Schulklasse erinnert an ArztfamilieErste Stolpersteine für Gummersbach

Lesezeit 3 Minuten
Gunter Demnig

Im Mai 2018 verlegte Gunter Demnig erste Stolpersteine in Waldbröl. Jetzt sollen sie auch nach Gummersbach kommen. (Symbolbild)

  • Weltweit erinnern es 75 000 Stolpersteine an Opfer des Holocausts.
  • Ab März wird auf Gummersbach Teil des Gedenkprojekts.
  • Die Idee des Kölner Künstlers Gunter Demnig haben Geschichtslehrerin Jessica Leifgen und die Jahrgangsstufe 9 des Lindengymnasiums aufgegriffen.

Gummersbach – Mitte März wird auch Gummersbach Teil des weltweiten Gedenkprojekts der „Stolpersteine“ sein. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

Die Stolpersteine sind eine Idee des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der 1992 die ersten Steine verlegte, inzwischen sind es weltweit 75 000. In Nümbrecht erinnern sie seit 2014 an die Familie Baer und andere aus dem Ort deportierte Familien, in Waldbröl (2018) an die Familien Elias und Salomon. Demnig verlegte die Steine damals selbst.

Schüler unternahmen eigene Nachforschungen

Seine Idee haben Geschichtslehrerin Jessica Leifgen und die Jahrgangsstufe 9 des Lindengymnasiums aufgegriffen. Die erste Gummersbacher Stolperstein-Verlegung wird am Nachmittag des 17. März in der „Aussicht“ an der Seßmarstraße 5 stattfinden. Dort, wo heute die Westfälische Grauwacke-Union ihre Büros hat, lebte bis Ende 1938 der Gummersbacher Arzt Dr. Alfred Simon mit seiner Familie. An sie soll der Stolperstein erinnern. Gunter Demnig selbst wird die fünf Steine einsetzen, die an Dr. Alfred Simons, seine Frau Dr. Sophia Simons, ihren Sohn Klaus sowie Simons Eltern Hulda und David erinnern. Um 17.30 Uhr dann wird Demnig im Lindenforum über seine Arbeit und die Gedenksteine sprechen. Parallel dazu wird die Jahrgangsstufe 9 die Ergebnisse ihrer historischen Nachforschungen präsentieren und möchte dabei dann auch mit Neuigkeiten aufwarten.

Aufmerksamkeit für den Holocaust-Gedenktag

Mit Flugblättern und einem Infostand hat das Bündnis „Oberberg ist bunt – nicht braun“ auf den Holocaust-Gedenktag in Gummersbach aufmerksamgemacht. Genau 75 Jahre ist es heute her, dass sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz befreiten.

Das Interesse an der Aktion in der Fußgängerzone hielt sich angesichts von Minustemperaturen und wenig Einkaufsverkehr zunächst in Grenzen. Das Thema war bei vielen Passanten durch die vorausgegangene mediale Berichterstattung über den besonderen Jahrestag bereits angekommen.

Neben dem Gedenken an die Nazi-Gräuel war den Teilnehmern vor allem aber auch daran gelegen, vor einem Wiedererstarken rechter Umtriebe zu warnen: Der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus bleibe eine Notwendigkeit. (kn)

Im November des 1938 wurde Dr. Simons in „Schutzhaft“ genommen. „Nach meiner Entlassung wurde mir nahegelegt, bis spätestens 31.12.1938 aus Deutschland zu verschwinden, da sonst sehr unangenehme Folgen für mich erwachsen würden“, erinnerte er sich später. Mit Ehefrau und Sohn konnte Simon im April 1939 von Rotterdam nach Australien ausreisen. Seine 70-jährige Mutter Hulda blieb in Gummersbach zurück. Nach Angaben des im Bundesarchiv geführten Gedenkbuchs an Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 und 1945 wurde sie später deportiert und 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet. In der Gummersbacher Altstadt erinnert seit 1995 bereits der in Simonsplatz umbenannte Alter Markt an die Familie Simons und an alle anderen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Aus Anlass der ersten Stolperstein-Verlegung in Gummersbach wird zwei Tage nach Demnig auf Einladung der Volkshochschule Gummersbach und in Kooperation mit dem oberbergischen Netzwerk gegen Rechts am Donnerstag, 19. März, Dr. Hans Hesse, ein ausgewiesener Kenner der NS-Zeit und der Vergangenheitspolitik, um 19 Uhr ebenfalls im Lindenforum über das Stolperstein-Projekt sprechen.

KStA abonnieren