Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium WiehlGegen das Vergessen
Wiehl – Kurz vor Ende seines Vortrags gestern Nachmittag im Wiehler Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium lieferte Dr. Ludger Joseph Heid seinen jungen Zuhörern noch einmal einen Denkanstoß: „Befinden wir uns heute nicht in der gleichen Phase wie damals?“ Heid zog Vergleiche zwischen dem Verschließen europäischer Grenzen vor Flüchtlingen in der aktuellen Zeit und dem Unwillen vieler Staaten nach der Konferenz von Évian 1938, jüdische Flüchtlinge aus Deutschland aufzunehmen. Damit schlug der Historiker einen Bogen zwischen dem Jahrestag der Nürnberger Gesetze, die gestern vor 80 Jahren – am Abend des 15. Septembers 1935 – einstimmig vom Reichstag angenommen wurden, und der momentanen Lage in Europa. Die Nürnberger Gesetze lieferten die juristische Grundlage für den Antisemitismus der Nationalsozialisten.
Der Historiker Heid war auf Einladung der oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit anlässlich des Jahrestages nach Wiehl eingeladen worden. Am Abend hielt er zudem einen Vortrag mit dem Titel „Blutiges Unrecht – 80 Jahre Nürnberger Gesetze“ im Forum der Wiehler Volksbank.
Die Oberstufenschüler aus dem Geschichtsleistungs- und Zusatzkurs und aus dem Projektkurs „ . . . dass Auschwitz sich nicht wiederhole“ lauschten Heid gebannt und nahmen seine Erzählungen mitunter auch betroffen auf. Vor allem Hintergründe interessierten die jungen Leute. So wurde gefragt, warum Hitler die Juden so hasste. Die Antwort blieb der Historiker aber schuldig. Heid richtete sich direkt an seine jungen Zuhörer. „In welchem Verhältnis stehen Sie eigentlich zu dieser Epoche?“
„Wir müssen über dieses Thema immer wieder reden, es darf nicht in Vergessenheit geraten“, antwortete eine Schülerin. Heid pflichtete ihr bei: „Die Parallelen zu heute erschüttern mich. Ich hoffe, dass Sie das, was ihre Mitschülerin gesagt hat, auch beherzigen.“
In seinem Vortrag sprach Heid viele Themen aus der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands an, die er immer wieder detailreich veranschaulichte. Den Reichstagsbrand, das Ermächtigungsgesetz und die Bücherverbrennungen thematisierte er genauso wie die einzelnen Bereiche der Nürnberger Gesetze, die für ihn „den Beginn des bürgerlichen Todes der Juden“ darstellen. „Diese Gesetze kann man eben nicht isoliert betrachten“, sagte Heid.