Eve und Tom RüggebergIm Geländewagen bei der Oldtimerrallye durch Tibet

Prächtig präsentierte sich Tibet, als die Rallyefahrer nach Tausenden Kilometern die Grenze erreicht hatten.
Copyright: Rüggeberg
- Es war ein großes Abenteuer, dem sich Tom Rüggeberg (79) und seine Tochter Eve (50) gestellt haben
- Die Reise faszinierte ihn, „Tatsächlich wie 1000 und 1 Nacht.“
- Drei Wochen lang durchquerte die Rallye das autonome chinesische Gebiet Tibet
Marienheide/Hongkong – Der Weg ins Reich der Mitte führte entlang der Seidenstraße, auf 14.000 Kilometern über holprige Pisten und vorbei an prächtigen Klöstern. Noch hat Tom Rüggeberg die vielen Eindrücke seiner zweimonatigen Reise nicht so ganz verarbeitet. So richtig abgeschlossen ist die Oldtimer-Rallye von Hamburg bis nach Hongkong schließlich auch nicht – sein Wagen befindet sich noch auf dem Seeweg zurück Richtung Marienheide.
Es war ein großes Abenteuer, dem sich Tom Rüggeberg (79) und seine Tochter Eve (50) gestellt haben. Dass der Gesellschafter des Marienheider Schleifwerkzeuge-Herstellers August Rüggeberg die strapaziöse Autofahrt durch acht Länder überhaupt antrat, lag vor allem an der Passage durch das sagenumwobene Tibet.
In der Heimat des Dalai Lama

Copyright: dpa
Nicht nur für den Marienheider Unternehmer Tom Rüggeberg war das Herzstück der Rallye von Hamburg nach Hongkong die Passage durch Tibet. Für alle 14 Oldtimer-Besatzungen war es etwas Besonders, das Dach der Welt zu bereisen, die Heimat buddhistischer Mönche und des Dalai Lama. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter lebt jedoch im Exil.
Eve und Tom Rüggeberg und die anderen Rallye-Teilnehmer sahen unter anderem in Lhasa, der Hauptstadt des autonomen tibetischen Gebietes, den prächtigen Potala-Palast des Dalai Lamas, der bis auf das Jahr 637 zurückgehen soll. (ag)
Für Tom Rüggeberg ein Sehnsuchtsland seitdem seine Eltern 1953 bei einer Schiffsreise nach Bombay (dem heutigen Mumbay) den Forschungsreisenden und Autor Heinrich Harrer kennenlernten. Er hatte zu dieser Zeit gerade „Sieben Jahre in Tibet“ veröffentlicht: Harrers Erzählung von seinem Leben am Hof des Dalai Lama wurde viele Jahre später mit Brad Pitt in der Hauptrolle verfilmt.
Familie hat Benzin im Blut
„Damals, in meiner Jugend, wurde mein Interesse an diesem Land geweckt“, erinnert sich Rüggeberg. Sein Wunsch, Tibet zu bereisen, kam vor vier Jahren zum Greifen nah. Der deutsche Veranstalter „China Tours“ schrieb die Rallye Hamburg-Hongkong aus, nach anfänglichem Zögern entschiedt sich Rüggeberg – und hatte mit Tochter Eve eine Co-Pilotin. Die Vorbereitungen begannen.
Blauäugig stürzte sich Tom Rüggeberg keineswegs in die Fahrt. „In den Adern meiner Familie fließt nicht nur Blut, sondern auch Benzin“, sagt der routinierte Rallye-Pilot. Allerdings konnten die Rebbelroth-Classic oder die Ausfahrt im märkischen Kierspe nicht annähernd auf das vorbereiten, was sich Rüggeberg vornahm. Für die Tour nach Hongkong kam sein Porsche 356 Coupé nicht in Frage. Einem anderen Rallye-Fahrer kaufte er deswegen einen Mercedes GE 230 ab, Baujahr 1983: Den 2,3 Tonnen schweren Geländewagen mit vier Zylindern und 122 PS rüstete Rüggeberg für die 60-tägige Oldtimerfahrt um. Die Rückbank kam raus, sodass Platz für Werkzeuge und Ersatzteile war – und sogar eine Sauerstoffflasche für die Fahrt durch das sehr hoch gelegene Tibet. Ein GPS-Gerät, gestellt vom Veranstalter, zeigte allen Teilnehmern den genauen Streckenverlauf.

Mit dem Mercedes-Geländewagen starteten die Rüggebergs in Hamburg. Mit an Bord war unter anderem eine Sauerstoffflasche.
Copyright: Rüggeberg
Am 19. August war Start in Hamburg, auf den Weg gen Osten machten sich 14 Wagen aus Deutschland und der Schweiz. Über Posen und Warschau in Polen ging es nach Weißrussland. Während die Straßen zunehmend schlechter wurden, wurden die Eindrücke von den Landschaften und den Menschen umso nachhaltiger. „Die einzigen muffeligen Menschen, die wir getroffen haben, waren die Zöllner“, sagt Rüggeberg lächelnd. Die Einfahrt nach Russland war bedrückend, ein Grenzübergang mit viel Stacheldraht, Uniformierten und strengen Durchsuchungen sorgten für Unbehagen. Doch es ging weiter, nach Wolgograd (dem früheren Stalingrad) hinein nach Asien und bis ans Kaspische Meer. Weiter ging es durch Kasachstan und Usbekistan in die Ausläufer des Himalaya-Gebirges. Beeindruckend waren die Moscheen von Samarkand, die Basare mit ihren Gewürzen und Früchten, erzählt Rüggeberg: „Tatsächlich wie 1000 und 1 Nacht.“ Nach Kirgistan stand Rüggeberg an der Grenze zum großen China – wo erneut Zöllner Probleme machten. Der Mercedes wurde mit einem Röntgengerät durchleuchtet, dabei wurde der Code des im Wagen eingebauten Safes gelöscht. Nur per Trennschleifer kam Rüggeberg an seine wichtigen Papiere heran.

Tom Rüggeberg und seine Tochter Eve fuhren 14 000 Kilometer. Zwei Monate dauerte es, bis sie Hongkong erreichten.
Copyright: Rüggeberg
Drei Wochen lang durchquerte die Rallye schließlich das autonome chinesische Gebiet Tibet, das Sehnsuchtsland Rüggebergs. Bis auf 5000 Höhenmetern führten die Straßen, Atemzüge aus der Sauerstoffflasche bewahrten die Fahrer vor der Höhenkrankheit. „Ich hatte misstrauische Menschen erwartet“, erzählt Rüggeberg, er erfuhr aber das Gegenteil. Trotz der Unterdrückung, die das tibetische Volk erleide, war es sehr offen und gelassen. „Vielleicht wegen ihres Glaubens, des Buddhismus?“, fragt sich Rüggeberg. Zumindest hätten sie sich mit ihrem Schicksal arrangiert, schildert er seine Beobachtung.
Als die Rallye die tibetische Hochebene verlassen hatte, wandelten sich Land und Menschen schnell. „In Kunming hatte uns die Zivilisation wieder“, so Tom Rüggeberg, in der 14-Millionen-Stadt Guangzhou wurde den Deutschen und Schweizern Mitte Oktober ein großer Empfang bereitet. 60 Tage nach dem Start in Hamburg ging es für Tom und Eve Rüggeberg von Hongkong per Flugzeug zurück nach Hause.