Leidenschaft für LederMarienheider ist fasziniert von der Buchbinderei

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Ein Buch in Leder gebunden: Oliver Neufurth hat die alte Handwerkskunst als Leidenschaft für sich entdeckt.

Ein Buch in Leder gebunden: Oliver Neufurth hat die alte Handwerkskunst als Leidenschaft für sich entdeckt.

Ein Buch wegzuwerfen, widerstrebt den meisten Menschen. Literatur wird in der Regel geschätzt, gepflegt und sorgfältig behandelt. Das trifft noch stärker für Familienbibeln zu, die zu besonderen Anlässen verschenkt, gar vererbt werden. Was aber tun, wenn das viel geliebte Buch langsam Spuren seines Alters zeigt? Hier kommt der Obernhagener Oliver Neufurth ins Spiel. Der 42-Jährige hat eine alte Handwerkskunst als Leidenschaft für sich entdeckt. Der Lehrer an der Realschule der FCBG bindet Bücher in Leder.

Ein Freund, Buchhändler aus Meinerzhagen, erzählte dem Oberberger vor etwas mehr als zwei Jahren von seiner Zusammenarbeit mit einem Buchbinder. Neufurths Interesse erwachte.

Mit Ziegenleder aus Marokko begonnen

In der Gummersbacher Kreis- und Stadtbücherei entlieh er alles zum Thema und stellte fest, dass fast die Fachliteratur auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hatte. „Buchbinderei war offensichtlich völlig aus der Mode“, wundert Neufurth sich, denn er hatte schnell Feuer gefangen.

Er absolvierte Praktika, unter anderem in der Marienheider Sattlerei Otto Schumacher, und besuchte in Norddeutschland einen Buchbinder. Er lernte, Leder mit zwei Nadeln zu nähen, bestellte in Marokko Ziegenleder und besorgte sich eine Bucheckenstanze.

Oliver Neufurth liebt die Arbeit mit dem Naturstoff - begonnen hat er mit Ziegenleder aus Marokko.

Oliver Neufurth liebt die Arbeit mit dem Naturstoff - begonnen hat er mit Ziegenleder aus Marokko.

Dann begann eine Phase des intensiven Übens. Vieles sei schlicht Fleißarbeit. Doch auch ein Auge für Schönheit sei vonnöten, um stimmige Einbände für Bücher oder Notizhefte herzustellen, verrät Neufurth.

„Meine Einbindeversuche wurden gut und besser, ich stellte fest, dass Leder das bevorzugte Material bleibt. Die Ergebnisse veröffentlichte ich bei Instagram“, erinnert er sich und fügt hinzu: „Unterschätzt hatte ich allerdings den Bedarf an der Tätigkeit eines Buchbinders und den Vorrat an Büchern, deren Besitzer eine hohe Wertschätzung für sie aufbrachten.“

Bei seiner Arbeit geht Oliver Neufurth nicht nur mit viel Fingerspitzengefühl vor, sondern auch mit viel Wertschätzung für das Tier, dessen Haut er nun benutzt.

Bei seiner Arbeit geht Oliver Neufurth nicht nur mit viel Fingerspitzengefühl vor, sondern auch mit viel Wertschätzung für das Tier, dessen Haut er nun benutzt.

Alte Kochbücher voller Notizen, Comics und Bibeln warteten auf eine wertschätzende Handhabe und einen neuen Einband für eine weitere Nutzungsepisode, so der Buchbinder. Besonders glücklich machte den Marienheider die Reaktion eines Bekannten aus den USA, dessen, in kyrillischer Schrift verfasste, Bibel er neu einband. „Die Begeisterungsrufe kamen wirklich von Herzen!“ Ein Hobby soll die Buchbinderei dennoch bleiben.

Auch die Nachhaltigkeit ist ein großes Thema

Oliver Neufurth bringt im Laufe des Gesprächs auch das Thema Nachhaltigkeit zur Sprache. Denn einen alten Schatz zu erhalten, statt immer neu zu kaufen, ist sinnvoll. Auch Umweltschutz und Tierwohl hat er durchaus im Blick. Das Ziegenleder, das er nutzt, stammt aus Nordafrika. Massentierhaltung bei Ziegen gebe es nicht, berichtet er und sagt: „Das Leder wird mit pflanzlichen Stoffen gegerbt und von einer Firma vertrieben, die nachhaltige Prinzipien in ihr Geschäftskonzept integriert hat.“

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Fallen beim Zuschnitt Reste an, werden diese in Patchworktechnik ebenfalls zu einem Kleid fürs Buch: „Für mich ist das eine Wertschätzung des Tieres, das die Haut getragen hat und eine Entsprechung des gedruckten Wortes das ebenso wertgeschätzt und weiter genutzt wird.“ Im Herbst will der Oberberger sich vor Ort in Marokko ein Bild von der Tierhaltung und der Verarbeitung des Leders machen und dann möchte er sich ja auch noch die Kunst des Lederprägens aneignen. Die Buchbinderei in Neufurths kleiner Werkstatt bleibt spannend.

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