Anlagen auf Freiflächen?Wo Photovoltaik im Oberbergischen Kreis wachsen soll

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Eine neue Solaranlage steht neben Feldern und einer Autobahn.

Eine neue Solaranlage steht neben Feldern und einer Autobahn in Neumünster. Könnte es solche Anlagen auch im Oberbergischen Kreis geben?

Der Oberbergischen Kreis, Landwirte und weitere Partner haben einen Leitfaden für Solarenergie auf Flächen erstellt.

Auf welchen Flächen in Oberberg können Photovoltaik-Anlagen stehen? Sind dafür auch Äcker und Kuhwiesen geeignet? Es sind heikle Fragen, die derzeit bundesweit diskutiert werden und mit denen sich jetzt auch der Oberbergische Kreis befasst. Am Montag hat die Kreisverwaltung mit Vertretern der Kommunen, der Landwirtschaft sowie des Naturschutzbundes einen Handlungsleitfaden zur Steuerung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen vorgestellt. Der Leitfaden wurde erstellt, weil es immer mehr Anfragen zu diesem Thema und zu den vielen rechtlichen Novellierungen zur Erleichterung des Ausbaus der erneuerbaren Energien gab.

PV-Anlagen: Sensibel ist die Nutzung von landwirtschaftlicher Fläche

Besonders sensibel ist die potenzielle Nutzung von landwirtschaftlicher Fläche. Deshalb waren in den Dialog   Akteure aus   Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz sowie der Energie-Infrastruktur und des Denkmalschutzes eingebunden. Begleitet wurde die Arbeitsgruppe durch eine Steuerungsgruppe mit Vertretern aus vier Kommunen und der Kreisverwaltung. „Es wurde ein großer Konsens über die wichtigsten Punkte erzielt“, so Frank Herhaus, Kreisdezernent für Planung, Regionalentwicklung und Umwelt.

Der Handlungsleitfaden benennt vier Schwerpunkte:   Rahmenbedingungen, Leitsätze, Handlungsempfehlungen sowie Hintergrundinformationen zu Freiflächenphotovoltaikanlagen. In Oberberg sollen vor allem dort Anlagen entstehen, wo es wenig Landwirtschaft gibt. Infrage kommen vorrangig Flächen ab zehn Hektar. Berücksichtigt werden müsse bei der Auswahl die Landschaftsstruktur, bestehend aus Dörfern, Wald, Wiesen und Wasser, erläuterte Herhaus.

Wir ernähren die Menschen und das geht nur mithilfe von Fläche, auf denen auch Landwirtschaft stattfinden kann.
Franz Bellinghausen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft

Außerdem müssen Landwirtschaft, Naturschutz, Siedlungen und Gewerbe, Freizeitflächen, Forstwirtschaft sowie Denkmalschutz in den Blick genommen werden. In die Beurteilung möglicher Flächen fallen sowohl harte Kriterien wie Schutzgebietsfestsetzungen, Artenschutzregelungen und bauleitplanerische Vorgaben, als auch weiche Kriterien. Letztere können beispielsweise Agrarstrukturen und Pachtverhältnisse, Netzanbindung, Tourismus oder Ausbauziele sein. Flächen sollen auf das ganze Kreisgebiet verteilt werden.

Fest steht, sagt Herhaus: „Die Gewinnung von erneuerbaren Energien steht im Spannungsfeld mit anderen Landnutzungsformen, Naturschutzaspekten und der lokalen Akzeptanz. Ein Ausbau kann nur im Zusammenspiel der Akteure erfolgen, die von und mit der Landschaft leben.“

Dies begrüßt Franz Bellinghausen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, betont aber: „Freiflächenphotovoltaikanlagen dürfen nicht zulasten der Landwirte entstehen. Wir ernähren die Menschen und das geht nur mithilfe von Fläche, auf denen auch Landwirtschaft stattfinden kann.“ Als unrealistisch stuft Bellinghausen eine Doppelnutzung ein – also eine hoch gebaute PV-Anlage, unter der Kühe weiterhin weiden können. Denn in Oberberg gebe es größtenteils Grünlandwirtschaft.

Photovoltaikanlagen auf Freiflächen: Noch viele Gespräche notwendig

Auf den wirtschaftlichen Nutzen schaut Wipperfürths Bürgermeisterin Anne Loth: „Die Wirtschaft soll klimaneutraler und ressourcenschonender werden. Der Leitfaden kommt genau zur rechten Zeit“, betont die Sprecherin der oberbergischen Bürgermeister.

Konkrete Potenzialflächen wurden noch nicht ins Auge gefasst. Im nächsten Schritt werde es in den Kommunen und unter allen Beteiligten noch viele Gespräche geben und von Fall zu Fall geprüft werden müssen, wo eine PV-Freiflächenanlage im Oberbergischen überhaupt realisierbar und sinnvoll ist.


Freiflächenphotovoltaik: Sechs Leitsätze im Oberbergischen

Für Oberberg wurden insgesamt sechs Leitsätze entwickelt, die im   Handlungsleitfaden festgehalten sind. Folgendes wird empfohlen:

1. Eine strategische Entscheidung über die Anzahl und Größe der Anlagen soll getroffen werden.

2. Auf landwirtschaftlich wertvollen Flächen soll keine Freiflächenphotovoltaikanlage zugelassen werden.

3. Anlagen sollen nur auf ökologisch gering- und mittelwertigem Acker- und Grünland zugelassen werden.

4. Eingriffe in Natur und Landschaft innerhalb der Gebietsabgrenzung des Bebauungsplans sollen über vorhandene Ökokonten kompensiert werden.

5. Auf Waldflächen sollen grundsätzlich keine Anlagen zugelassen werden.

6. Die Kulturlandschaft des Oberbergischen Kreises soll als Imagefaktor des Tourismus bei Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden. 

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