Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kunst in LeverkusenOpladener Schüler drücken auf Schloss Morsbroich Wut und Heilung aus

Lesezeit 3 Minuten
Schülerinnen und Schüler stehen in einem Museumsraum.

Die neunten Klassen der katholischen Hauptschule Im Hederichsfeld kuratieren den „Proberaum“ im Museum Morsbroich: Mit einer Autotür als Symbol, klugen Fragen und ganz vielen Emotionen.

Hauptschülerinnen und -schüler verwandeln den „Proberaum“ des Museums Morsbroich in einen Raum für jugendliche Emotionen.

Im Museum Morsbroich ist gerade etwas Besonderes zu sehen: ein Raum kuratiert von 13- bis 16-Jährigen. Die beiden neunten Klassen der Katholischen Hauptschule im Hederichsfeld haben den Raum mit ihren Gedanken, Zweifeln, Ideen und Kunstwerken erobert. In ihrem Projekt „Zerstörte – Emotionen – Zerstören“ zeigen sie, was passiert, wenn Jugendliche sich ernst genommen fühlen.

Ein halbes Jahr lang besuchen sie abwechselnd das Museum, begegnen den Werken in der Sammlung, probieren sich aus – finden eigene Ausdrucksformen. Sie fotografieren, malen, zeichnen, diskutieren, sie hinterfragen: „Warum gibt es fast nur nackte Frauen in den Bildern?“, „Wo sind die Künstlerinnen?“, und: „Warum dürfen wir in Museen eigentlich nie etwas anfassen?“ Am Ende gestalten sie den „Proberaum“, einen frei bespielbaren Bereich im Museum, ganz nach ihren eigenen Vorstellungen. Dabei entsteht ein intensiver künstlerischer Erfahrungsraum, in dem sie sich mit dem Thema „zerstörte Emotionen“ auseinandersetzen: Wie fühlt sich Schmerz an? Was macht Wut mit uns? Und wie sieht Heilung aus?

Kunst zum Anfassen in Leverkusen – zumindest emotional

„Wir sind das gar nicht gewohnt, so wertschätzend empfangen zu werden, wie im Museum Morsbroich“, sagt Tobias (15). Die Jungen und Mädchen wählten Kunst aus – von Ursula Burghardts „genähtem Becher“ bis zu Sam Francis’ „Farbrausch auf Papier“. Wer beim Wort „Museum“ an Langeweile, stille Säle und unverständliche Kunst denkt, wird hier eines Besseren belehrt. „Farbhaftigkeit“, „keinen Bock“, „Skulpturen“, „in Ruhe gucken“ – so beschreiben die Jugendlichen selbst ihre ersten Assoziationen mit dem Begriff „Museum“.

Kunstwerke stehen in einem Museumsraum.

Die Schülerinnen und Schüler wählten für den Raum die unterschiedlichsten Kunstwerke aus.

Doch dann passiert etwas: Aus Skepsis wird Interesse. Aus Distanz Nähe. Und aus Konsum Beteiligung. Bei einer Schülerin verfängt ein abstraktes Kunstwerk: „Das Gekritzel sieht aus wie die Emotionen im Kopf eines Teenagers.“

Das Gekritzel sieht aus wie die Emotionen im Kopf eines Teenagers
Eine Schülerin der Hauptschule Im Hederichsfeld

Sie werden zu „Museumsbotschafterinnen“ und „Museumsbotschaftern“. Und erleben dabei etwas, das viele Erwachsene ihnen selten zutrauen: Verantwortung, Kreativität und Ausdruckskraft. Lucia Riemenschnitter von der Kunstvermittlung Morsbroich hat die Jugendlichen begleitet: „Und dann ist den Schülerinnen beim Stöbern direkt aufgefallen, dass der Großteil der Sammlung von männlichen Künstlern ist. Nur vier Prozent der Werke stammen von Frauen – damit bekommt man nicht mal einen Raum gefüllt.“

Sie ist keine hübsche Begleiterscheinung des Museumsbetriebs. Sie ist Museum. „Unsere Auswahl soll ganz normal hängen, wie die anderen Bilder auch.“ – Dieser Satz eines Schülers bringt auf den Punkt, was in Morsbroich gerade sichtbar wird: Junge Menschen wollen gesehen werden. „Zeichnen ist für mich Kunst“, so Jayden, „alles Andere nicht so.“ Und sie haben etwas zu sagen – auch, oder gerade, in der Kunst. Wer das Museum besucht, sieht nicht nur Werke. Er sieht auch Mut. Und Neugier.


Finissage mit Jugendparty

Die Ausstellung läuft noch bis zum 14. September 2025. Am Samstag, 13. September, gibt es eine Jugendparty im Museum – gefördert vom Kultursekretariat NRW. Ob sie nach der Party nochmal kommen wollen? „Klares Nein!“, sagt der sechzehnjährige Jayden. „Das glaube ich noch nicht“, so Lehrerin Kerstin Thomsen.