Lange VorbereitungenEvangelische Gemeinden erwarten tausende Gottesdienstbesucher

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In Müllenbach-Marienheide hat der neue Pfarrer Maik Sommer Hilfe von den Prädikantinnen Elke Bosch (l.) und Sonja Denke. Sie sorgt zudem als Küsterin für einen reibungslosen Ablauf.

In Müllenbach-Marienheide hat der neue Pfarrer Maik Sommer Hilfe von den Prädikantinnen Elke Bosch (l.) und Sonja Denke. Sie sorgt zudem als Küsterin für einen reibungslosen Ablauf.

Marienheide – Herbei, o ihr Gläubigen: Diesem Ruf folgen an Heiligabend so viele wie zu keinem anderen Datum. Und gerade Menschen, die nur an diesem einen Tag im Jahr einen Gottesdienst besuchen, erwarten das volle Programm. Was die meisten nicht wissen: Dahinter steckt für die Kirchengemeinden jede Menge Organisation.

Dienstplan steht seit Monaten

In der evangelischen Gemeinde Müllenbach-Marienheide mit seinen zwei Kirchen in beiden Orten erwartet der neue Pfarrer Maik Sommer sein erstes Weihnachtsfest. Bereits Monate, bevor der 48-Jährige Anfang November offiziell in sein neues Pfarramt eingeführt wurde, stand ein Dienstplan für die Feiertage. Prädikantin Elke Bosch und ihre Kollegen hatten auch für den Fall vorgesorgt, dass nicht so schnell ein neuer Pfarrer im Ort sein würde. Sie ist eine von drei Hilfspredigern, die Sommer bei der Organisation und Durchführung der Gottesdienste unterstützen – so geschieht’s in den meisten evangelischen Gemeinden.

In Zahlen

170 evangelische Gottesdienste werden nach Angaben des Kirchenkreises An der Agger an Weihnachten gefeiert. 40 Pfarrer sind im Dienst, dazu zwölf Prädikanten.

30000 Menschen sind es zirka, die an Heiligabend und den beiden Weihnachtstagen einen der evangelischen Gottesdienste besuchen.

1700 ehrenamtliche Musiker begleiten die Gottesdienste in den Chören und Posaunenchören. (ag)

Elke Bosch ist seit rund 20 Jahren Laienpredigerin und hat schon Weihnachten erlebt, die ihr zum privaten Feiern nicht viel Zeit ließen. „Als wir vor vielen Jahren mal keinen Pfarrer hatten, habe ich binnen zwei Tagen drei Gottesdienste in Marienheide und zwei in Müllenbach gehalten.“ Das sei dann doch etwas viel gewesen, ergänzt sie lächelnd. In den vergangenen Jahren wurden zwar zwei der Weihnachtsgottesdienste aus dem Programm genommen – trotzdem bleiben für Sommer und sein Team genug zu tun.

Auf den letzten Drücker vorbereiten

Der Heiligabend beginnt um 15 Uhr mit einem Familiengottesdienst in der Marienheider Kirche. Den wird Gemeindereferent Pascal Polat halten, der seine Ausbildung zum Prädikanten bald abschließen wird. Eine halbe Stunde später beginnt in der Müllenbacher Kirche bereits die Christvesper, bei der Sommer von Elke Bosch unterstützt wird. Pünktlich um 18 Uhr muss Sommer dann zur Christvesper in der Kirche Marienheide sein. Am nächsten Morgen steht er erneut vor dem Müllenbacher Altar, wenn um 6 Uhr die Christnacht beginnt. Dann wird Bosch die Predigt halten. Am zweiten Weihnachtsfeiertag schließlich hält Prädikantin Sonja Denke den Weihnachtsgottesdienst in Seniorenzentrum am Marienheider Hermannsberg.

Weder der Pfarrer noch seine Helfer hatten bis zur Wochenmitte ihre Weihnachtspredigten geschrieben. Zu viel war vor den Feiertagen zu tun, gleich mehrere Beerdigungen mussten begleitet werden. Aber Sommer weiß schon, was er seiner Gemeinde an Heiligabend in Müllenbach und Marienheide erzählen möchte. Er will die Predigt gemeinsam mit seiner neunjährigen Tochter Sarah halten, die ihn nach der Bedeutung der Weihnachtsgeschichte befragt.

Sommer ist dankbar, dass er in seiner neuen Gemeinde von erfahrenen Helfern begleitet wird – und er war überrascht, als sich bereits Mitte Oktober der Kirchenchor bei ihm meldete und nach dem Ablauf des Heiligabend-Gottesdienstes fragte. Einen Monat mehr Zeit ließ sich der Müllenbacher Männergesangverein, der erst im November die Liedauswahl für die Christnacht mit dem Pfarrer abstimmte. Abgestimmt hat sich die Gemeindeleitung auch mit den Dannenbergern, die alljährlich mit Birkenfackeln zur Christnacht ziehen. Nicht zuletzt wurde mit Organistin Jutta Brahm gesprochen, die bei fünf Weihnachtsgottesdiensten ihre Finger über die Klaviatur wird fliegen lassen. Vieles hat sich über die Jahre eingespielt, die Akteure kennen ihren Job.

So auch Laienpredigerin Sonja Denke, die zugleich Küsterin der Gemeinde ist – und besonders an Heiligabend den Überblick behalten muss. Rechtzeitig bevor in Marienheide die ersten Gottesdienstbesucher gewohnt frühzeitig eintrudeln, wird sie ihre Checkliste abgearbeitet haben: Lichter einschalten, die Technik mit mehreren Mikrofonen und Lautsprechern startbereit machen und das Läutewerk der Glocken parat halten. Eine Besonderheit in Marienheide: Weil in die Kirche nur annähernd 220 Menschen passen, wird der Gottesdienst per Video und Beamer in den darunterliegenden Saal übertragen – auch dabei darf nichts schiefgehen.

Strategien für den medizinischen Notfall

Weil sich Sonja Denke an Heiligabend nicht auch noch um die Müllenbacher Kirche kümmern kann, hat sie dort Presbyter in die Aufgaben eingewiesen. Stets plant sie für einen möglichen Ernstfall: Welcher Mitarbeiter kann Erste Hilfe leisten? Wer wird dann per Handy den Notruf absetzen? Wo lagern Verbandskästen und Feuerlöscher? „Man weiß ja nie.“

Klingt alles nach viel Arbeit – ist es auch. Aber eben nicht nur. „Schließlich geht es um die Geburt Jesu“, betont der Pfarrer: „Dass wir an diesem Tag so viele Menschen mit der frohen Botschaft erreichen, ist wunderbar.“ Er werde gewiss nicht gestresst, sondern erfüllt aus jedem Weihnachtsgottesdienst gehen. Elke Bosch nickt zustimmend: „Wenn ich um 6 Uhr in der Müllenbacher Kirche bei der Christnacht stehe, dann weiß ich: Jetzt ist Weihnachten.“

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