Brief an Telekom-BossBergeneustädter fordern Datenvolumen fürs Lernen und Arbeiten

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Ob Ramona Voth (l.), ihre Kinder Franka und Joris oder Unternehmer Heiner Grütz (r.) – alle sind auf gute Datenverbindungen angewiesen.

Ob Ramona Voth (l.), ihre Kinder Franka und Joris oder Unternehmer Heiner Grütz (r.) – alle sind auf gute Datenverbindungen angewiesen.

Bergneustadt – Lernen auf Distanz für die Schüler, Homeoffice für die Eltern – beides soll helfen, durch reduzierte Kontakte die Corona-Infektionsraten zu senken. Wenn denn die Technik mitspielt und die Haushalte über genügend Datenvolumen verfügen, um alle Aufgaben daheim auch erledigen können. In den Dörfern des Bergneustädter Othetals sind zahlreiche Bewohner davon noch weit entfernt.

Ihr Datenvolumen bekommen sie von der Deutschen Telekom per Funk, laut Tarif 60 Gigabyte im Monat. Aber das reicht inzwischen hinten und vorne nicht mehr. Und immer wieder 30 Gigabyte für jeweils 15 Euro dazuzukaufen, das summiert sich ganz schön auf.

Seit dem ersten Lockdown keine Hilfe

Jetzt haben sich die Othetaler an Timotheus Höttges gewandt, den Vorstandsvorsitzenden der Telekom. Er soll dafür sorgen, dass ihnen genügend Datenvolumen zur Verfügung gestellt wird – und zwar kostenlos, genau wie im Frühjahr während des ersten Lockdowns. Bislang sind sie mit dieser Bitte bei dem Unternehmen aber abgeblitzt.

Dabei liegen bis zu den meisten Häusern schon die Leitungen fürs schnelle Internet. Was aber immer noch fehlt, ist die Hauptleitung, die das Othetal mit dem Stadtzentrum verbindet. Erst 2022 soll alles fertig sein. Das dauere viel zu lange, sagt Ramona Voth. Sie hat zwei Kinder, die für die Schule immer mehr auf gute Datenleitungen angewiesen sind. Sogar ihr Jüngster schon.

Mit der Gemütlichkeit einer Schildkröte

An dessen Grundschule in Wiedenest werde in Kürze die Besprechungsplattform „Teams“ eingeführt, erzählt seine Mutter. Die Schule wolle vorbereitet sein, falls es doch zu einer Schließung komme. „Unsere Neustädter Schulen leisten bei der Vorbereitung des Lernens auf Distanz gute Arbeit“, sagt Voth, aber ohne schnelles Internet sei das im Othetal nicht umzusetzen. Nachbarn und Bekannte, jeder kann eigene Erlebnisse schildern. Und das nicht nur in Neuen- und in Altenothe. Ramona Voth hört ähnliche Klagen auch aus Baldenberg, von der Belmicke oder auch aus der Ortschaft Niederrengse.

In der Pandemie müssen Schüler zu Hause Filme ansehen, um ein Referat zu schreiben, an Videokonferenzen teilnehmen oder Bilder für den Kunstunterricht in die Schule schicken. Voths Nichte schaffte es neulich abends nicht mal mehr, ihr Englischbuch online zu öffnen, um die Hausaufgaben zu machen. In manchen Haushalten trauten sich die Erwachsenen nicht mehr, online an einem Kurs der Volkshochschule teilzunehmen, nur um das für Schularbeiten nötige Datenvolumen nicht aufzubrauchen.

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In Belmicke habe das Internet die „Gemütlichkeit einer Schildkröte, aber um fit für die Zukunft zu sein, brauchen wir endlich das Tempo eines Feldhasen“, fordert Heiner Grütz, Unternehmer und seit der Wahl Mitglied der SPD-Fraktion im Stadtrat. Die hat das Thema jetzt aufgegriffen und fordert zur Ratssitzung Anfang Dezember, dass die Stadtverwaltung unmittelbar bei der Telekom vorstellig wird, damit die das Datenvolumen für Haushalte mit mangelhafter Internetversorgung im Stadtgebiet kostenlos erhöht. Als in großen Teilen noch staatliches Unternehmen, habe die Telekom eine besondere Verantwortung in der Daseinsvorsorge. Schnelles Internet sei die Voraussetzung, um die politische Forderung nach Lernen auf Distanz und mehr Homeoffice umzusetzen.

Im Rathaus rennt die SPD damit allerdings längst offene Türen ein. Denn auch dort melden sich seit Wochen schon besorgte Eltern und gestresste Homeoffice-Beschäftigte mit der Bitte um eine rasche bessere Internetversorgung. „Das macht total Sinn“, sagt Bürgermeister Matthias Thul. „Wir sind uns des Problemes sehr bewusst, allein, wir können es nicht lösen.“ Mehrfach habe man sich schon an die Telekom gewandt – bislang aber ebenfalls vergeblich.

Ramona Voth und alle anderen, die im Othetal auf besseres Internet oder zumindest auf eine kostenlose Erhöhung des Datenvolumens drängen, warten jetzt, ob sich Telekom-Chef Höttges meldet. Ihren Brief haben sie ihm online geschickt, er wird ihn wohl bekommen haben...

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