Schwerer SturzRollerfahrer verklagt Gemeinde Reichshof auf Schmerzensgeld

Der Eingang vom Bonner Landgericht.
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Bonn/Sterzenbach – Am Morgen des 17. September 2020 ist ein 57-jähriger Ergotherapeut auf dem Weg zur Arbeit. Da wegen Baumfällarbeiten seine normale Route über die Sterzenbacher Straße seit Tagen gesperrt ist, muss er auf seinem Roller eine Umleitung nehmen. Die Oesinger Straße, die durch Wiese und Felder zieht, ist zwar asphaltiert, aber an den Seiten nicht befestigt: die Fahrbahn wird von Schotter begrenzt.
An diesem Morgen, in einer Rechtskurve, erwischt es den Mann unglücklich: Sein Moped gerät über die Schottersteine ins Rutschen, er verliert die Kontrolle und stürzt. Dabei verletzt er sich am rechten Daumen und erleidet eine Radiuskopffraktur. Zweieinhalb Monate kann der Ergotherapeut seinem Job in einem Altenheim nicht mehr nachgehen.
Mann verklagt Gemeinde Reichshof nach Sturz
Vor dem Bonner Landgericht hat er später die Gemeinde Reichshof auf Zahlungen von 4325 Euro verklagt. Darunter allein 3700 Euro Schmerzensgeld, zudem 700 Euro für sein kaputtes Kleinkraftrad sowie 100 Euro für seine Sonnenbrille, die „unfallbedingt zerstört“ wurde.
Die Kommune habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, so der Vorwurf des Klägers. Sie hätte die Oesinger Straße, die zwei Wochen lang wegen der Baumfällarbeiten regelmäßig von großen Geräten und Lastern genutzt wurde, nicht weiter kontrolliert. Denn der Schwerlastverkehr hätte den Schotter am Rand zunehmend in die Mitte der Straße gewirbelt. Die unerwartete „Steinmenge“ hätte ihn, obwohl er nur mit 20 km/h gefahren sei, zu Fall gebracht.
Kläger ärgert sich über Ignoranz der Gemeinde Reichshof
Was den Mann zudem ärgert, sei die Ignoranz der Gemeinde: Nach seinem Unfall habe er von einer Autofahrerin gehört, dass wenige Tage zuvor just an dieser Stelle eines ihrer Kinder wegen des Schotters ins Schlingern geraten und fast gestürzt wäre. Die Mutter habe die Gefahrenstelle gemeldet, die Gemeinde sei gewarnt gewesen.
Der Anwalt der Gemeinde wehrte sich: Zwei Wochen vor dem Roller-Unfall sei die Straße kontrolliert worden, da habe es keine Auffälligkeiten gegeben. Im Gütetermin bekam die Gemeinde durchaus Schützenhilfe von der 1. Zivilkammer des Bonner Landgerichts: „In die Straße“, so der Vorsitzende mit Blick auf eine Fotografie des Unfallortes, „kann man weit einsehen.“ Der Kläger hätte sich bereits lange vor der Kurve auf schlechtere Straßenverhältnisse und die Gesteinslage einrichten können. Schließlich gebe es keine Amtspflicht, „eine Straße zu fegen“.
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Trotz aller Einwände gegen die Klage bleibe dennoch ein Rest an Prozessrisiko für die Gemeinde, hieß es im Termin. Deshalb schlug die Kammer einen Vergleich vor: Reichshof zahlt 20 Prozent der Klagesumme – 565 Euro – an den Rollerfahrer, womit alle weiteren Ansprüche erloschen wären. Eine rechtskräftige Einigung der Parteien steht allerdings noch aus. Falls nicht, gibt es doch noch ein Urteil.