SaisoneröffnungJäger beobachten rasante Ausbreitung des Waschbären in Oberberg

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Ein Gruppe von Jagdhornbläsern folgt dem Signal ihres Leiters.

Zum Auftakt des traditionellen Wildessens traten die Sülztaler Jagdhornbläser auf, eine Gruppierung des Hegerings Lindlar.

Zum Auftakt der Saison beklagt die Kreisjägerschaft die Ausbreitung des  Waschbären. Einen Rückgang gab es bei den Kaninchen. Und beim Brauchtum.

Auch in diesem Jahr hat die Kreisjägerschaft den Auftakt der neuen Jagdsaison mit einem Wildessen gefeiert. Im Hotel Stremme im Gummersbacher Ortsteil Becke wurde heimisches Reh und Wildschwein serviert. Vorsitzender Bernd Steinhausen freute sich, dass unter den rund 60 Teilnehmern nahezu die Hälfte Nichtjäger waren, die auf den Geschmack gebracht wurden. Er kündigte an, dass Maurice Rothstein, Rainer Büttner und Christoph Gatz, die die Organisation des Wildessens als Nachfolger von Heinz Kreiensiek erstmalig übernommen hatten, den Abend unter das Motto „Jagdliches Brauchtum“ gestellt hätten.

Nach dem musikalischen Auftakt durch die Sülztaler Jagdhornbläser, eine Gruppierung des Hegerings Lindlar, widmete sich deren Leiter Christoph Gatz dem Thema. „Brauchtum fängt bei der Jägersprache an und hört beim Jagdhornblasen auf – oder auch andersherum“, leitete er mit einem Schmunzeln ein. Viele Rituale   würden heute nicht mehr gepflegt und gerieten bei der modernen Jagd in den Hintergrund und   in Vergessenheit.

Kreisjagdberater präsentiert Wildstandsbericht für Oberberg 

„Wichtiger Bestandteil des jagdlichen Brauchtums ist das Jagdhorn“, führte er aus. Früher sei es zur Kommunikation verwendet worden, um für einen reibungslosen Jagdablauf und für Sicherheit zu sorgen. Heute komme es meist nur noch bei jagdmusikalischen Veranstaltungen zum Einsatz, im Wald würden vorwiegend Handys oder Funkgeräte genutzt.  Über die Jahrhunderte habe sich neben der jagdlichen Nutzung eine mehrstimmige Jagdmusik entwickelt, um Zuhörern musikalisch ansprechende Stücke bieten zu können. Der Obmann für Brauchtum in der Kreisjägerschaft brach eine Lanze, auch, aber nicht nur für das Jagdhorn: „Gelebtes Brauchtum gehört zur Jagd, um die Gemeinschaft aller Jäger zu stärken und in der Allgemeinheit zu vertreten.“

Brauchtum fängt bei der Jägersprache an und hört beim Jagdhornblasen auf.
Leiter der Sülztaler Jagdhornbläser

Kreisjagdberater Baldur Neubauer präsentierte den Wildstandsbericht für das Jagdjahr 2022/23. Demnach sind im Kreisgebiet mit permanent steigender Tendenz rund 4850 Rehe zu Tode gekommen (gut 100 mehr als im Jahr davor), etwa 80 Prozent durch Abschuss, der Rest bei Verkehrsunfällen oder auf natürlichem Weg. Nach einer Rekordzahl von annähernd 3000 geschossenen Wildschweinen in der Saison 2019/20, um die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zu verhindern, liegt deren Quote diesmal mit rund 1300 Stück auf dem Niveau der letzten beiden Jahre.

Auch die Nilgans verdrängt oberbergische Arten

Auffällig ist die starke Zunahme der Waschbären. Während diese Tiere bis 2010 nur ganz vereinzelt erlegt wurden, stieg die Zahl der Abschüsse Mitte des letzten Jahrzehnts auf etwa 20, um dann ab 2017 rapide auf den aktuellen Wert von 175 anzusteigen. Die wachsende Population dieser invasiven Art wird seitens der Jägerschaft ähnlich kritisch gesehen wie die Ausbreitung von Nil- und Kanadagänsen, die heimische Enten verdrängen.

Langfristig gesehen hat es eine große Veränderung bei den Wildkaninchen gegeben. Nachdem Mitte der 1970er Jahre noch mehr als 5000 erlegt wurden, sank diese Zahl schon zum Ende des Jahrzehnts auf unter 1000 und strebte ab der Jahrtausendwende gegen die Nullmarke. Bei den Feldhasen ist der Verlauf ähnlich, doch hat sich nach einem Höhepunkt in den 70ern mit 3500 seit etwa 30 Jahren ein Niveau von etwa 200 bis 300 erlegten Tieren eingepegelt. Bernd Steinhausen führte dazu aus, dass Hasen und Kaninchen durch die Zunahme von Monokulturen in der Landwirtschaft keine ausreichende Nahrungsgrundlage mehr hätten. Zudem würden Hecken immer seltener, in denen die Tiere Deckung vor Fressfeinden in der Luft finden würden.

Erfreulich sei dagegen, dass sich die Dachspopulation nach gut 40 Jahren wieder erholt habe: „Damals wurden häufig Fuchsbauten vergast, um die Tollwut einzudämmen – die Füchse waren schlau und sind vorher geflohen, aber die darin lebenden Dachse hat es erwischt.“

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