Vergewaltigung in LeverkusenMutmaßlicher Täter war 20 Mal in psychiatrischen Kliniken

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Wie schätzt der Psychiater den Mann ein, der in dieser Manforter Unterführung eine Frau überfiel? Das war vor dem letzten Prozesstag die entscheidende Frage.

Leverkusen – War der Angreifer zurechnungsfähig, als er im vorigen Mai die 19-Jährige im Manforter Fußgängertunnel angriff? Oder hat der ohne Zweifel schizophrene Mann sein Opfer im vollen Bewusstsein vergewaltigt und gepeinigt? Diese Frage war zentral am Mittwoch vor der 13. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts.

Für die Ärzte, die zuletzt mit dem 42-Jährigen zu tun hatten, ist klar: Die Umstände der Tat am hellichten Tag des 11. Mai unterhalb der Gustav-Heinemann-Straße seien sicherlich „bizarr“, wie es der frühere Chefarzt der Landesklinik in Langenfeld ausdrückte. Und auch, dass der Mann sein Opfer nach dem erzwungenen Oralverkehr dazu aufforderte, vor ihm zu urinieren, sei ungewöhnlich. Aber man könne nicht sagen, dass es ohne die paranoid-schizophrenen Schübe, unter denen der Angeklagte seit rund eineinhalb Jahrzehnten leidet, „nicht zu dieser Tat gekommen wäre“.

Es ging um Dominanz

Eher sei zu konstatieren: Es ging dem Mann, der 1979 unweit der syrischen Grenze in eine große Familie hinein geboren wurde, an diesem Tag im Mai um „Dominanz“. Sein Opfer – eine mädchenhafte Frau – sei ihm als passende Zielperson erschienen. Darauf deuteten auch seine Äußerungen hin: „Ich mache Dich zur Frau“, soll er gesagt haben. Und nachher: „Jetzt hast Du was gelernt.“

Natürlich sei es für den Täter ein Problem gewesen, dass seine Frau sich vor geraumer Zeit von ihm getrennt und er auch keinen nennenswerten Kontakt mehr zu seinen drei Kindern hatte. Das sei aufgrund seiner sozialen Prägung sicherlich eine Kränkung. Dass er schon lange ein „sexuell ausbeuterisches Verhalten“ an den Tag gelegt hatte – was letztlich auch das Scheitern seiner Ehe beförderte –, sei aber auch erwiesen.

Was man indes aus seiner Sicht auch nicht feststellen könne, so der Gutachter: „dass sein ganzes Denken um Sex kreist“. Die Tat, so seltsam sie auf den Beobachter auch wirken möge, sei nicht das Werk eines Kranken, der sich nicht mehr steuern konnte. Sondern – wenn man sie denn in aller Vorsicht so bezeichnen wolle – eine „normale“ Vergewaltigung.

20 Klinikaufenthalte

Dabei war bei dem Mann eine paranoide Schizophrenie zweifelsfrei diagnostiziert worden. Rund 20 Mal war er seit 2009 in psychiatrischen Kliniken. Allerdings immer nur kurz – gegangen ist er immer gegen ärztlichen Rat. Dabei wurden indes seltsame Dinge protokolliert, Wahnvorstellungen: So habe er zu seiner Frau gesagt: „Ich muss Dich oder eines der Kinder opfern.“

Ein anderes Mal habe er sich „Gott-ähnlich“ dargestellt. Und ein Fleischerbeil mit sich geführt. Und in der Untersuchungshaft habe er plötzlich nackt in der Zelle gestanden. Für ihn alles kein Anlass, seine Krankheit anzugehen. Auch um sein zunehmendes Alkoholproblem habe er sich nicht gekümmert, wurde offenbar. Ob er am Tattag betrunken war, ist nicht festzustellen. Aber auch das sei kein Beleg dafür, ihm eine verminderte Schuldfähigkeit zu attestieren, legte sich der Psychiater fest.

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Diese Wertung wird sich aller Voraussicht nach im Urteil niederschlagen. Am Freitag wird die Kammer es verkünden.

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