Damals Fondue, diesmal SauerbratenOberberger erlebt besonderen Dienst an Heiligabend

Lesezeit 4 Minuten
Ralf Breloer steht mit seinem Sohn Patrick in der Wache. Mehrere Bildschirme und Telefone stehen im Vorder- und Hintergrund.

Ralf Breloer mit seinem Sohn Patrick, der vor 25 Jahren erst wenige Wochen alt war.

Vor 25 Jahren berichtete unsere Zeitung über Ralf Breloer, der Heiligabend in der Rettungsleitstelle des Oberbergischen Kreises Dienst hatte. Dort arbeitet er diesen Heiligabend erneut.

Längst ist der Strampler der Arbeitskluft gewichen, heute trägt der kleine Patrick im Alltag das satte Gelb des Marienheider Bauhofs statt Kunterbunt. Denn klein ist er schon lange nicht mehr. Aber eines ist an diesem Heiligabend ganz genauso wie vor 25 Jahren, als Patrick Breloer wenige Wochen zuvor das Licht der Welt erblickt hat: Sein Vater Ralf fehlt der Familie – wie damals, so hat er auch diesmal Dienst in der Feuer- und Rettungsleitstelle des Oberbergischen Kreises.

„Gemütliches Raclette statt gefährlicher Rettungseinsätze“, titelt diese Zeitung am 27. Dezember 1997 und berichtet von der Dienstbereitschaft bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst: Die Nacht zum ersten Feiertag sei ruhig verlaufen – Zeit genug für die Einsatzkräfte, sich Gedanken über das Ehrenamt zu machen. Aber auch über den jungen Vater Ralf Breloer aus Marienheide-Kempershöhe, der seinen ersten, am 5. Oktober geborenen Sohn vermissen muss, schreibt der Reporter.

Für das Festessen bringt jeder Kollege etwas mit

Heute ist das ganz ähnlich, erneut gibt es in der Leitstelle ein Weihnachtsmenü. Diesmal hält Ralf Breloer keine Fleischspieße in heißes Fett. Er freut sich auf „Sauerbraten, Klöße und Rotkohl, natürlich eine Suppe vorweg und ein Dessert“. Jeder bringe etwas mit. „Und Kollege Jürgen Rams ist unser Chefkoch.“ Und ebenso wie vor 25 Jahren hole die Familie den Heiligen Abend und die Bescherung am ersten Feiertag nach.

Breloer arbeitet inzwischen als Lagedienstführer und ist einer von sechs Kräften, die auf den Bildschirmen in Kotthausen das Geschehen stets im Blick haben. „Damals waren wir nur zu zweit“, erinnert er sich. „Aber die Zahl der Einsätze hat deutlich zugelegt.“ Auch 2010 hat er die Weihnachtsnacht in der Leitstelle verbracht – und die wird er niemals vergessen. „In Dürhölzen am frühen Morgen des ersten Feiertags brannte ein Einfamilienhaus bis auf den letzten Stein nieder, eine siebenköpfige Familie verlor ihr Heim“, schildert Ralf Breloer.

In solchen Nächten ist man froh, wenn man sich wenigstens für eine Stunde mal aufs Ohr hauen kann.
Ralf Breloer

Doch damit nicht genug: Ein weiterer Großeinsatz in Schnellenbach hielt die Wehr in Atem, dort stand eine Wohnung in Flammen. Kein Feuer, sondern Wasser ist es, das in der Weihnachtsnacht 1993 einen Einsatz nach dem anderen auslöst: Der Rhein überschwemmt die Stadt Köln. „Gegen 0.30 Uhr wurden die ersten Kameraden zum Sammelplatz in Bielstein gerufen“, schildert der Marienheider. „In solchen Nächten ist man froh, wenn man sich wenigstens für eine Stunde mal aufs Ohr hauen kann.“

Für solche Strapazen sagen Oberbergs Landräte Dank: 1997 bereits tut dies Herbert Heidtmann, 2022 schaut Jochen Hagt vorbei. Und auch Leitstellenchef Julian Seeger will seinen Kolleginnen und Kollegen an Heiligabend die Hand schütteln.

In seiner Freizeit ist Ralf Breloer Feuerwehrmann in Marienheide

Einsätze beschäftigen Ralf Breloer aber nicht nur im Beruf: In der Freizeit engagiert er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr in seiner Heimatgemeinde, der Löschgruppe Kempershöhe gehört der 52-Jährige als Einheitsführer und Gemeindebrandinspektor an.

Mit seiner Leidenschaft hat er den „kleinen Patrick“ angesteckt: Der 25 Jahre alte Gärtner in Diensten des Marienheider Bauhofs ist dort ebenso aktiv, und das schon seit der Jugendwehr. Und auch Tochter Katrin (1990 geboren) hat ihren Beruf in den Dienst der guten Sache gestellt: „Sie hat in einer Arztpraxis gelernt, ist dann aber als Rettungssanitäterin in den Rettungsdienst des Oberbergischen Kreises gewechselt“, erzählt der stolze Vater.

Dass er auch an künftigen Heiligabenden auf die Gesellschaft von Ehefrau Bianca, den Kindern und bald vielleicht auch von Enkeln verzichten muss, ist für Ralf Breloer eine Selbstverständlichkeit, die der Job mit sich bringt: „Feuerwehr geht nur, wenn die Familie dahintersteht – 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Irgendwann muss jeder von uns ran.“ Und der große Patrick sagt: „Schön ist es nicht, aber auch nicht schlimm. Wir sind damit groß geworden.“


Der Rettungsdienst an den Feiertagen

An Heiligabend und den beiden Feiertagen versehen nach Angaben von Kreissprecher Philipp Ising etwa 80 Frauen und Männer den Rettungsdienst im Oberbergischen – nicht nur in der Leitstelle, sondern auch in den Einsatzfahrzeugen auf der Straße. Insgesamt stehen zurzeit rund 360 Menschen in Diensten des Oberbergischen Kreises, um anderen zu helfen.

Ihnen gilt am Samstag der Dank von Oberbergs Landrat Jochen Hagt, der an diesem Tag traditionell eine große Runde durch nahezu das gesamte Kreisgebiet dreht. Elf Stationen stehen diesmal auf seiner Route zu Polizei-, Feuerwehr- und Rettungswachen, die in Engelskirchen-Grünscheid beginnt und in der Gummersbacher Polizeiwache ausklingt. Dort – und in der Gummersbacher Feuerwache – bekommt Hagt Unterstützung von Bürgermeister Frank Helmenstein. Als erster hauptamtlicher Landrat Oberbergs unternimmt Hans-Leo Kausemann im Jahr 1999 eine solche Fahrt, die seither regelmäßig stattfindet.

KStA abonnieren