Eigenartiger BewohnerDas Flussneunauge wandert aus dem Oberbergischen ins Meer

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Das Flussneunauge im Netz.

Das Flussneunauge im Larvenstadium.

Welches Tier hat einen schlangenförmigen Körper und Kiemen wie ein Fisch? Wir stellen Arten vor, die uns im Oberbergischen aufgefallen sind.

Flussneunaugen leben in Flüssen und haben eine schlangenförmige Gestalt. Wer sich ein bisschen mit Tieren auskennt, weiß, dass Schlangen Reptilien sind und irgendwann an die Wasseroberfläche kommen müssten, um Luft zu atmen. Das macht das Flussneunauge nicht, woraus man schließen könnte, dass es sich dabei um einen Fisch mit Kiemen handelt.

Vielleicht eine Art Aal, an den es optisch erinnert? Beide Arten teilen sich den Lebensraum, sehen ähnlich aus und atmen mit Kiemen. Aber Biologen definieren das anders. Allen Neunaugen fehlt ein fundamentales Merkmal, das Säugetiere wie Menschen und Fische wie Aale jeweils aufweisen, und zwar der Kiefer mit seinem Gelenk. Das beweist, dass Menschen und Aale sich aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben, der mit den Neunaugen gar nichts zu tun hatte.

Hat das Flussneunauge wirklich neun Augen?

Aber warum überhaupt „Neun“-Auge? Haben die Tiere tatsächlich neun Augen wie eine Spinne, die sich mit einem Zyklopen zusammengetan hat? Nein, sie haben wie alle Wirbeltiere nur zwei Augen, aber zusätzlich 14 Öffnungen, die das Atemwasser zu den Kiemen führen und zwei Nasenlöcher. So kann man ausrechnen, dass sich auf beiden vorderen Körperhälften je neun Löcher befinden. Daher der Name.

Während die an dieser Stelle bereits vorgestellten Bachneunaugen ihrem Heimatbach treu bleiben und in vielen größeren Bächen des Bergischen Landes vorkommen, leben Flussneunaugen nur in Flüssen wie der Sülz und der Wupper. Dort laichen die mit 30 bis 40 Zentimeter Länge ausgewachsenen Flussneunaugen zwischen Februar und Mai im sandig-kiesigen Sohlsubstrat der Flüsse. Hierfür richten sie flache Laichgruben her, die meist in Wassertiefen von fünf bis 30 Zentimetern liegen.

Dort schlüpfen die als Querder bezeichneten Larven. Diese sind noch blind- und zahnlos und bleiben zunächst im Fluss, wo sie in Feinsedimentbereichen ihre Nahrung, die aus Kleinstlebewesen und organischen Partikeln besteht, aus dem Substrat herausfiltern. Nach drei bis fünf Jahren erfolgt die Umwandlung zum erwachsenen Flussneunauge. Voll entwickelt und geschlechtsreif wandern die nun neun bis 15 Zentimeter langen Tiere die Flüsse herab ins Meer.

Der Unterschied zwischen Bachneunaugen und Flussneunaugen

Solche Wanderfische werden als anadrome Arten bezeichnet. Von ihrem Rundmaul machen sie im Gegensatz zu den Bachneunaugen, die als Erwachsene gar nichts mehr fressen, intensiven Gebrauch. Mit ihrer zu einer Saugscheibe umgewandelten Mundöffnung heften sie sich im Meer an Fische an, raspeln mit den Hornzähnchen die Haut durch und ernähren sich von der Substanz der Beutefische.

Gelegentlich dringen sie dabei bis in die Leibeshöhle ihrer Beutefische ein und töten diese dadurch. So schmarotzend verbringen sie weitere zwei bis drei Jahre im Salzwasser. Dann wandern die Tiere ohne weitere Nahrung aufzunehmen im Frühjahr zum Ablaichen wieder hinauf in die Flüsse. Dieses Verhalten kennt man vom Atlantischen Lachs, der seine Eier ebenfalls in bergischen Flüssen ablegt.

Dass sich die Flussneunaugen nicht einfach an ein anadromes Lachs-Taxi anheften, das sie zurück in die Sülz bringt, liegt vielleicht daran, dass der Lachs die Laichgewässer mit einem blutsaugenden Ballast auf der ohnehin schon beschwerlichen Reise nie erreichen würde. Da müssen die Flussneunaugen schon selber schwimmen.

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