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Tracht-WaagenDie Bechener Bienenvölker werden streng überwacht

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Arbeit am Bienenstock: (v.l.) Dr. Christoph Otten , Rainer Deppe,  Udo Gensowski und Dirk Franciszak.

  1. Mit Tracht-Waagen sollen Imker in ganz NRW die Entwicklung ihrer Bienen dokumentieren.
  2. Der gesamte Bienenstock steht auf einer Waage, die alle 5 Minuten eine Messung vornimmt.
  3. Damit lassen sich interessante Dinge herausfinden, zum Beispiel welche Farbe der Honig später haben wird.

Bechen – Der Imker nimmt lieber den Smoker, den Raucher. Das bringt die Honigbienen davon ab, auszuschwärmen. Vorsichtig hebt Udo Gensowski den Deckel vom Bienenstock. Bsss, brrr – das Summen ist schon gewaltig stark. Aber die Bienen sind gerade beschäftigt und haben keinen Blick für die Menschen, die neugierig in den Kasten schauen.

Ganz unten im Aufsatz gibt es ein geheimnisvolles Ding: eine Tracht-Waage. Sie misst das Gewicht des Volkes. Und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit, rund um die Uhr. Auch die Bienen sind in Zeiten des Internets digital. Ihre Adresse für das „Tracht“-Net lautet: www.bienenkunde.rlp.de

„Sie haben mehr gesammelt als verbraucht“

Die Spezialwaage misst die Gewichtszunahme der Bienen im Stock. Alle fünf Minuten wird ein Wert übermittelt.

Abzulesen ist mit der Waage Interessantes: Am 6. April geht die Kurve explosionsartig nach oben. An den Tagen danach klettern die Werte weiter und weiter und weiter. Immer kräftig nach oben. Die Bienen sind an diesem 6. April überall in Deutschland zum ersten Mal im Frühjahr in richtig großer Zahl ausgeschwärmt. „Sie haben mehr gesammelt als verbraucht“, erklärt Dr. Christoph Otten, der Leiter des Fachzentrums Bienen und Imkerei in Mayen.

Otten ist natürlich kein Hellseher. Aber selbst die Minute würde sich herausfinden lassen, zu der die Honigbienen zum Sammeln ausgeflogen sind an diesem Apriltag.

Die Spezialwaagen machen das möglich, alle fünf Minuten gibt es einen neuen Wert. Sie messen bei den Imkerfreunden die Gewichtszunahme der Völker – 40 bis 60 Kilo sind das im Sommer. Zwischen April und Juni legen sie am kräftigsten zu.

30 000 Euro für 30 Bienenwagen

30 neue Waagen werden jetzt überall im Land aufgestellt, je 15 im Rheinland und in Westfalen-Lippe. Diese frohe Kunde überbrachte der Landtagsabgeordnete von Rhein-Berg, Rainer Deppe, den Bienen-Experten. Auf Deppes Initiative hin hat die Landesregierung 30 000 Euro für 30 Waagen lockergemacht. „Damit die weißen Flecken abgedeckt werden“, erklärt Deppe. Deppe macht sich vor Ort persönlich ein Bild: Gemeinsam mit dem Bienenzuchtverein Bechen hatte er eingeladen auf den Lehrbienenstand in Kürten-Weier.

Trendhobby Imkern

Das Imkern liegt im Trend. Im Imkerverband Rheinland nahmen im vergangenen Jahr exakt 999 Bienenfreunde an Einführungslehrgängen teil. In den Vereinen gibt es etwa 40 Prozent Frauen. Statistisch ist der Honigertrag der Imkerinnen höher als der ihrer männlichen Kollegen. Imkerinnen werden außerdem weniger häufig gestochen als Imker. (cbt)

Satte, grüne Weiden, Tausende Hektar Pachtland vom Kürtener Bauernhof Theunissen: Hier ist die Welt für die Bienen noch in Ordnung. Die Kürtener sind ein starker Verein mit über 200 Mitgliedern, an den Einführungslehrgängen nehmen 100 und mehr Interessenten aus ganz Deutschland teil. Eine Waage gibt es bei ihnen schon seit einigen Jahren.

„Wir stellen immer am 1. Januar auf Null“, erklärt der Vorsitzende Udo Gensowski das Prinzip. Die Waagen zeigen die aufsummierte Gewichtszunahme je Tag und Kilo an, deutschlandweit, nach Bundesland, für das einzelne Bienenvolk. Oder eine Abnahme, geht es in den Herbst.

Klimawandel trifft auch die Bienen

Von den Imkern gab es viel Lob für den Einsatz des bergischen Parlamentariers: Statt zu reden, habe er sich konkret eingesetzt, sagte Dirk Franciszak, Vorsitzender des Imkerverbands Rheinland.

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Dass der Klimawandel auch die Bienen betrifft, nahm Deppe aus Kürten mit. Je früher die Sammelei bei den Bienen beginne, um so heftiger fällt nämlich zum Herbst der Milbenbefall aus. Die Milbe Varoa setzt den Bienen überall zu, das verdeutlichten die Fachleute. „Wenn es den Bienen schlecht geht, ist es schon zu spät. Dann sind sie schon tot“, erklärt dazu der Vorsitzende.

Die Waagen verraten mancherlei. Zum Beispiel dieses: Die Bienen aus Düsseldorf waren in diesem Frühjahr etwas früher draußen als die in Köln - ihr Honig wird heller ausfallen. Dafür waren im Sommer die Kölner Bienen beim Gewicht vorne – Zeichen für einen dunklen Honig. Punktgenau lässt sich jede Messstelle verfolgen, selbst im Garten des Bundespräsidenten gibt es eine für den präsidialen Bienenstock. In ganz Deutschland sind es 370.

Spitzwegerich hätte bei einem Stich übrigens geholfen. Er wächst prächtig in der Umgebung der Stöcke. Aber niemand wurde gestochen an diesem Nachmittag. Den 40 000 Bienen im Stock schien der prominente Besuch ziemlich egal zu sein.