßig organisieren – bald soll dies für alle Besucherinnen und Besucher der Museums möglich sein.

Und beide sind ebenso revolutionär wie das daraus resultierende Konzept, das der Chef gemeinsam mit seinem Team um Kuratorin Thekla Zell, Kurator Fritz Emslander und Kunstvermittlerin Lucia Riemenschnitter erdacht hat: Anstelle einer Ausstellung, die im Mai eröffnet und die dann – grob gesprochen – einer zuvor geendeten Ausstellung folgen und einer später im Jahr im Anschluss zu eröffnenden neuen Ausstellung vorangehen würde, geht es dieses Mal um den Beginn einer Spielzeit. Einer Saison.

Das Museum wird bespielt. Und zwar nicht nacheinander mit Künstler X, dem Künstlerin Y und irgendwann eben Künstler Z folgt. Sondern eher im Stile eines Labors, das die Menschen anziehen und für alle – und nicht nur eine Kunstelite – gedacht sein soll.

„Public Office“ im Jagdzimmer

Das Konzept beginnt sogar schon mit dem Chef selbst: Jörg van den Berg richtet sich im Jagdsaal des Schlosses ein „Public Office“ ein. Ein öffentliches Büro. Dort wird er zukünftig Tag für Tag sitzen – und zwar auf dem Präsentierteller: Alle Gäste, die das Museum besuchen, werden zwangsläufig an ihm vorbeilaufen und mit ihm ins Gespräch kommen können.

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Arbeit im „Parklabyr“: Margit Czenki ist nur eine von zwei Dutzend Kreativen, die am Wandel des Museums mitwirken. 

Im so genannten Parklabyr – einer wortschöpferischen Mixtur aus „Labor“ und „Labyrinth“ – sitzen Margit Czenki und Christoph Schäfer und widmen sich mit verschiedenen, in der steten Bearbeitung befindlichen Arbeiten der Frage, wie sie gemeinsam mit den Menschen in Leverkusen womöglich die Beziehung der Stadt zum Museum, zum Schloss, zum Schlosspark gestalten können. Es gibt etwa ein Wunscharchiv, eine Inspirationscouch für die Gäste, eine an den Charakter Morsbroichs als Lustschloss gemahnende Schaukel.

Zwei Dutzend Kreative

Mark Dion wiederum lässt Besucherinnen und Besucher mit Skizzen und Schränken voller in der Menge anwachsendem Sammelgut an der Konzeption seines Hexenhäuschens, dem „Witch Cottage“, teilhaben, das in Zukunft im Park entstehen soll.

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Überhaupt sind es gut und gerne zwei Dutzend Künstlerinnen und Künstler, die im Laufe dieses Projektes „2022: Spielzeit“ sowie darüber hinaus die Entwicklung des Museums zu einem Haus aller für alle, in dem Kunst neu weil wörtlich bildend gedacht wird, vorantreiben sollen. Auf Sicht.

Ein „Schauraum“ als Clou

Und irgendwie kulminieren diese neuen Ideen rund um die Öffnung des Museums im so genannten „Schauraum“ des ersten Obergeschosses. Dort können sich Gäste online oder vor Ort jeweils ein Bild oder eine Skulptur nach eigenem Gutdünken aus dem Depot des Museums aussuchen – und einen Termin für die exklusive Betrachtung desselben buchen. Ja: Auch die Wahl des „Tiger“ von Gerhard Richter ist möglich.

Fest steht in jedem Fall, dass das Museum in Morsbroich selten derart radikal als Haus der Kunst – und vor allem einer sich stet verändernden Kunst – skizziert und eingerichtet wurde.

Wer sich einen Überblick verschaffen will über das, was rund ums Schloss demnächst alles möglich ist, der kann dafür die Morsbroicher Kunsttage nutzen. Am Freitag, 13. Mai (14-20 Uhr), am Samstag, 14. Mai (11-23 Uhr), sowie am Sonntag, 15. Mai (11-17 Uhr), stellen sich alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler vor. Es gibt zahlreiche Aktionen rund ums Schloss. www.museum-morsbroich.de

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