Plan des Aggerverbands OberbergTrinkwasser soll wieder aus der Aggertalsperre kommen

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Die Aggertalsperre soll in ein paar Jahren Trinkwasser liefern können.

Die Aggertalsperre soll in ein paar Jahren Trinkwasser liefern können.

Oberberg – Der Aggerverband möchte in Zukunft wieder Trinkwasser aus der Aggertalsperre entnehmen können. Im Falle künftiger Phasen großer Trockenheit mit kritischer Wasserversorgungslage möchte der Verband zusätzlich zu den reinen Trinkwasser-Reservoirs Genkel- und Wiehltalsperre eine weitere Quelle anzapfen können, sagt Aggerverbands-Vorstand Prof. Dr. Lothar Scheuer. Nach drei trockenen Sommern habe sich der Verband Gedanken gemacht, wie die Trinkwasserversorgung in kritischen Zeiten mit Bordmitteln sicherer gestaltet werden kann.

Trinkwasser aus der Aggertalsperre soll aber nur im Notfall gewonnen werden, versichert Scheuer, denn es sei nicht damit getan, Rohwasser einfach ins Wasserwerk Erlenhagen zu pumpen und dort aufzubereiten. Das müsste einhergehen mit einer intensiven und sehr aufwendigen Überwachung des Wassers, weil die Aggertalsperre im Gegensatz zu den reinen Trinkwasser-Talsperren nicht von einem Schutzgebiet umgeben ist. Daran will Aggerverband übrigens auch nichts ändern – Freizeitnutzungen wie Baden, Segeln oder Angeln sollen auch künftig möglich sein.

Großteil der notwendigen Infrastrukturen bereits vorhanden

Außerdem müssten verschiedene Aufsichtsbehörden vorab mit ins Boot geholt werden – und dann, sagt Christoph Schmitz, Betriebsleiter für die Agger- und Genkeltalsperre, müsse beachtet werden, dass ein genau austarierter Betriebsplan die Wasserabgabe aus den Talsperren steuert. Auch da könne man nicht ohne weiteres eingreifen.

Die Umsetzung planen beim Aggerverband bereits unter anderem (v.l.) Dieter Wonka (Abteilungsleiter Trinkwasser), Vorstand Prof. Dr. Lothar Scheuer und Talsperrenmeister Christoph Schmitz. 

Die Umsetzung planen beim Aggerverband bereits unter anderem (v.l.) Dieter Wonka (Abteilungsleiter Trinkwasser), Vorstand Prof. Dr. Lothar Scheuer und Talsperrenmeister Christoph Schmitz. 

Die Idee, Rohwasser zur Aufbereitung aus der Aggertalsperre zu gewinnen, liegt nahe, weil ein Großteil der dafür notwendigen Infrastruktur schon vorhanden ist. In der Nachkriegszeit und dann noch einmal in den 1960er Jahren tranken Oberberger schon einmal aufbereitetes Wasser aus der Aggertalsperre (siehe Artikel unten).

Prüfung der Rohre läuft noch

Entsprechende Entnahmevorrichtungen hatten die Talsperrenbauer schon in den 1920er Jahren eingeplant und eingebaut, sozusagen auf Vorrat. Das Pumphaus steht noch, müsste aber mit Pumpen samt Antrieb, Schaltanlagen und weiterem Gerät ausgerüstet werden. Die alte Rohrleitung führt noch immer über eine Länge von 1,7 Kilometern bis ins Wasserwerk Erlenhagen, das seinerseits sowieso in Saft und Kraft steht, weil dort das Rohwasser aus der Genkeltalsperre zu Trinkwasser aufbereitet wird.

„Durch die Rohre verlaufen heute Glasfaserkabel“, erklärt Dieter Wonka, Abteilungsleiter Trinkwasser beim Aggerverband. Wie gut die Rohre noch in Schuss sind, werde momentan überprüft. Ob sie saniert werden können oder ersetzt werden müssen, ist noch offen, sagt Wonka. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christian Jokiel von der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik an der Technischen Hochschule Köln ist eine Bachelorarbeit entstanden, in deren Rahmen entsprechende Fragen wissenschaftlich untersucht wurden.

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Rund eine halbe Million Euro hat der Aggerverband veranschlagt, um den Plan innerhalb der nächsten Jahre in die Tat umzusetzen.

Um kritischen Versorgungslagen in Zukunft zu begegnen, verfolgt der Aggerverband weitere Pläne. So, wie er jetzt eine Million Kubikmeter Wasser pro Jahr zum Wasserversorgungsverband Rhein-Wupper liefert, soll die Lieferung in Zukunft auch in die andere Richtung funktionieren. Dafür entsteht zurzeit eine zusätzliche Pumpe in Ommerborn. Auf Eis liegt hingegen ein alter Plan, nach dem die Netze von Aggerverband und Wahnbachtalsperrenverband verbunden werden sollten.

Rohwasserentnahme aus der Aggertalsperre nach dem Zweiten Weltkrieg

Rohwasserentnahme zur Versorgung mit Trinkwasser aus der Aggertalsperre: Das hat es in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg schon einmal gegeben. Es war eine Zwischenlösung, bis die Genkeltalsperre als erste reine Trinkwassertalsperre 1953 in Betrieb genommen wurde. So lange konnte man nicht warten, denn sauberes Trinkwasser war knapp im Nachkriegs-Oberberg.

Dabei erwies sich die Weitsicht der Talsperren-Planer als Vorteil. Schon 1925 hieß es in einer Denkschrift der Aggertalsperrengenossenschaft: „Auch die Trink- und Gebrauchswasserversorgung, namentlich bei der starken Entwicklung des Kreises Gummersbach, wird sich einfacher und günstiger gestalten, da das Talsperrenwasser auch hierfür in Frage kommt.“ Eine Entnahmevorrichtung wurde deshalb gleich mit in die Sperrmauer eingebaut – übrigens auch, weil man die von den Gemeinden und Genossenschaften betriebenen Wasserleitungen im Aggertal nicht für zukunftsfest erachtete.

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Schon bei der Errichtung der Sperrmauer in den 1920er Jahren wurde eine Stelle  für die zukünftige Trinkwasserentnahme eingebaut. 

Im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf liegt die Abschrift des Gutachtens „Vorübergehende Verwendung der Aggertalsperre zur Trinkwasserversorgung“ des Staatlichen Medizinaluntersuchungsamtes Düsseldorf von 1946. Zwar wurden darin Bedenken formuliert und eine Reihe von Auflagen, die zu erfüllen waren. Doch die „außerordentlichen Notstände“ in der Wasserversorgung überwogen. Das Amt gab grünes Licht.

Freiwillige Helfer schachteten ab Frühjahr 1947 Rohrgräben aus, ortsansässige Handwerker und Bauunternehmer unterstützten die Maßnahme tatkräftig. Nach etwa einem Jahr stand das Rohwasserpumpwerk, das Wasserwerk Erlenhagen war im Bau, erste Filterböden waren eingetroffen. Die Zeit drängte, denn Meldungen von Typhusfällen, die man auf schlechte Wasserqualität zurückführte, machten die Runde. „Im August 1948 lieferte der Verband endlich Trinkwasser nach Bergneustadt, das aus der Aggertalsperre stammte und zunächst stark gechlort und nur behelfsmäßig aufbereitet war“, heißt es im Buch „Vom Dorfbrunnen zum Wasserwerk – Die Geschichte der Wasserwirtschaft an Agger, Wiehl, Bröl“.

Mit Inbetriebnahme der Genkeltalsperre 1953 endete die erste Episode der Aggertalsperre als Trinkwasserreservoir. 1964 musste dann nochmal auf diese Lösung zurückgegriffen werden.

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