TV KotthausenEin echter Dorfverein ist 100 Jahre alt

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Sie leiten seit vielen Jahren die Geschicke des TV Kotthausen: (v.l.) Gerd Selbach, Wolfgang Schönweitz, Walter Leder und Michael Nedell.

Sie leiten seit vielen Jahren die Geschicke des TV Kotthausen: (v.l.) Gerd Selbach, Wolfgang Schönweitz, Walter Leder und Michael Nedell.

Marienheide – Der TV Kotthausen ist 100 Jahre alt geworden. Das sollte gefeiert werden, doch Corona machte den Verantwortlichen einen Strich durch die Rechnung. Wie der Verein zum Jubiläum aufgestellt ist, darüber sprach Andrea Knitter mit dem Vorsitzenden Wolfgang Schönweitz, Geschäftsführer Michael Nedell, Kassenwart Gerd Selbach und dem 93-jährigen Walter Leder. Er ist seit über 70 Jahren im Turnverein und auch im hohen Alter noch für die Mitgliederverwaltung zuständig.

100 Jahre sind ein stolzes Alter für einen Verein. Ist es für Sie ein Grund zum Feiern?

Wolfgang Schönweitz: Natürlich, doch durch die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben wir uns entschlossen, die Feier ins nächste Jahr zu verschieben und das Jubiläum mit unserem traditionellen Sommerfest zu kombinieren.

Wie sehen Sie den TV Kotthausen aufgestellt?

Michael Nedell: Wir leiden wie so viele Vereine unserer Größe an einer hohen Altersstruktur. Das heißt, uns fehlen jüngere Menschen nicht nur als aktive Sportler, sondern auch als engagierte Vereinsmitglieder. Nur in der Tischtennisabteilung haben wir Spieler, die 18 und 30 Jahre alt sind. Die Tischtennisabteilung ist aber auch die einzige, die noch im Meisterschaftsbetrieb antritt. Doch schon in der zweiten Mannschaft sind nur noch Aktive, die über 40 oder 50 Jahre alt sind. Ansonsten bieten wir noch verschiedene Gruppen an vom Mutter-Kind-Turnen bis zu Gymnastik für Frauen und Männer, dazu gibt es einen Walkingkurs. Wir haben es bis auf die wenigen im Tischtennis bisher einfach nicht geschafft, Jugendliche an den Verein zu binden.

Dabei gehörte der TV Kotthausen einst zu den erfolgreichen Vereinen im Kreis.

Gerd Selbach: Das stimmt. Es begann in Zeiten des Feldhandballs und ging weiter über in den Hallenhandball. Wie lange gerade der Feldhandball schon her ist, lässt sich daran ablesen, dass der Platz seit 1985 schon an den Rheinischen- und Bergischen Fahrverein Marienheide verpachtet ist. Es gab aber auch neben dem Handball weitere erfolgreiche Sportarten.

Welche waren das?

Selbach: Wir haben neben unserer Halle auf einem Grundstück der Firma Otto Kind 1977 ein Kleinspielfeld bauen lassen, das zu glatt für die Handballer war, aber von den Tennisspielern genutzt wurde. Wir haben damals viel in die Tennisabteilung investiert. Das war vorbei, als alle nur noch auf Asche spielen wollten.

Nedell: Zu Hochzeiten hatten wir bis zu 600 Mitglieder, heute sind es 187.

Wie erklären Sie sich den Rückgang der Mitgliederzahlen?

Selbach: Es begann, als die Volksschule hier in Kotthausen aufgelöst wurde. Der damalige Leiter der Volksschule Reinhard Scheldt hatte sich zuvor sehr für den Sport und besonders den Tischtennis engagiert. Die Schüler gingen nach Marienheide und spielten dort Fußball oder Handball. Dabei war es immer so, dass unsere Halle zu klein für Handball ist und wir uns die große Halle in Marienheide mit dem SSV und dem TV Rodt-Müllenbach geteilt haben.

Walter Leder: In den guten Zeiten hatten wir zwei Handball-Mannschaften. Bei den Schülern und auch bei den Senioren waren die Derbys gegen die Lokalrivalen echte Publikumsmagneten. Mit dem letzten Spiel gegen den VfL Gummersbach am 21. März 1991 war Schluss mit Handball im TV Kotthausen. Zuvor hatten die Männer bis in der Verbandsliga gespielt.

Nedell: Dazu kam, dass die rund 150 Schwimmer, die bei uns im Verein waren, ihn verlassen haben, als in Marienheide das Schwimmbad geschlossen wurde. Das war schon heftig.

Am Meisterschaftsbetrieb nimmt der TV Kotthausen mit zwei Tischtennismannschaften teil.

Am Meisterschaftsbetrieb nimmt der TV Kotthausen mit zwei Tischtennismannschaften teil.

Was macht für Sie heute den TV Kotthausen aus, und was ist Ihr Antrieb, sich zu engagieren?

Nedell: Ich bin als Tischtennisspieler vor elf Jahren vom TV Niederseßmar nach Kotthausen gewechselt. Für mich ist bis heute die Geselligkeit herausragend, auch wenn es mit der Zeit und dem zunehmenden Alter etwas ruhiger geworden ist.

Selbach: Ich bin vor 52 Jahren in die Tischtennisabteilung eingetreten. Damals gab es vier Mannschaften und alle Spieler kamen wie ich aus der Umgebung. Mittlerweile verwalte ich seit 37 Jahren die Kasse und kümmere mich um die Unterhaltung der Turnhalle. Ich verbinde viele schöne Erinnerungen mit dem Verein, wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft, während heute viele Mitglieder von auswärts kommen, ihren Sport machen und dann wieder weg sind.

Leder: Es waren einfach andere Zeiten für Dorfvereine wie unseren. Als ich 1950 aus der Gefangenschaft nach Herreshagen kam, wurde ich sofort gefragt, ob ich nicht mit zum Handball kommen möchte. Wir haben nach dem Spiel zusammengesessen und als ich nicht mehr Handball gespielt habe, wurde ich Schiedsrichter, ich war Jugend- und Spielwart und bin bis heute für die Mitgliederverwaltung zuständig. Seit über 20 Jahren mache ich das natürlich über den Computer.

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Wie lassen sich die Veränderungen am Vereinsleben ablesen?

Selbach: Die Veränderungen sind an vielen Dingen abzulesen. Wir haben die Halle gemeinsam mit dem MGV Kotthausen, der in ihr ebenfalls eine Heimat hat. Es war nie ein Problem, genug Leute zu finden, um die Halle zu renovieren oder das Sommerfest vorzubereiten. Es hat einfach Spaß gemacht, das alles gemeinsam zu machen. Es sind auch heute noch Helfer da, doch der Enthusiasmus ist nicht mehr so groß. Uns fehlen die Walter Leders.

Schönweitz: Die Halle war ein Segen für das Dorf, doch im Laufe der Jahre hat sich das soziale Miteinander geändert. Jetzt haben wir eine Halle, die viel Charme besitzt, aber eigentlich selbst für Tischtennis zu klein ist, weil nur Platz für drei Tische ist. Auch deswegen ist es schwer, potenziellen neuen Mitgliedern attraktive Angebote zu machen. Dazu kommt, dass die Menschen sich nicht mehr verpflichten möchten, was Sportvereinen allgemein und damit auch uns schwer zu schaffen macht.

Nedell: So wird die Halle nicht nur für den Sport, sondern zwischenzeitlich auch für Kulturveranstaltungen genutzt und der Hallenanbau fürs Vereinsleben und auch als Wahllokal.

Trotz allem, wie halten Sie den TVK fit für die Zukunft?

Schönweitz: Wir haben die Halle dank der 80 000 Euro aus dem Landesprogramm zur Förderung von Sportstätten saniert und damit in die Zukunft investiert.

Selbach: Einen per Marienheider Ratsbeschluss zugewiesenen 11 500 Euro-Jahreszuschuss gibt es schon lange nicht mehr, heute beträgt der Zuschuss 1200 bis 1500 Euro im Jahr. Daher leben wir hauptsächlich von den Vereinsbeiträgen und den Erlösen aus dem Sommerfest. Fällt es wie im letzten und auch in diesem Jahr durch die Corona-Pandemie aus, tut das richtig weh.

Nedell: Wir haben trotzdem ein paar Ideen. Ich denke, wir dürfen uns dabei nicht krampfhaft bemühen, ausschließlich Jugendliche für den TV Kotthausen zu gewinnen. Vielleicht sollten wir den Fokus mehr auf ältere Menschen richten. Hier können Sportvereine wie der TVK eine wichtige Rolle für Fitness und Gesundheit für lebensältere Menschen sein. Man muss auch sehen, dass der Turnverein nicht mehr der TVK früherer Jahre ist. Wir müssen uns mit Engagement und Optimismus den neuen Aufgaben stellen.

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