Kommentar zum Leverkusener MuseumDer neue Direktor hat Morsbroich auf links gedreht

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Museum Morsbroich Leverkusen

Museum Morsbroich war 1951 das erste deutsche Museum für moderne Kunst.

Leverkusen  – Seit dem 1.August 2021 ist Jörg van den Berg nun Museumschef. Das ist ein knappes halbes Jahr. Ein Klacks von Zeitspanne. Aber diese sechs Monate genügten, um Morsbroich auf links zu drehen und etwas zu schaffen, was hier zuvor seit Jahren niemandem gelungen war: Aufbruchstimmung.

Das zeigte sich jetzt zum ersten Mal in aller Deutlichkeit, als Jörg van den Berg das tat, was er sehr gerne tut und auch sehr gut kann: reden. Er redete von seinen Plänen mit dem Museum. Und er redete voller Enthusiasmus und Gehalt und Humor und einer Ernsthaftigkeit, die dieses Haus so dringend brauchte und doch so lange entbehren musste.

Nur von der Historie gelebt

Vorher nämlich, da war Morsbroich vor allem dies: ein Museum, das – wie etwa so viele abgestürzte Traditionsvereine im Fußball – fast nur noch von seiner Historie lebte. In dem manch einer von denen, die vor Jörg van den Berg auf dem Chefposten saßen, von Blockbuster-Ausstellungen träumten. Nicht müde wurden, auf Auszeichnungen zu verweisen, die Morsbroich von gewichtigen Jurys für Gerhard-Richter- oder Wolf-Vostell-Schauen erhielt.

Unser Autor Frank Weiffen.

Unser Autor Frank Weiffen.

Die dabei jedoch übersahen, wie entrückt das alles war. Wie weit ihre mit Kunsttheorie prall gefüllte Blase der selbstvergessenen Selbstbegeisterung über denen schwebte, die das Museum trotz allem und genau deswegen links liegen ließen: den Bürgerinnen und Bürgern außerhalb der Museumstore, für die das Schloss einfach nur irgendein Ort vom Hörensagen in der Peripherie Leverkusens ist.

Die Folge: Ein Wirtschaftsunternehmen bewertete ein Haus der Kunst und erkannte, dass es sich hinten und vorne nicht rechnete. Ein Zukunftskonzept wurde errichtet – und scheiterte, weil es letztlich ebenso ohne Realitätsbezug war und keine externen Reize setzte.

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Natur, Kunst, Lebensgefühl

Und jetzt kommt da einer – und macht einfach mal. Holt Künstlerinnen und Künstler von außerhalb ins Boot, sammelt deren unvoreingenommene Ideen. Betreibt Nachbarschaftspflege. Will das ganze Areal zu einem – überspitzt gesagt – Lustgarten machen, in dem man sich überhaupt erst einmal gerne aufhält.

Nicht weil im dazugehörigen Museum ein echter Richter hängt oder sich – erneut überspitzt gesagt – irgendjemand mit Expertise im theoretischen Kunstgeschwafel ergeht. Sondern weil das dort draußen in Morsbroich vor allem ein schöner Ort ist, an dem Natur und Kunst und ein gutes Lebensgefühl Hand in Hand gehen.

Lebensgefühl. So wird Neugier geweckt. Neugier auf das, was so ein Museum letztlich ausmacht, was aber eben nicht einzig relevant ist: die Kunst.

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