Kliniken am LimitOberberger Chefärzte fordern dringendes Handeln von der Politik

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(Symbolbild)

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Gummersbach – Wenn es um den Umgang der Politik mit der vierten Corona-Welle in Deutschland geht, ist Prof. Franz Blaes, Chefarzt für Neurologie am Kreiskrankenhaus Gummersbach, schnell auf dem Punkt: „Machen Sie das, wofür wir Sie bezahlen! Dämmen Sie diese verdammte vierte Welle ein! Absage an Großveranstaltungen, Maskenpflicht, 2G+ für kleinere Veranstaltungen und Boosterimpfungen hochfahren. So schwer ist das nicht“, hat Blaes erst am vergangenen Wochenende in den sozialen Medien gepostet. Für seine Statements bekommt der Mediziner dort viel Zuspruch.

Scharfe Kritik an Gesundheitspolitik

„Die Hütte brennt“, beschreibt der Neurologe die aktuelle Situation im Land. Das Klinikpersonal werde im Stich gelassen. Und der einzige Plan der Gesundheitspolitiker heiße: „Hoffentlich wird’s nicht so schlimm“. Wie schlimm es nach dem Wegfall der Maskenpflicht in den Schulen und dem starken Anstieg der Fallzahlen zuletzt in der Region ist, darüber berichteten am Montag Blaes und sein Kollege von der Inneren, Dr.  Robert Hoffmann, im Gespräch mit dieser Zeitung.

Am Montagmittag mussten in beiden Häusern des Klinikums, also in Gummersbach und Waldbröl, 34 Patienten im Zusammenhang mit Corona behandelt werden. Während in Waldbröl nur einer der 17 Patienten auf der Intensivstation lag, waren es in Gummersbach sieben, wobei sich die Zahl am Morgen von drei auf sieben mehr als verdoppelt hatte.

Der Großteil der Patienten ist ungeimpft

Eine flächendeckendes Problem bei den Kapazitäten der Intensivbetten einhergehend mit der erneuten Absage fest eingeplanter Operationen wollen die beiden um jeden Preis verhindern. „90 Prozent der Patienten sind ungeimpft“, sagt Hoffmann. Ebenso wie Blaes sieht er die Corona-Schutzimpfung und das Boostern, also die Auffrischung des Impfschutzes, als einziges probates Mittel, um durch die Pandemie zu kommen.

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Dass der Wegfall der Maskenpflicht in den Schulen nach den Herbstferien ein Fehler der Politik gewesen sei, sagen beide Ärzte. „Aber nicht der einzige“, wie Blaes betont. Ein weiterer Grund für den aktuellen Anstieg der Zahlen sei, dass 3G nicht konsequent kontrolliert werde. „Und dass es zwischenzeitlich keine kostenlosen Tests gegeben hat“, wie der Neurologe sagt, der seit 25 Jahren rund 100 Publikationen im Bereich der Immunologie vorweisen kann und als Experte auf diesem Gebiet gilt.

Was die Angaben zur Impfquote in Deutschland angeht, sagen die Mediziner, dass die immer wieder ins Feld geführten 70 Prozent ein „Pseudowert“ seien. „Die Patienten, die bereits im Januar, Februar und März geimpft worden sind, haben nur noch einen Impfschutz auf den Papier“, erläutern die Experten. Das habe zur Folge, dass die Verläufe im Falle einer Erkrankung wesentlich schwerer seien. Umso wichtiger sei es, so schnell wie möglich zu boostern – und sich nicht länger über den Zeitpunkt streiten: Das kostet nur noch mehr Zeit.“ Das klingt alles so, als wiege 2G die Menschen in einer Sicherheit, die es nicht gibt? „Man muss damit richtig umgehen“, antwortet Dr. Robert Hoffmann.

Impfangebot muss weiter ausgeweitet werden

„Unverantwortlich“, nennen die beiden dann auch die Art und Weise, wie in den vergangenen Tagen Karneval nicht nur in Köln, sondern auch in Oberberg gefeiert worden ist. „Das ist nicht kontrollierbar“, so die Einschätzung von Blaes und Hoffmann. Was die Impfpflicht angeht, sagt Blaes, habe die Politik diese in einem frühen Stadium der Pandemie „verbrannt“. Inzwischen werde hochemotional darüber diskutiert. Für ihn ganz persönlich, so sagt der Neurologe, müssten alle Berufe mit Patientenkontakt geimpft werden. Was die Quote im Krankenhaus angeht, gebe es nur bei den Ärzten belastbare Zahlen. „Und die liegen bei 90 Prozent.“

Was sollte kurzfristig passieren, um von der Welle nicht überrollt zu werden? Unisono sagen Hoffmann und Blaes, dass das Impfangebot wieder ausgeweitet werden muss, ein mobiler Bus des Kreises reiche nicht. Des weiteren müsse 3G konsequent beachtet werden. „Und für Ungeimpfte muss eine Einschränkung der Kontakte geben.“

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