Immer miteinanderBergneustädter Künstler hadern mit Corona

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Im Leben und der Kunst vereint ist das Ehepaar Ute Hölscher und Wolf Gehrmann.

Im Leben und der Kunst vereint ist das Ehepaar Ute Hölscher und Wolf Gehrmann.

Neuenothe – Leicht gefallen ist die Entscheidung nicht, die die Bildhauerin Ute Hölscher und ihr Mann, der Fotograf Wolf Gehrmann, getroffen haben. Doch ihre erste gemeinsame Ausstellung im Gummersbacher Kunstraum Markt 1 ist abgesagt.

Maik Hensel vom Kunstraum hatte zunächst Ute Hölscher angefragt. Sie schlug vor, die Fotografien ihres Mannes mit auszustellen. Hensel besuchte das Paar in der alten Kapelle in Neuenothe und war sofort einverstanden. Ende vergangener Woche allerdings war klar: „Eine Ausstellung würde jetzt das falsche Signal setzen. Wir verschieben auf unbestimmte Zeit.“

Werkstatt muss wieder geschlossen werden

Ute Hölscher sagt: „Ich wusste, dass es richtig ist, fühlte mich aber wie ein Ballon, aus dem jemand plötzlich die Luft herausgelassen hat.“ Zumal sie jetzt auch erst einmal wieder ihre Werkstatt in Neuenothe schließen musste. Jegliche Energie sei gerade verpufft, sagt sie – und das, obwohl sie normalerweise ein positiver Mensch sei, der Dinge immer wieder aus anderen Perspektiven betrachten könne, Ideen zielstrebig und klar umsetze.

So berichtet sie auch davon, dass ihr Ehemann Wolf Gehrmann ihre Werkstatt erst dann betreten dürfe, wenn eine Skulptur fertig ist: „Er ist ein sehr scharfsichtiger Kritiker. Das kann durchaus irritieren, wenn ich mitten im Schaffensprozess stecke.“

Ausstellung im Kunstraum wurde ausgebremst

Wolf Gehrmann hat für dieses Denken seiner Frau Verständnis. Der Fotograf braucht ebenfalls das Alleinsein, um das perfekte Fotomotiv zu finden. Er braucht Zeit ohne Ablenkung, bis der richtige Augenblick da ist und geht am liebsten allein mit der Kamera in die Natur hinaus.

In diesem November wollten die beiden zum ersten Mal gemeinsam im Kunstraum Markt 1 in Gummersbach ausstellen – dann kam der neuerliche Lockdown dazwischen.

Graffiti in Bildern festgehalten

Gehrmann, der seit fast 50 Jahren fotografiert, hält in seinen Bildern Graffiti fest, Bäume, Transformatorenhäuser und Eindrücke aus Irland, Frankreich oder den Niederlanden. Dabei interessiert es ihn nicht, Bilder digital aufzupeppen oder zu verändern. Er wandelt einen großen Teil der Fotos zwar in Schwarz-weiß-Aufnahmen um, steht aber ansonsten dazu, die Bilder pur zu zeigen. „Ich bevorzuge einfach immer die ursprüngliche Form. Darum brauche ich auch die Zeit, bis der perfekte Augenblick da ist. Retuschiert wird nicht!“ Rund 50 Fotos wollte er in Gummersbach zeigen.

Dazu kamen mehr als 20 Skulpturen seiner Frau. Einige davon sind in der Anfangszeit der Pandemie im Frühjahr entstanden. „Ich hatte in dieser merkwürdigen Zeit plötzlich Lust auf Farbe“, erinnert sich Ute Hölscher. Und so entstanden schmale, kleinere Figuren in Bronze – eine davon ist blau, steht auf den Händen und scheint fast unbekümmert die Welt zu betrachten, die für sie allerdings gerade auf dem Kopf steht.

Sehr merkwürdige Monate

Eine andere Figur, aus Beton geformt, ist „Im freien Fall“ betitelt – ein Gefühl, dessen die Bildhauerin sich gerade nicht erwehren kann. Auf den ersten Blick wirkt die Figur, als ob sie sich noch fangen könnte, doch der abgeknickte Kopf verwehrt ihr diese Möglichkeit.

Das Gefühl, dass es gerade merkwürdige Monate sind, entspringt nun erneut der Tatsache, dass die Künstlerin plötzlich auch alle Kurse aussetzen musste. „Im ersten Lockdown konnte ich anfangs selbst kaum kreativ sein. Und jetzt sortiere ich mich gerade wieder neu.“

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32 Teilnehmer besuchten seit Ende Juli fünf Kurse, die nun erneut ruhen müssen. „Die meisten haben mir gesagt, dass sie nicht erwartet hätten, dass ihnen die Zeit hier so sehr fehlen würde und wollen gerne wiederkommen.“ Denn der geschützte Raum mit vertrauten Menschen sei wichtig für die Teilnehmer, ist Hölscher überzeugt.

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