Die Blaualge ist zurückgekehrt ins Wasser der Lingesetalsperre. Unter den Folgen, die dieses Bakterium auslöst, leidet auch die örtliche DLRG.
Neues Badeverbot in MarienheideWo das Schwimmen wehtut und auch gefährlich sein kann

Sie riechen nicht gut, sind unter Umständen gefährlich und unappetitlich sowieso: In der Lingesetalsperre in Marienheide treiben wieder die Blaualgen. Und das Schwimmen ist an einer der drei offiziellen Badestellen erneut verboten.
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Treibt die Blaualge im Wasser der Lingesetalsperre, steht bei der Marienheider Ortsgruppe der DLRG alles still: Prompt ist am DLRG-Haus nämlich Badeverbot, niemand darf an der Badestelle dort ins Wasser, auch nicht die Rettungsschwimmer. Seit einigen Tagen ist das nun erneut der Fall. „Wir und alle anderen Ortsgruppen, die unser Gelände als Station für die Ausbildung nutzen, müssen dann alle Kurse und Lehrgänge absagen“, schildert Christoph Ginczek, Leiter der Abteilung „Einsatz“, und schimpft: „Das nervt gewaltig, denn keine Gruppe kann auf die Schnelle einen Umzug an ein anderes Gewässer organisieren.“
Seit mehr als 20 Jahren, vor allem aber seit 2018, ist die blau-grün gefärbte Alge ein ungebetener Badegast, das Badeverbot im Sommer seither eine lästige Tradition. „Aber es sieht so aus, als käme das immer früher – jetzt schon zu Beginn der eigentlichen Badesaison“, überlegt Christian Timm, Leiter der Hygiene- und Trinkwasserüberwachung im Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises, etwa mit Blick auf das vergangene Jahr: Da wurde das Verbot am 25. Juni ausgesprochen, gute zwei Wochen später als diesmal.
Betreiber der Talsperre in Marienheide ist der Wupperverband
Betreiber der Marienheider Talsperre ist der Wupperverband. Das Gesundheitsamt des Kreises und eine wissenschaftliche Abteilung des Verbandes überprüfen und untersuchen regelmäßig die Qualität des Wassers und auch die der Zuläufe. Ist es im Frühjahr zu trocken und im Sommer dann zu heiß, führen diese und auch die Talsperre zu wenig Wasser.
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Das gefällt der Blaualge, das Bakterium vermehrt sich nahezu explosionsartig: „Durch ein solches Klima und die komplexen Auswirkungen längerer Trockenphasen auf ein solches Ökosystem, kann sich die Blaualge immer häufiger massenhaft entwickeln“, erklärt Susanne Fischer, Sprecherin des Wupperverbandes. Eine erfolgreiche, dauerhafte Abwehr der Blaualge gebe es wohl nicht, doch habe der Wupperverband mit Hilfe von Sanierungen in der Abwassertechnik bereits Fortschritte erzielt.

Der Wupperverband hat an der Lingesetalsperre in Marienheide-Linge Schilder aufgestellt, die das Baden eindeutig untersagen.
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Zwar gilt nicht jede Art der Blaualge als Gefahr für den Menschen, manche kann aber Toxine bilden. Und die tun weh: „Sie können nicht nur Reizungen auf der Haut hervorrufen und allergische Reaktionen auslösen“, warnt Fachmann Christian Timm. „Wer schwimmt, schluckt immer Wasser – Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können die Folge sein, gelangen Blaualgen in den Körper.“ Kinder litten danach immer stärker als Erwachsene, setzt Timm hinzu. „Ich würde mich auf jeden Fall immer ans Badeverbot halten und nicht meine Gesundheit aufs Spiel setzen.“
Dass so mancher dieses Verbot nur als freundliche Empfehlung versteht und trotzdem in die Wogen steigt, das hat Frank Schulten schon oft beobachtet. Er ist Betreiber des Campingplatzes „Zum Wiesengrund“. „Leider glauben viele, es reiche, sich nach dem Baden gründlich abzuduschen“, sagt Schulten. „Die Blaualge haben wir seit vielen Jahren, niemand kann etwas dagegen tun.“
Campingplatz-Betreiber aus Marienheide wünscht sich einen Runden Tisch für eine gute Lösung
Nachbar Julan Seiffert ist anderer Meinung, der Mitbetreiber des Lingese-Campingplatzes wünscht sich eine Art Runden Tisch, um das Problem dauerhaft zu lösen: „Ich fände es gut, wenn sich Campingplatz-Betreiber, Landwirte und Anwohner sowie Vertreter von Kreis und Wupperverband zusammensetzen würden“, sagt er. Zudem hätte Seiffert gern eine Broschüre vom Wupperverband, die darüber aufklärt, „was jeder Einzelne tun kann, um die Blaualge zu vermeiden“.
Er selbst achte auf der eigenen Anlage etwa darauf, dass genügend Spülstationen sowie Ausgussmöglichkeiten für Grauwasser vorhanden seien und gebrauchtes Wasser nicht in die Wiese abgeführt werde. Seiffert: „Die Blaualge nervt wirklich jeden – und es ist sehr schade, dass der See nur noch bedingt und für Kinder und Hunde heute fast überhaupt nicht mehr zu nutzen ist.“
Apropos Hunde. Die sieht Kreis-Mann Timm ohnehin nicht gern gemeinsam mit Menschen im selben Badewasser. „Für Hunde bedeutet der Kontakt mit der Blaualge ein noch größeres Risiko als für Menschen: Besonders die Ohren bieten der Blaualge eine große Angriffsfläche.“
Das begünstigt das Wachstum der Blaualge in der Marienheider Lingesetalsperre
Die Talsperre in der Marienheider Ortschaft Linge, gebaut von 1898 bis 1899, ist eine von vier Talsperren in der Obhut des Wupperverbandes, in denen Schwimmen erlaubt ist. 2011 sind dort drei Stellen dafür eingerichtet worden: Diese werden regelmäßig kontrolliert, seit 2012 nach Vorgaben der EU. Mit einem Fassungsvermögen von 2,6 Millionen Kubikmetern ist die Lingesetalsperre die kleinste des Verbandes – in die größte, die Wuppertalsperre, passen mehr als 25 Millionen Kubikmeter Wasser.
Gesperrt ist zurzeit der Badebereich am DLRG-Haus: Dort ist das Wasser flach und sehr nährstoffreich, das Sonnenlicht ist intensiv, das Ufer stark bewachsen. „Das alles kann eine massenhafte Entwicklung von Blaualgen begünstigen“, sagt Susanne Fischer, Sprecherin des Wupperverbandes. Auch die anhaltende Trockenheit spielt eine Rolle: Derzeit sei die Talsperre zu etwa 63 Prozent gefüllt – „also weniger als in Jahren, in denen es im Frühjahr ausreichend geregnet hat“.