Schießerei in der Wiesdorfer CitySchüsse sollten dem Opfer wohl Angst einjagen

Zwei Schüsse fielen am Pfingstsonntag vor der Bäckerei Merzenich in Wiesdorf, ein Mann wurde dabei verletzt. Gegen den mutmaßlichen Schützen wird jetzt wegen versuchten Mordes verhandelt.
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Wiesdorf – Ob die 11. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts je erfahren wird, was wirklich hinter der Tat von Karim S. (Name geändert) steckt, ist schwer zu sagen. Der Dolmetscher gibt sich zwar alle Mühe, die Aussage des Angeklagten möglichst wortgetreu zu übersetzen, einen Sinn darin zu finden, ist allerdings ein ganz anderes Problem.
Immerhin räumt der 61-Jährige ein, am Pfingstsonntag des vergangenen Jahres vor der Bäckerei Merzenich in Wiesdorf zwei Schüsse auf einen 38-jährigen Landsmann abgefeuert zu haben, der dabei an der Hand verletzt wurde. Klar ist, dass es dabei um den Sohn von Karim S. ging, den der 38-Jährige Ende 2013 derart brutal zusammengeschlagen hatte, dass er nur knapp mit dem Leben davonkam. Als Hintergrund dieses versuchten Totschlags erzählte Karim S. eine reichlich wirre Geschichte von der Räumung seiner Wohnung durch den Vermieter, während er im Krankenhaus gelegen habe. In dieser schwierigen Situation habe sein Sohn ihm beigestanden – was dem 38-Jährigen aus irgendwelchen Gründen nicht in den Kram gepasst habe. Nach der beinahe tödlichen Auseinandersetzung sei es dann natürlich zu einem Ermittlungsverfahren und zur Anklage gekommen.
Seitdem versuche der 38-Jährige, Druck auf ihn und seinen Sohn auszuüben, damit der die Anzeige und seine belastende Aussage zurücknehme. Falls nicht, würden sie beide sterben. Nachdem sein Sohn wegen dieser Drohungen aus Leverkusen weggezogen sei, so Karim S., habe sich der 38-Jährige mehr und mehr auf ihn konzentriert. Jedesmal, wenn er ihm in der City begegnet sei, habe er ihn mit Worten und eindeutigen Gesten aufgefordert, sich ja in Acht zu nehmen. Von der Polizei, die er um Hilfe gebeten habe, sei er abgewimmelt worden, „weil noch nichts strafrechtlich Relevantes passiert war“. An jenem Sonntag im vergangenen Juni sei es dann zu einer erneuten Begegnung vor Merzenich und den bekannten Drohungen gekommen.
Widersprüchliche Aussagen
Um dem 38-Jährigen zu zeigen, „dass ich nicht wehrlos bin“, ging Karim S. in seine Wohnung an der Dönhoffstraße und holte unter dem Sofa eine Pistole hervor. Dann kehrte er zur Otto-Grimm-Straße zurück und feuerte mehrere Schüsse ab. „Er sollte Angst bekommen und mich in Ruhe lassen“, sei dabei sein einziges Ziel gewesen. Deshalb habe er bewusst vorbeigeschossen, beteuerte der 61-Jährige, der sich selbst als guten Schützen bezeichnete: „Ich war beim Militär. Wenn ich ihn hätte töten wollen, dann wäre er jetzt tot“. Sabine Kretzschmar, die Vorsitzende der 11. Großen Strafkammer, wunderte sich vor diesem Hintergrund dann allerdings doch darüber, dass eine Kugel die Hand des 38-Jährigen und eine weitere die Lehne seines Stuhls getroffen hatte.
Bei der Waffe, die Karim S. unter seinem Sofa aufbewahrte, handelte es sich um eine FN 1910, Kaliber 7.65, eine hunderttausendfach hergestellte Selbstladepistole aus belgischer Produktion. Bemerkenswerterweise konnte die Polizei an ihr keine Seriennummer feststellen.
Darüber, woher er die Waffe hatte, machte der 61-Jährige jetzt vor Gericht unterschiedliche Angaben. Zunächst behauptete er, er habe sie einschließlich eines vollen Magazins und 15 Schuss Munition zufällig irgendwo „gefunden“. Wenig später gab er zu, die FN gekauft zu haben – er wisse aber nicht, von wem.