Arno und Petra Cymutta zeigen Aachener Kindergartenkindern die Wunder der Natur. Der Naturschutzbund hat die Senioren dazu ausgebildet. In Köln fehlen noch Ehrenamtliche.
Naturbotschafter in der KitaWasserproben, Matschbilder, Müllsammeln - Senioren geben ihr Wissen an die Jüngsten weiter

Die ehrenamtlichen Kita-Naturbotschafter Petra und Arno Cymutta machen einen Waldspaziergang mit den Kindern der inklusiven Kita Waldgeist
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Im Wald zupft Arno Cymutta eine Pflanze von ihrem Stängel und reicht sie den Kindern. Er und seine Frau Petra Cymutta begleiten die drei- bis fünfjährigen Kinder der integrativen Kita „Waldmeister“ der Lebenshilfe Aachen heute in den Wald. „Wisst ihr, was das für eine Pflanze ist?“ Eine Kindernase nach der anderen riecht an dem Pflänzchen mit der lilafarbenen Blüte. „Das ist Thymian, ein Gewürz“, sagt Cymutta. Alle paar Sekunden finden die Kinder etwas Neues. Mit Becherlupen untersuchen sie Käfer, Schmetterlinge und winzige Wald-Erdbeeren.
Damit Menschen sich für die Natur einsetzen, braucht es Studien zufolge Wissen über Tiere und Pflanzen sowie das Gefühl der Verbundenheit. Doch Deutschlands Jugendlichen schrumpft genau das immer mehr, zeigt eine aktuelle Studie unter der Leitung von Tanja Straka (FU Berlin) und Ingo Kowarik (TU Berlin). „Es lohnt sich, Artenkenntnis und Naturverbundenheit zu fördern”, sagt Straka. „Dabei sollte auch die Chance genutzt werden, Wissen und Erfahrungen über Natur über Generationen hinweg weiterzugeben.“
Sie bauen Insektenhotels und bepflanzen Hochbeete
Das Ehepaar Cymutta übernimmt genau hier eine wichtige Aufgabe. Vor drei Jahren haben sie die Ausbildung zum ehrenamtlichen „Kita-Naturbotschafter“ beim Naturschutzbund (Nabu) begonnen. Seitdem besuchen die beiden Rentner die Kinder der Kita Waldmeister einen Tag in der Woche. Das Ziel: ihnen die Natur näherzubringen. Gemeinsam bauen sie Insektenhotels, bepflanzen Hochbeete oder spielen im Wald. „Kinder sind die Naturschützer von morgen“, sagt Annika Simon, Leiterin des Projekts Kita-Naturbotschafter in NRW. Gleichzeitig fühlten sich auch Senioren durch das Ehrenamt wieder gebraucht.

Petra Cymutta kennt alle Schmetterlingsarten. Gelernt hat sie das Meiste im Nabu-Lehrgang. „Vorher waren wir relativ unwissend.“
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An diesem Tag machen Arno und Petra Cymutta mit der Kindergartengruppe einen Ausflug zu den Walheimer Steinbrüchen. Zwischen Bäumen und Felswänden finden die Kinder Blumen und Insekten. „Ohne Arno und Petra könnten wir häufig gar nicht in den Wald gehen“, sagt Waldgeist-Erzieherin Julia Becker. Wenn sie allein für eine Gruppe zuständig ist, könne sie die Kinder im Wald andernfalls nicht beaufsichtigen: „Außerdem wissen die beiden sehr viel über Tiere und Pflanzen.“ Mehr als viele Erzieher. Neben ihr breitet Petra Cymutta Bilder und Beschreibungen der verschiedenen Schmetterlingsarten auf dem sandigen Boden aus. Sie kennt alle. „Vorher waren wir relativ unwissend“, sagt sie und lacht. „Aber in dem Nabu-Lehrgang haben wir sehr viel über die Natur gelernt.“
Handbuch mit Vorschlägen - Ideen gehen den Senioren nie aus
Die Nabu-Ausbildung zum Kita-Naturbotschafter dauert eineinhalb Jahre mit monatlichen Workshops in verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens. Gefördert wird sie durch das Bundesamt für Naturschutz und das Umweltministerium. Bereits während des Lehrgangs übernehmen die Teilnehmenden eine Partnerschaft für einen Kindergarten – so wie die Cymuttas für die Kita Waldmeister. Für ihre Arbeit erhalten die Naturbotschafter ein dickes Handbuch mit Vorschlägen sowie Materialien für Aktionen in der Natur. Egal ob Winter oder Sommer – die Ideen gehen ihnen dadurch nie aus. „Manchmal malen wir Matschbilder an Bäume“, sagt Arno Cymutta. An anderen Tagen würden sie Müll sammeln. „Oder wir nehmen Wasserproben mit den Lupengläsern und schauen, welche Tiere im Bach neben der Kita leben“, sagt Petra Cymutta.
Den Cymuttas gibt die Arbeit mit den Kindern viel zurück. „Als ich krank war, haben die Kinder mir Sachen gebastelt“, Arno Cymutta lächelt. Manchmal würden sie erfahren, dass die Kinder ihren Eltern erzählt haben, was sie von ihnen über die Natur gelernt haben: „Das macht uns dann schon stolz.“

Arno Cymutta erzählt, dass einige Kinder ihr Wissen aus den gemeinsamen Ausflügen auch mit ihren Eltern teilten: „Das macht uns schon stolz.“
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Im Walheimer Wald deutet Arno Cymutta auf einen Felsen: „Seht ihr die Löcher im Stein?“ Die Mädchen und Jungen sammeln sich um ihn, recken neugierig die Köpfe. „Das waren Wildbienen“, sagt er. Die Kinder verstummen, damit haben sie nicht gerechnet. Arno Cymutta erklärt, wie die Wildbiene es schaffen, in dem Gestein zu nisten. Dann setzt sich die Gruppe wieder in Bewegung.
Was ihnen heute besonders gefallen hat? „Ich habe eine Libelle gesehen!“, sagt ein Kind, während es auf und ab hüpft. „Für mich ist hier einfach alles schön“, sagt ein anderes und blickt versonnen nach oben in die Baumkronen.
Ausbildung zum Kita-Botschafter
Der Nabu bildet aktuell den letzten Jahrgang Kita-Naturbotschafter in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland aus. Der Lehrgang dauert eineinhalb Jahre, dann läuft das Projekt wie geplant 2026 aus. In Köln gibt es bisher keine Ehrenamtlichen, doch der Bedarf sei da, sagt Simon.
Rentner, die ein Interesse für die Umwelt und Spaß an der Arbeit mit Kindern mitbringen, können sich jetzt noch anmelden. Der Nabu hofft noch vier freie Plätze nachbesetzen zu können. Der nächste Workshop findet am 11. September 2025 in Ostwestfalen-Lippe statt. Die ersten drei Workshops des Lehrgangs sind schon abgeschlossen, können aber Simon zufolge nachgeholt werden. Interessierte Rentner können den Nabu unverbindlich über das Kontaktformular auf der Website der Kita-Naturbotschafter anschreiben. Bei einem anschließenden Treffen mit einer Nabu-Ausbilderin werden dann Fragen geklärt.