Einzigartige SternwarteGrößtes Teleskop in NRW steht in Oberberg

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Jetzt dreht sich das erste, elektronisch gesteuerte Teleskop bereits auf seiner massiven Betonverankerung.

  • Voller Stolz präsentieren Dr. Klaus Vollmann und Dr. Thomas Eversberg ihr 265 000 Euro teures Observatorium.
  • Dort sollen Schüler schon nach den Sommerferien ferne Galaxien erforschen können.
  • Das Teleskop stellt sogar einen landesweiten Rekord auf.

Schnörringen – Gedanklich ist Dr. Klaus Vollmann manchmal schon ein paar Lichtjahre entfernt. Schließlich wird die „Schüler- und Ausbildungssternwarte“, die der Physiker derzeit gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Thomas Eversberg in Schnörringen aufbaut,  schon bald Blicke in die Tiefen des Weltraums bieten.

Sogar Galaxien mit einer Distanz von einer Milliarde Lichtjahre und mehr soll der große, 1,3 Tonnen schwere, Ritchey-Chretien-Reflektor abbilden – der unter der sechs Meter breiten Kuppel  aber bislang auf seine Steuerungselektronik wartet. Denn noch müssen Vollmann  und die anderen Hobby-Astronomen des „Initiativkreis Schnörringen Telescope Science Institute“  ganz und gar irdische Herausforderungen meistern.

Schneller Fortschritt beim Bau

Viel ist an der weit und breit einzigartigen Baustelle in der kleinen Waldbröler Ortschaft seit vergangenem Jahr schon geschehen. Im Herbst hatten Vollmann und Eversberg erstmals Einblick in den Rohbau gewährt, da war gerade der Estrich verlegt worden. Doch jetzt dreht sich das erste, elektronisch gesteuerte Teleskop bereits auf seiner massiven Betonverankerung. Es gehört zum Freiluft-Schülerlabor auf dem mittlerweile gepflasterten Platz vor dem Observatorium.

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Der Spiegel des Gerätes hat einen Durchmesser von sage und schreibe 80 Zentimetern.

Das Spiegelteleskop kleinerer Bauart muss so ausgerichtet werden, dass es exakt parallel zur Erdachse steht und aus dieser schiefen Position Himmelskörper zeitgleich mit der Erdrotation verfolgt. Nur so werden sich den  Schülergruppen, die hier nach den Sommerferien erstmals forschen sollen, auch scharfe Bilder von Sternen, Nebeln und anderen astronomischen Objekten bieten.

265 000 Euro an Fördergeldern und Spenden

Beim Aufbau des Freiluft-Labors hatte Vollmann am Wochenende Unterstützung vom Waldbröler Gesamtschullehrer Günter Dombrowski, auch der Marienheider Hobby-Astronom Ralf Schmidt packte mit an. Er konnte sein Wissen einbringen, das er beim Bau seiner Mini-Sternwarte in Kalsbach gesammelt hat: Auch in Schnörringen werden die drei Teleskope von kleinen Häusern vor Wind und Wetter geschützt, die sich für den Einsatz auf Schienen beiseite schieben lassen. Die drei Metallkuben werden im Inneren noch mit einem Fußboden versehen. Sie werden den Schülern als überdachte Stationen dienen, aus denen sie per PC die Teleskope steuern. Ein viertes Teleskop, das die Witwe eines Astronoms aus Hannover dem Verein gespendet hat, wird noch neben den drei Kuben aufgebaut.

Unendliche Weiten

In der Weltraumforschung werden Entfernungen in der Zeit angegeben, die Licht innerhalb eines Jahres zurücklegt. Die Reichweite des Schnörringer Weltraumteleskops ist theoretisch unbegrenzt, sagt Hobby-Astronom Dr. Norbert Reinecke: Ein Objekt, das sehr weit weg und sehr hell ist, könne  ebenso sichtbar sein wie ein Objekt, das sehr nah, aber sehr dunkel ist. Eine Galaxie in einer Milliarde Lichtjahre oder mehr abzubilden, sei also machbar – natürlich sofern diese hell genug strahlt.  

Ein Vergleich mit anderen Himmelskörpern macht zumindest annähernd fassbar, wie enorm diese Distanzen sind, erklärt Dr. Reinecke: Unser Mond befindet sich in einer Entfernung von zirka einer Lichtsekunde, die Sonne liegt gut acht Lichtminuten von der Erde entfernt, und bis zur erdnächstgelegenen Nachbarsonne – dem Stern Proxima Centauri – sind es rund vier Lichtjahre. Reinecke: „Mit der Technik, die der Mensch heute zur Verfügung hat, würde eine Reise  bis dahin 23 000 Jahre dauern.“

Unsere Galaxie, die Milchstraße, soll einen Durchmesser von rund 120 000 Lichtjahren haben. Tatsächlich erforschen Astronomen unendliche Weiten. (ag)

Im Inneren der Sternwarte wurden in den vergangenen Monaten die Decken verkleidet, Lampen installiert und der Waschraum eingerichtet. In den zwei Schlafzimmern nebenan stehen Stockbetten, die Platz für acht Gastforscher bieten. Rund 265 000 Euro an Fördergeldern und Spenden sind bereits in das Projekt geflossen, auch viele Firmen und Privatleute bringen sich ein. Im Seminarraum lagert noch jede Menge Baumaterial. Nebenan im Kontrollraum stehen zumindest schon ein paar Computermonitore. Auf ihnen werden dann Daten und Bilder des Herzstücks der Anlage zu sehen sein – dem großen Teleskop unter der Kuppel.

Größtes Teleskop in Nordrhein-Westfalen

Nach einem Kraftakt wurde Ende Juli die Hochzeit von Teleskop und Kuppelturm gefeiert: Mit einem Lkw-Kran wurde der schwere Reflektor durch die geöffnete Kuppel in Millimeterarbeit in den Rundbau gehievt. Einsatzbereit ist er noch nicht, erklärt Dr. Vollmann. Neben der Steuerungselektronik, die derzeit ein Unternehmen fertigt, muss auch noch der Spiegel des Geräts installiert werden. Der hat einen Durchmesser von sage und schreibe 80 Zentimetern. Bei einer Brennweite von zehn Metern ist das Teleskop das größte in Nordrhein-Westfalen.

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Rund 265 000 Euro an Fördergeldern und Spenden sind bereits in das Projekt geflossen.

Alle Teleskope werden mit Spektrometern ausgestattet, mit denen die Zusammensetzung des eingefangenen Lichts analysiert werden kann. Der bei Linz am Rhein wohnende Atomphysiker Dr. Norbert Reinecke, der sich dem Verein ebenfalls angeschlossen hat, erklärt: „In der Astronomie stammen 90 Prozent der Erkenntnisse nicht aus den Bildern, sondern aus der Spektroskopie: Die Lichtzusammensetzung zeigt uns etwa, ob ein Sternensystem rotiert, ob es sich um einen Doppelstern handelt oder auch wie die chemische Zusammensetzung ist.“

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Die Schnörringer Astronomen wollen den Reflektor noch in diesem Jahr das erste Mal testen. Offiziell soll die Sternwarte  im kommenden Jahr eröffnen.

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