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Verbraucherzentrale LeverkusenWarum sich die Berater neuen Fragen stellen mussten

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Für Bernhard Pilch, den Leiter der Verbraucherzentrale (hier mit seiner Vorgängerin Sylvia Zimmermann), haben sich in der Corona-Pandemie völlig neue Fragen ergeben. 

Leverkusen – Ab nächsten Dienstag, 15. Juni, sind wieder persönliche Beratungen in der Verbraucherzentrale, Dönhoffstraße 27, möglich. Wer kommen will, muss geimpft, genesen oder frisch getestet sein. Termine kann man unter ☎ 0214 / 31 49 12 01 verabreden, besser aber im Netz: www.verbraucherzentrale.nrw/leverkusen

Das erste Corona-Jahr hat die Verbraucher mit ganz neuen Fragen konfrontiert – und mit ihnen die Verbraucherzentrale. Auch in der Dönhoffstraße waren die Türen über Monate zu. Aber die Ohren waren offen, und die Rechtsberatung gefragt wie nie. Von 2259 Fällen berichtete am Mittwoch Bernhard Pilch, Leiter der Einrichtung in der Dönhoffstraße. Das waren 220 mehr als im Jahr davor.

Angesichts sich häufender, nie gekannter Anfragen zum Reiserecht oder zum Vertragsrecht mit Fitness-Studios habe man beschlossen, beim ersten Mal gratis zu beraten: Wer Fragen hatte und hat, die sich ohne eine persönliche Prüfung von Verträgen am Telefon beantworten lassen, zahlt nichts. So sei das bei einem Viertel der Beratungen gelaufen, sagte Pilch.

Zweite Welle der Stornierungen

Bei den Urlaubsreisen sei die Verbraucherzentrale derzeit „in der zweiten Welle“: Bis vor ein paar Wochen mussten viele verschobene Reisen erneut storniert werden. Und das, so Pilch, sei eben nur bei Pauschalreisen einigermaßen einfach. Wer eine Ferienwohnung gebucht hat, müsse beim Stornieren aufpassen: Solange die Anreise möglich ist, könne eine Absage teuer werden. Wer etwa nur deshalb nicht an den Urlaubsort fährt, weil nach der Rückkehr eine Quarantäne in Deutschland droht, riskiere eine Gebühr. „Das ist eine Vertragskündigung, für die der Vermieter dann eine Entschädigung verlangen kann.“

Sobald die Wohnung im Ausland liegt, tauche noch die Frage auf, welche Gesetze nun gelten. Auch da gebe es nach wie vor nicht geklärte Fragen.

Was dürfen Fitness-Studios?

Ein paar Antworten hätten Gerichte inzwischen bei einem ebenfalls wegen der Pandemie-Effekte massenhaft aufgekommenem Thema gegeben, so der Leiter der Verbraucherzentrale. Die sehr oft von Fitness-Studios gefundene Lösung, die Monate, in denen sie zwangsweise schließen mussten, einfach an die Vertragszeit anzuhängen und deshalb durchgehend die Beiträge weiter abzubuchen, sei in den Augen mancher Richter jedenfalls nicht in Ordnung. „Das sehen wir genauso“, sagte Pilch.

Auch bei den oft genutzten Gutschein-Regelungen seien die Studios in der Pflicht: „Die Kunden müssen die Wahl haben; die Anbieter müssen das deutlich machen.“ Die Gutschein-Regelung gilt noch bis Jahresende.

Zu den Pandemie-Folgen für die Verbraucher gehört Streit um Lieferzeiten. Vieles, was im Netz bestellt wurde, kam nicht pünktlich. Oft waren die Lieferketten gerissen. Da gelte es, eine Idee zu bekommen, wie lange die Kunden Geduld haben müssen. Pilch nannte eine Faustregel: „Wenn eine Lieferzeit von zwei Wochen vereinbart war, kann man zwei weitere Wochen hinnehmen.“ Bei längeren Fristen müsse der Kunde auch mehr Zeit einräumen. Aber: Mit Problemen beim Ausliefern könne sich kein Anbieter herausreden. „Die Auswahl des Zustellers liegt klar in seiner Verantwortung.“

Vermeintliche Gratis-Kredite

Auch ohne Corona-Effekte hätte wohl die üble Masche eines Anbieters vorgeblicher Gratis-Kredite gewirkt: 40 Menschen baten im Lauf des vorigen Jahres um Hilfe, weil sie sich im Kleingedruckten verstrickt hatten, mit horrenden Gebühren sowie gleich mehreren Inkasso-Büros konfrontiert sahen. Sie hatten auf Werbebotschaften aufs Smartphone oder als E-Mail reagiert, eine Kreditkarte bestellt, die zinslose Darlehen versprach. „Zunächst einmal kam die Karte mit der Post und per Nachnahme zum Preis von 95 Euro“, sagte Pilch. Ein Guthaben sei natürlich nicht vorhanden gewesen; das hätten die Besteller von ihren Konten überweisen müssen.

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Die nächste Falle: Angebote, die Konten der Kunden zu begutachten. Was den vollen Zugriff bedeutete und Geld kostete. Die 50 Cent erschienen nur günstig: Sie fielen pro Tag an. Manchen Kunden seien um die 1000 Euro Gebühren berechnet worden, so Pilch. Insgesamt hätten die Opfer, die sich an die Verbraucherzentrale wandten, 10 000 Euro nicht bezahlen müssen. Was Pilch sehr ärgert: „Verletzliche Verbraucher sind von Abzocke ganz besonders betroffen.“