NacktfotosViele Anzeigen gegen einen Arzt

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Leverkusen – Sollte sich der Verdacht gegen einen Leverkusener Arzt bestätigen, werden sich vermutlich viele Leverkusener fragen, was zu tun ist. Denn das stets beschworene Vertrauensverhältnis dürfte in diesem Fall wirklich nachhaltig zerstört sein. Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Der Arzt, so bestätigte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Freitag, soll in seiner Praxis Nacktfotos von Patientinnen angefertigt haben. Wie genau der Doktor das angestellt haben soll, blieb am Freitag unklar. Viele Frauen hätten bei der Polizei Anzeige gegen ihn gestellt. Die Anzahl liege „im zweistelligen Bereich“, sagte der Oberstaatsanwalt, eine kursierende Zahl von 45 Anzeigen wollte er weder dementieren noch bestätigen. Die Staatsanwaltschaft hat aber bisher keine Hinweise, dass Nacktfotos von Patientinnen im Internet stehen. Bei den Ermittlungen gehe es bislang nur um Filmen und Fotografieren. Zur Zeit nehme die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Zeugenaussagen zum Fall auf.
Die Polizei hatte den Arzt am späten Donnerstagnachmittag vorsorglich aus der eigenen Praxis abgeholt, weil der vom Angehörigen einer der von ihm angeblich fotografierten Patientinnen massiv bedroht worden sein soll. Der Arzt hatte die Polizei selbst gerufen. Mutmaßlich ging es bei der Bedrohung darum, die Familienehre zu verteidigen. Eine Geschäftsfrau aus der Nachbarschaft erzählte, dass Polizisten am Donnerstagnachmittag um das Ärztehaus herumgeschlichen seien. Auf ihre Frage, was denn los sei, habe es nur geheißen: „Ach, es ist nichts...“ Den Dermatologen habe man in der Tiefgarage unter dem Ärztehaus in ein Polizeiauto gesetzt und zu einer Wache gefahren. Es gebe einen Aufzug, mit dem man direkt von der Praxis in die Garage fahren könne, dort unten stehe normalerweise der schnittige Oberklasse-Sportwagen, das wusste die Nachbarin. Sie sagte: „Der Arzt hatte in seiner Praxis sehr gut zu tun, allerdings hatte er auch immer die Dollarzeichen in den Augen. Ich bin nicht hingegangen, das hat mich gestört.“ Ein anderer Geschäftsmann aus der Nähe sagte, seine Frau sei einmal wegen einiger Muttermale zu dem Dermatologen gegangen. Der habe ihr in die Augen geschaut und gleich Spritzen gegen Falten angeboten. „Irgendwie unseriös fanden wir das“, sagte der Nachbar. Eine andere Frau, die bei dem Doktor zur Behandlung war, hatte gute Erfahrungen gemacht.
"Wegen Krankheit geschlossen"Der Staatsanwalt betonte, dass der Arzt nicht in Untersuchungshaft sitze, es lägen keine Haftgründe vor. Der Tatvorwurf bezieht sich auf den Paragraphen 201a, der hat die etwas klobige Überschrift „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“. Nach §201a Verurteilte erwartet eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Oberstaatsanwalt Bremer sagte: „Theoretisch könnte der Hautarzt seine Praxis ganz normal öffnen.“ Das allerdings hat der Doktor am Freitag nicht getan. Die Praxis bleibt ein paar Tage geschlossen – wegen Krankheit, steht auf einem Zettel an der Tür. Die Fenster der Praxis im ersten Stock stehen auf Kipp, es sind Milchglasscheiben, damit niemand hineinschauen kann. Am Telefon lief den ganzen Tag über eine Bandansage mit Öffnungszeiten. Eine Stellungnahme zu bekommen, war unmöglich: Eine andere als die Praxistelefonnummer ist nicht zu finden.
Im Internet wirbt der Arzt für sich als Facharzt für Hauterkrankungen. Dort wirbt er auch recht offen für Schönheitsoperationen. Das mache natürlich einen persönlichen Besuch in der Praxis notwendig.