Einmal im Jahr kommen junge Pianisten vor allem aus den USA zum Meisterkurs nach Oberberg. Was aber, wenn der Leihwagen ein Schaltgetriebe hat?
GangschaltungWarum US-Pianisten in Oberberg erst Autofahren lernen

Kupplung, Schalten, Gas geben: Mimi Zhang und David Mach (hinten) leben in den USA und fahren Automatik, Gastvater Bernd Wegerhoff gibt vom Beifahrersitz aus Tipps
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„Ich liebe deutsches Essen, und ich liebe Leberwurst“, schwärmt Mimi Zhang und strahlt über das ganze Gesicht. „Gerade habe ich eine frische gekauft“, sagt Marie-Therese Wegerhoff und lächelt zurück. Mimi stammt aus China und hat an der University of Oklahoma Klavier und Musikpädagogik studiert, genauso wie ihr Freund, der US-Amerikaner David Mach.
Die beiden sind als Meisterschüler des Klavierfestivals in Lindlar zu Gast und lernen bei Professor Falko Steinbach. Und wie alle Teilnehmenden sind sie in Familien untergebracht. Denn die Begegnung ist ein Teil vom Konzept des Festivals. Mimi und David fühlen sich bei ihren Gasteltern Marie-Therese und Bernd Wegerhoff mehr als pudelwohl.
Meisterkurs bei Professor Falko Steinbach
Die vier unternehmen gemeinsam Fahrradausflüge, besuchen Konzerte und kochen füreinander. „Ihr seid die unglaublichste Gastfamilie, die wir uns überhaupt vorstellen können“, loben die beiden vielfach ausgezeichneten Pianisten, die auch privat ein Paar sind, die Eheleute aus der Marienheider Ortschaft Gogarten. Denen ist das fast schon ein bisschen peinlich. Aber sie haben ihre beiden Gäste aus den USA ins Herz geschlossen.
Dabei gab es zu Anfang ein paar Hürden. „Wir hätten schon beim vorigen Klavierfestival gerne jemanden aufgenommen“, erzählt Marie-Therese Wegerhoff. Denn das Ehepaar aus Gogarten hat genug Platz zu Hause, und auch ein Klavier – was das tägliche Üben einfacher macht. Aber wie soll ein Meisterkursteilnehmer jeden Tag nach Lindlar kommen? Tagsüber findet dort während des Festivals der Unterricht statt, abends sind Konzerte.

Die Gasteltern Marie-Therese und Bernd Wegerhoff und ihre Gäste David Mach und Mimi Zhang (von links)..
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Mit dem Bus? Ausgeschlossen. Mit dem Fahrrad? Zu weit. Kurzentschlossen schrieben die Wegerhoffs Doris Kisters von Lindlar-Kultur an und teilten mit, dass sie ihrem Gast für die Dauer des Aufenthalts ihren Zweitwagen zur Verfügung stellen könnten. „Der steht eh fast nur rum“, so die Wegerhoffs. Damit wäre das Problem der Mobilität gelöst. Fast, aber noch nicht ganz.
Denn das Auto, ein älterer Toyota Yaris, hat natürlich ein Schaltgetriebe. In den USA ist das mindestens so exotisch wie deutsche Leberwurst. Nahezu alle Wagen in den USA sind mit Automatik ausgerüstet. Die Wegerhoffs, Mimi und David nahmen ersten Kontakt per E-Mail auf. „Über die Kirchengemeinde, für die ich nebenbei als Musikerin arbeite, haben wir tatsächlich jemanden gefunden, der ein Auto mit Schaltgetriebe besaß“, erzählt Mimi Zhang. „Damit durften wir ein bisschen üben.“
US-Fahrer setzen vor allem auf Automatik
Zum Glück besitzen beide, Mimi und David, den Internationalen Führerschein. In Gogarten angekommen, erteilte Bernd Wegerhoff seinen Gästen noch ein wenig Fahrpraxis. Seitdem pendeln die beiden Pianisten mit dem Auto zwischen Gogarten und Lindlar hin und her. Auch wenn die Straßen im Bergischen Land deutlich kurvenreicher und schmäler sind als die Highways in Oklahoma.
Nicht nur die Fahrkünste profitieren von dem Aufenthalt in Deutschland, auch die Sprachkenntnisse. Die Wegerhoffs sind froh, ihr Englisch trainieren zu können. „Und wir versuchen, ein bisschen Deutsch zu lernen“, sagt David Mach. Gut möglich, dass er und Mimi auch 2024 am Klavierfestival in Lindlar teilnehmen — und dann ganz sicher wieder in Gogarten bei den Wegerhoffs wohnen werden.