„Ich kann einfach nicht mehr!“Kitas in Oberberg sind wegen Krankheitswelle im Krisen-Modus

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Zahnbürsten und Zahnputzbecher mit den Vornamen der Kinder stehen in einer Kindertagesstätte auf einem Tisch.

Eine massive Krankheitswelle sorgt auch in den oberbergischen Kindertagesstätten für Ausnahmesituationen.

Die Krankheitswelle überrollt auch die Kitas in Oberberg. Die Probleme sind groß – manchmal hilft nur noch eine Notbetreuung. 

„Es ist ein großer Aufschrei.“ So beschreibt Maren Kremer die Stimmung der Erzieherinnen und Erzieher, die der Kitafachkräfteverband NRW vertritt. Täglich erreichen die Vorsitzende, die in Wiehl wohnt, verzweifelte Stimmen von Kolleginnen und Kollegen aus Kindertageseinrichtungen. „Ich kann einfach nicht mehr!“, höre sie immer wieder.

„Grund ist vor allem die massive Krankheitswelle, die uns zurzeit überrollt“, sagt Kremer, die selbst einen Kindergarten in Engelskirchen leitet. Oberberg sei aus ihrer Sicht besonders betroffen, zumal hier auch in einigen Gemeinden Kitaplätze fehlten und manche Eltern lange vergeblich versuchten, ihr Kind unterzubringen.

Probleme in den Kitas werden angeprangert

Die Probleme in den Kitas prangern auch Mitteilungen der Komba-Gewerkschaft NRW des Awo-Bezirksverbands Mittelrhein und andere Praktiker an. „Die Situation ist zurzeit sehr, sehr schwierig“, bestätigt Eckhard Kreimendahl, der als Fachbereichsleiter die 16 DRK-Kitas im Oberbergischen Kreis betreut. „Da bleibt manchmal nur, eine Notbetreuung anzubieten für die Kinder, deren Eltern sonst gar keine Betreuungsmöglichkeit haben.“

„Momentan bitten wir Eltern, wenn irgend möglich, ihre Kinder nicht zu bringen oder früher abzuholen, damit wir nicht ganze Gruppen schließen müssen“, sagt Vanessa Dehler, die als Fachbereichsleiterin für die acht Kitas des Vereins für soziale Dienste (VfsD) zuständig ist. „Wir legen dann Gruppen zusammen. Wir können ja nicht mit nur vier Erzieherinnen den normalen Betrieb in vier Gruppen aufrecht erhalten!“

Kräftezehrende Arbeit

Wer nicht krank ist, versucht, die Arbeit der anderen mit zu stemmen. „Mit der Folge, dass die dann zwei Wochen später oft selbst auf der Nase liegen“, seufzt Kreimendahl. Maren Kremer weiß: „Das zehrt an den Kräften und verschärft noch die ohnehin angespannte Situation zusätzlich.“ Noch gebeutelt durch die Coronazeit – mit immer neuen Vorschriften und Aufgaben – sehen sich die Erzieherinnen und Erzieher mit einer Fülle neuer Anforderungen konfrontiert.

„Mehr Migranten, mehr Geflüchtete, die integriert werden sollen, die Inklusion von Kindern mit Handicap“, zählt Kreimendahl auf. Vanessa Dehler klagt: „Es wird auch immer deutlicher, dass viele Eltern selbst Begleitung brauchen, weil sie Erziehung selbst nicht mehr leisten können. Einige erwarten, dass die Kita ihnen diese Aufgabe abnimmt.“

Betreuung der Eltern frisst viel Zeit

„Im Grunde arbeiten wir alle in mehreren Berufen gleichzeitig: als Köchinnen, Gärtner, Hauswirtschafterin. Die Dokumentation und die zunehmende Betreuung der Eltern fressen viel Zeit, und wir haben immer weniger Zeit für die Kinder. Das ist schon deprimierend“, kritisiert Maren Kremer vom Kitafachkräfteverband. „Dabei ist es so ein schöner Beruf, wenn wir uns auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren könnten!“

Und ein wichtiger Beruf, werden doch im Vorschulalter bereits viele Weichen gestellt. „Wenn da die Grundlagen nicht gelegt werden, wird das Problem in die Schule und danach immer weiter verschoben“, fürchtet DRK-Fachbereichsleiter Kreimendahl. Umso fataler seien Pläne, ausgerechnet die Förderung von Sprachkitas einzustellen, wie beispielsweise in Rebbelroth und Wipperfürth in Trägerschaft des DRK.

Sprachkita soll geschlossen werden

Inzwischen hat die Bundesregierung zwar die Verlängerung der Förderung bis zum Sommer zugesagt, und das Land plant die Fortführung. Doch angesichts der unsicheren Situation hat der VfsD beschlossen, die Sprachkita in Waldbröl-Eichen zu schließen und die Fachkraft ins Stammpersonal zu integrieren.

„Sprachkitas sind toll, aber wir müssen uns immer fragen, ob wir so ein Zusatzprogramm leisten können“, gibt Vanessa Dehler zu bedenken. Überall fehle es an Fachpersonal. „Wenn wir Stellen ausschreiben, bekommen wir keine Bewerbungen.“ Dehler vermutet, „dass in Oberberg jeder Träger sein Soll so gerade erfüllen kann.“ Und das, obwohl manche Kitas im Kreis wegen des Mangels an Plätzen sogar überbelegt seien. „Eigentlich müsste ein Wunder geschehen“, sagt Dehler mit bitterem Lachen.

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