Im buddhistischen ZentrumIn Waldbröl suchen Retreat-Teilnehmer innere Balance
Waldbröl – Immer mit der Ruhe! Salopp gesagt könnte man so das Ziel des „Retreats“ im Europäischen Institut für Angewandten Buddhismus in Waldbröl zusammenfassen. Das englische Wort bedeutet so viel wie Rückzug – und den machen bis einschließlich Samstag 400 Menschen aus ganz Deutschland sowie mehr als 170 buddhistische Mönche und Nonnen.
Zurückgezogen haben sie sich seit Montagabend im ehemaligen Bundeswehrstandort unweit des Kreiskrankenhauses, den der buddhistische Orden seit 2008 nach und nach zu einem Kloster umbaut. Mittlerweile leben und arbeiten in Waldbröl 40 Mönche und Nonnen. Um ihr Leben und ihre Arbeit zu finanzieren, bietet das Institut das ganze Jahr über Seminare zu Lebensfragen an – der Sommer-Retreat ist die größte Veranstaltung im Jahreskalender.
Diesmal ist Schwester Chân Không in Waldbröl zu Gast. Sie ist langjährige Wegbegleiterin des Zen-Meisters Thich Nhat Hanh und wurde von ihm im Jahr 1988 als weltweit erste Nonne des Ordens ordiniert. Thich Nhat Hanh (89) selbst erholt sich in den USA momentan von den Folgen eines Schlaganfalls.
Chân Không saß gestern im Schneidersitz vor 400 Zuhörern, die sich in einem großen Zelt neben dem Hauptgebäude versammelt haben. Die zierliche Frau sprach leise ins Mikrofon, die Menschen waren absolut still, lauschten ihr und der Übersetzung ins Deutsche andächtig. Schwester Chân Không redete zwei Stunden darüber, wie das mit dem Rückzug eigentlich funktionieren kann. Es geht um Achtsamkeit, ein Zur-Ruhe-Kommen und darum, Körper und Seele in Einklang zu bringen.
Es sind diese Tipps und Lehren für den Alltag, die den einwöchigen Retreat bestimmen – um buddhistische Theorie geht es nicht. Das Institut sieht sich als überkonfessionelle Organisation, das Menschen helfen will, zu ihren eigenen religiösen und kulturellen Wurzeln zurückzufinden.
Gabriele Eigenheer ist eine der Besucherinnen. Die 66-Jährige ist mit ihrem Partner von Freiburg nach Waldbröl gereist. Mittlerweile ist sie zum vierten Mal hier, den Orden kennt sie aber bereits seit 17 Jahren. Ein Jahr davor hatte sie ihren Partner kennengelernt, berichtet Eigenheer: „Als ich von seinem Alkoholproblem erfuhr, war mir klar, dass eine Partnerschaft schwierig sein würde.“
Als Rettung für ihren Partner und die Beziehung erwies sich schließlich das buddhistische Meditationszentrum Plum Village in Frankreich, von dem Eigenheer erfahren hatte. „Die buddhistischen Lehren haben unser beider Leben geändert“, sagt Eigenheer. Das Grundrezept fasst sie so zusammen: „Es geht darum, seine starken Emotionen dem Mitmenschen nicht einfach an den Kopf zu werfen, sondern sich erst zurückzuziehen und sein Anliegen ruhig und besonnen mitzuteilen.“
Noch bis Samstag gibt es in Waldbröl mehrere Vorträge und Meditationen.