Totschlags-Prozess vor Ende„Jeder weiß, dass ein Stich in Herznähe tödlich sein kann“

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Angehörige, Freunde oder Nachbarn haben am Tatort an der Wilhelm-Leuschner-Straße Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet.

Der Prozess um den tödlichen Ausgang eines Messerangriffs in Alkenrath am 28. März dieses Jahres steht vor dem Landgericht Köln kurz vor dem Ende. Am Montag verlasen die Staatsanwaltschaft, die Nebenklage und die Verteidiger des Angeklagten Timon T. (alle Namen geändert) ihre Plädoyers. Der zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alte Timon hatte in der Wilhelm-Leuschner-Straße nach einer lautstarken und tätlichen Auseinandersetzung den 23 Jahre alten Markus B. mit zwei Messerstichen in den Brustkorb tödlich verletzt. 

Zwischen den beiden jungen Männern war es zum Streit gekommen, da Timon den zu der Zeit bei ihm lebenden Markus nicht in seine Wohnung lassen wollte, weil dieser stark alkoholisiert war. Nach einer ersten Schlägerei, in der Timon T. deutlich das Nachsehen hatte, bewaffnete er sich in seiner Wohnung mit einem Küchenmesser und fügte in einer zweiten Auseinandersetzung mit dem Opfer diesem die Stichverletzungen zu. Der Angeklagte hatte die Tat eingeräumt und erklärt, er habe nur seiner Mutter und seinen Bruder beschützen wollen. Die Angehörigen waren in der Folge der Schlägerei vor dem Wohnblock auf Markus B. getroffen, die Mutter habe hysterisch geschrien.

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Timon T. nach Jugendstrafrecht zu verurteilen

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung sahen den Umstand der Nothilfe jedoch als nicht gegeben an, da für die Mutter und den Bruder von Timon keine nachweisbare Gefahr bestanden habe. Durch die Stiche in den Brustkorb habe dem Angeklagten zudem die Lebensgefährlichkeit der Tat klar sein müssen. „Jeder Laie weiß, dass ein Stich in die Nähe des Herzens tödlich sein kann“, so der Staatsanwalt. Daher sei von Totschlag, und nicht von Körperverletzung mit Todesfolge auszugehen.

Timon T. sei allerdings durch seinen hohen Cannabis-Konsum und seine Probleme im familiären Umfeld „nicht sehr fortgeschritten in seinem Reifeprozess“, weshalb eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht angemessen erscheint. In der Jugendstrafe habe Timon T. die Möglichkeit, seine fehlende emotionale Reife aufzuholen und eine Ausbildung zu beginnen.

„Ich hoffe, er ist im Paradies“

Die Verteidigung berief sich auf den schwierigen Werdegang von Timon T. Er habe nicht viel an „Startkapital“ mitbekommen. Zudem sei ihm anzurechnen, dass er sich geständig und reuevoll zeigt habe. Als Timon erfuhr, dass Markus B. an seinen Verletzungen gestorben sei, habe er sich selbst das Leben nehmen wollen. Zum Ende des Prozesstages hatte der Angeklagte das letzte Wort. Er nutzte sie, um sich unter Tränen beim anwesenden Vater des Opfers zu entschuldigen. „Es tut mir verdammt leid. Wie konnte ich einen guten Freund von mir umbringen? Ich verstehe es bis heute nicht. Ich hoffe, er ist im Paradies.“

Die Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Jugendhaft, die Verteidigung plädierte auf vier Jahre. Ein Urteil wird am Mittwoch erwartet.

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