Nach Energie-Schock in LeverkusenExtrem-Strompreis wird wieder einkassiert

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Die EVL hat noch einmal kalkuliert und senkt den Strompreis in der Grundversorgung um rund 40 Prozent. Davon profitieren rund 1300 Neukunden.

Leverkusen – Normalerweise rühmt sich die Energieversorgung Leverkusen ihrer vorausschauenden Einkaufspolitik, die ihre Kunden vor allzu hohen Ausschlägen bei den Tarifen bewahren soll. Dafür ist der kommunale Versorger oft ein bisschen teurer als die Preiskämpfer auf dem Markt.

Aber in diesen Wochen ist nichts normal auf dem Markt für Strom und auch nicht auf dem für Gas. Das hat die Preise in bisher unvorstellbare Höhen getrieben: Gut 75 Cent für eine Kilowattstunde Strom rief die EVL in der Grundversorgung auf. Das ist der Nottarif, den sonst keiner nimmt wegen der hohen Raten. Jetzt mussten aber alle neuen Kunden bluten und reichlich 47 Cent mehr bezahlen als Leute, die schon länger dabei sind.

Auch der Gaspreis sinkt

Nicht so deutlich fällt die gerade beschlossene Senkung des Gaspreises aus. Statt 15,97 Cent pro Kilowattstunde werden 14,09 Cent fällig, wenn der Jahresverbrauch über 10 000 Kilowattstunden liegt. Das gilt für die Basisversorgung, in die nach Angaben der EVL zuletzt allein rund 500 Haushalte gefallen sind, die bei der Stromio-Tochter „gas.de“ einen Vertrag abgeschlossen hatten und ebenfalls nicht mehr beliefert wurden. Insgesamt ist das Preisniveau wegen der Unsicherheiten auf dem Markt aber deutlich gestiegen. (tk)  

Verursacht war der Extrem-Preis durch nie dagewesene Sprünge auf dem Spot-Markt, den die EVL normalerweise meidet. Diesmal ging das aber nicht: Zur Jahreswende sind rund 1300 Kunden hinzu gekommen. Fast alle kamen vom Billig-Anbieter Stromio, der wegen der extrem gestiegenen Preise am Spot-Markt in Schwierigkeiten kam und seine Kunden nicht mehr beliefern konnte. In so einem Fall muss immer der regionale Grundversorger einspringen und dafür sorgen, dass weiter Energie da ist.

1300 neue Kunden: zu viele

Diesmal aber brachte die schiere Masse der unerwarteten neuen Kunden auch die EVL in Schwierigkeiten. So viel Strom kauft der Versorger nicht auf Vorrat; „es gibt bei uns keine Puffer-Einkäufe“, sagte am Mittwoch der Sprecher der halben Stadt-Tochter, Stefan Kreidewolf. Also habe sich auch die EVL den phasenweise ums Vierfache gestiegenen Preisen auf dem Spot-Markt ausliefern müssen. Was dann zu den bis dahin nicht denkbaren Tarifen führte.

Am Donnerstag kam dann die Entwarnung: Der Preis in der Grundversorgung rauscht um rund 40 Prozent nach unten auf 45 Cent pro Kilowattstunde. Weil eine solche Tarifsenkung immer sechs Wochen Vorlauf braucht, also erst zum 1. März ziehen würde, greift die EVL zu einem Kniff. Ab Montag wird ein neuer Tarif aufgelegt, „in den können unsere neuen Kunden sofort wechseln“, er gilt bis Ende Juni, kündigte der Sprecher an. Über einen Namen zerbrach man sich am Donnerstag am Overfeldweg noch den Kopf: EVL:regio.Juni22.öko. Den Kunden soll er nächste Woche per Post bekannt gemacht werden.

Möglich sei die deutliche Preissenkung binnen rund zwei Wochen wegen der Beruhigung am Spot-Markt für Strom. Die extreme Entwicklung auf dem Energiemarkt sei „eine Situation, die wir so noch nicht hatten“.

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Negativ überrascht wurde auch Ralf Heuser. Der frühere Leverkusener ist aus den USA nach Küppersteg zurück gekehrt und konsterniert ob des Strom-Tarifs für neue Kunden. „Ich schätze, in den USA gäbe es Klagen“, sagte er mit Blick auf seine zweite Heimat. Dass der Versorger beim Tarif nicht zwischen echten Neukunden und Wechslern unterscheiden darf, strich Kreidewolf heraus. „Wir dürfen niemanden diskriminieren.“ Für zwei Wochen mussten nun alle gleichermaßen leiden.

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