Zusammen gegen MissbrauchIn Morsbach sollen Schutzkonzepte entwickelt werden

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Als Fachmann stand Jörg Decker den Vertretern Morsbacher Vereine, des Rates und der Gemeindeverwaltung Rede und Antwort.

Als Fachmann stand Jörg Decker den Vertretern Morsbacher Vereine, des Rates und der Gemeindeverwaltung Rede und Antwort.

Morsbach – Jedes achte Kind wird in seinem Leben Opfer von sexuellem Missbrauch, Mobbing oder Gewalt und muss im Schnitt sieben Erwachsene ansprechen, bevor man ihm glaubt. So die nackten Zahlen, die etwa für Köln-Chorweiler genauso gelten wie für die knapp 11 000-Seelen-Gemeinde Morsbach.

Zwar gibt es dieses komische Bauchgefühl, dass irgendwas nicht stimmen könnte, Unsicherheit verhindert aber meist die nächsten wichtigen Schritte. Oft scheitert es schon daran, dass nicht klar ist, wen man bei einem konkreten Verdachtsfall ansprechen kann.

Fachmann gibt Hilfestellung

Das soll sich jetzt möglichst in jedem Mosbacher Verein ändern. Bürgermeister Jörg Bukowski hat dabei ein festes Ziel: „Es wäre toll, wenn unsere Kinder in Zukunft weniger als drei Erwachsene ansprechen müssen, bevor ihnen geholfen wird. Dafür muss es in möglichst jedem Verein ein praktikables Kinder- und Jugendschutzkonzept geben.“

Der dafür im Schul- und Sozialausschuss des Gemeinderates gegründete Arbeitskreis hat sich dieses Thema nun groß auf die Fahnen geschrieben und hatte jetzt alle Vereine zu einer Infoveranstaltung in die Kulturstätte eingeladen. Geleitet wurde diese von Jörg Decker vom Sozialraummanagement Decker in Wiehl. Er kennt die tragischen Geschichten, wenn zu spät gehandelt wird.

Im Auftrag der Jugendämter sei er schon oft genug in der Situation gewesen, Kinder in Obhut nehmen zu müssen – „verwahrloste, missbrauchte Kinder, Kinder, die grün und blau geprügelt wurden, Kinder auf denen Zigaretten ausgedrückt wurden“. Es gebe kaum ein Szenario, das ihm fremd sei. Und Decker weiß genau: „Es passiert in allen sozialen Schichten, an jedem Ort in Deutschland. Und es sind auch Familien, bei denen man es am wenigsten vermuten würde.“ Doch macht er auch Hoffnung: „Wir haben in den vergangenen Jahren rund 5000 Ehrenamtler im Umgang mit Kindeswohlgefährdung geschult. Und wir merken, dass es Früchte trägt, den Blick geschärft zu haben.“

Dem Kind zuhören und Glauben schenken

In Morsbach gebe es eine Verwaltung, die das jetzt in die Hand nehme. Für jeden Verein, so der Fachmann weiter, sei es unerlässlich, folgende Fragen zu klären, bevor man Konzepte erarbeitet: Gibt es einen Ansprechpartner und weiß jeder, wer das ist? Haben wir den Mut, unangenehme Themen anzusprechen?

Oft genug würde das komische Bauchgefühl ausgebremst von fehlenden Strukturen und falschen Routinen. „Das oberste Dogma ist es, dem Kind zuzuhören und ihm Glauben schenken. Für alles, was danach folgt, kann jeder Verein feste Strukturen und Konzepte schaffen“, führt Decker aus. Er bietet als Fortsetzung zu dieser Infoveranstaltung Schulungen zum Umgang mit Kindeswohlgefährdungen an.

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Die Gemeinde möchte alle Vereine dazu ermutigen. „Wir unterstützen die Schulungen natürlich auch finanziell“, verspricht Michael Mechtenberg, zuständiger Mitarbeiter im Rathaus. „Wir sind aber zudem bereit, Druck auszuüben, wenn das Thema einzelne Vereine nicht interessiert“, ergänzt Bukowski.

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