Jahrzehnte für den fairen HandelWeltläden in Derschlag und Gummersbach feiern Geburtstag

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Hanne Gutermuth im Porträt im Weltladen.

Hanne Gutermuth leitet ein Team mit 60 Ehrenamtlichen, die den Ladendienst übernehmen.

Gleich dreimal Anlass zur Freude gibt es in diesem Jahr in Bezug auf den fairen Handel in der Stadt Gummersbach.

In diesem Jahr gibt es in Bezug auf den fairen Handel in Gummersbach gleich dreimal Anlass zur Freude. So besteht der ursprüngliche Weltladen in Derschlag seit 35 Jahren, sein Gummersbacher Ableger seit 20 Jahren, und seit zehn Jahren ist die Kreisstadt als Fairtrade-Town zertifiziert. So viel Positives, das seine Wurzel allerdings in einer großen Betroffenheit hat.

Denn anlässlich des Weltgebetstages im Frühjahr 1988 informierte sich eine Runde von Frauen in der Derschlager evangelischen Gemeinde über das harte Leben der Kaffeebäuerinnen in Brasilien. Deren Schicksal berührte die Frauen so sehr, dass schnell eine Idee im Raum stand: Wir sollten diesen Kaffee verkaufen!

Trägerverein „Ökumenische Initiative Derschlag“ gegründet

Schon im Juni gründeten sie den Trägerverein „Ökumenische Initiative Derschlag“. Einer der stärksten Motoren damals war Pfarrerin Ruth Brücher, die sich bis zu ihrem Tod 2019, noch mit 90 Jahren, unermüdlich für Läden und Verein engagierte und ihn in seinen Anfängen 16 Jahre lang leitete. Vom winzigen ersten Ladenlokal zog der Verein 2005 in größere Räume an der Olper Straße in Derschlag. Zwei Jahre zuvor war der Gummersbacher Weltladen am Bismarckplatz eröffnet worden. Auch er ist mittlerweile in deutlich größere und hellere Räume gewandert, bietet mit großer Fensterfront nun an der Alten Rathausstraße Einblicke in fair gehandelte Produkte.

Aktuell ist die Derschlagerin Hanne Gutermuth Vorsitzende. Rund 60 Mitarbeitende teilen sich die ehrenamtlichen Ladendienste, es könnten deutlich mehr sein, um die Öffnungszeiten in Derschlag wieder auszuweiten. 160 Mitglieder zählt der Verein insgesamt. Hanne Gutermuth sagt: „Das Bewusstsein für den fairen Handel ist deutlich gewachsen. Natürlich mussten auch wir gerade Preise erhöhen, aber die Akzeptanz war da.“ Sie verweist darauf, dass in den Erzeugerländern und den dortigen Produktionsstätten die Energiepreise, ähnlich wie bei uns, ebenfalls gestiegen sind.

Die Weltläden verstehen sich nicht nur als Ort des fairen Handels, sondern erfüllen auch einen Bildungsauftrag. Die Faire Woche im September informiert unter anderem über das Angebot an Lebensmitteln, das entsprechende Rezeptheft liegt in den Läden aus. In diesem Jahr ist der Klimaschutz Schwerpunktthema. Am Weltladentag im Mai organisieren die Vereinsmitglieder Infostände, Schülerinnen und Schüler informieren sich bei Ladenbesuchen.

„Es ist ein Ort der Begegnung“, ist Hanne Gutermuth sicher. Regional, durch die Menschen, die sich für die Produkte, aber auch, was dahintersteckt, interessieren. Und global, durch die weltweiten Beziehungen mit Produzentinnen und Produzenten. Dazu kommt, dass der Verein regelmäßig Projekte mit Spenden bedenkt. Jetzt gerade ist das ein Saatgutprojekt in Brasilien, eine Ausbildungseinrichtung in Simbabwe und ein Schulprojekt in Uganda.

Am kommenden Samstag, 7. Oktober, feiert der Gummersbacher Laden von 11 bis 16 Uhr sein 20-jähriges Bestehen. Er findet sich in der Alten Rathausstraße 2–4.


Fairer Handel auch in Engelskirchen, Lindlar, Wipperfürth und Wiehl

Mehr als 2000 Fairtrade-Städte gibt es weltweit, 824 davon in Deutschland. Die Urkunde als „Fairtrade-Town“ erhielt Gummersbach am 25. Januar 2013. Dem vorausgegangen war im Dezember 2011 ein Ratsbeschluss, der etwa das Bestreben ausdrückte, Produkte aus Kinderarbeit zu vermeiden. Rund 100 Interessierte kamen zum Auftakt im Februar 2012, eine Steuerungsgruppe wurde gebildet. Sprecherin dieser Gruppe wurde Ingrid Dreher, damals auch Vorsitzende des Trägervereins der Weltläden in Gummersbach und Derschlag.

Im Januar 2013 fiel mit der Urkundenverleihung der Startschuss für zahlreiche Aktionen, Vorträge, Vernetzungstreffen, das erste Faire Frühstück und das Rühren der Werbetrommel für die Faire Stadt Gummersbach. Seitdem heißt es „Gummersbach fairändert sich – wir machen mit“. 2019 und 2021 wurde der Titel jeweils verlängert.

Im vorigen Jahr gab es die Ausstellung „Die UN-Nachhaltigkeitsziele und der Faire Handel in Gummersbach“. Heute engagieren sich elf Gastronomiebetriebe, zehn Schulen, Kitas, Kirchen, Vereine und Einzelhändler. Mittlerweile sind zudem Engelskirchen, Lindlar, Wipperfürth und Wiehl Fairtrade-Städte. 

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