HerzstillstandMorsbacher bricht auf Fußballplatz leblos zusammen – Kameraden reagieren sofort

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Nach dem Training am 14. Juni dieses Jahres brach Thorsten Rötzel auf dem Sportplatz von Morsbach-Wallerhausen zusammen, sein Herz stand still. Mannschaftskameraden der Spielvereinigung Wallerhausen konnten den 54-Jährigen reanimieren. Unser Foto zeigt den Fußballer auf dem Platz und dort, wo es passiert ist.

Nach dem Training am 14. Juni dieses Jahres brach Thorsten Rötzel auf dem Sportplatz von Morsbach-Wallerhausen zusammen, sein Herz stand still. Mannschaftskameraden der Spielvereinigung Wallerhausen konnten den 54-Jährigen reanimieren.

Als Thorsten Rötzel am 14. Juni in Wallerhausen bewusstlos zusammenbricht, hört sein Herz auf zu schlagen. Teamkameraden retten sein Leben.

Mittwochabend, die Alte-Herren-Riege der Spielvereinigung Wallerhausen beendet nach 90 Minuten ihr Training, die Männer treffen sich zum leichten Ausgalopp auf dem Fußballplatz. Alles ist wie immer, auch Thorsten Rötzel läuft ein paar Meter. Doch dann bricht der Mittelfeldspieler zusammen. Er röchelt, verdreht die Augen, verliert das Bewusstsein. Und sein Herz schlägt nicht mehr.

Als Rötzel wach wird, liegt er auf der Intensivstation der Kölner Universitätskliniken. Tage sind vergangen. Dass er offenbar mehr als 40 Sekunden lang tot gewesen ist, erfährt der heute 54-Jährige erst später. „Die Ärzte haben wohl den Defibrillator ausgewertet“, sagt Rötzel. „Der 14. Juni ist ab sofort mein zweiter Geburtstag.“

Ich sah, wie Thorsten umfiel – und als ich sah, dass eines seiner Beine sehr seltsam lag, wusste ich, dass es etwas Ernstes ist.
Lebensretter Thomas Gelhausen

Denn an jenem Abend wissen seine Mannschaftskameraden sofort, was zu tun ist. Bis der Notarzt das Stadion in der Morsbacher Ortschaft erreicht, wechseln sie sich ab mit der Herzdruckmassage, spenden Atem, holen Thorsten Rötzel zurück ins Leben. Einer von ihnen ist Thomas Gelhausen, wegen einer Entzündung an der Achillessehne hat der 42-Jährige nicht trainiert, er sitzt in den Zuschauerreihen.

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„Ich sah, wie Thorsten umfiel – und als ich sah, dass eines seiner Beine sehr seltsam lag, wusste ich, dass etwas Ernstes, etwas sehr Ernstes ist“, erinnert sich der Bankkaufmann. Er läuft los, mit seinem Bruder Matthias (43) legt er sofort Hand an, Matthias Christ, Wolfgang Wagener und Axel Drechsler eilen ihnen zu Hilfe.

Rettungsleitstelle des Oberbergischen Kreis gibt per Telefon Anleitungen für die Reanimierung des Morsbachers

Zunächst glauben die Männer, Rötzel erleide einen epileptischen Krampfanfall, dann aber stellen sie fest, dass ihr Mitspieler keinen Puls hat, nicht mehr atmet. Sie legen ihm den Defibrillator an, der erst seit zwei Jahren im Schiedsrichterraum an der Wand hängt. Keine neun Minuten später ist der Notarzt da und übernimmt. Und nach zehn, 15 Minuten landet der Rettungshubschrauber auf dem Sportgelände.

„Das alles ist wahnsinnig schnell gegangen“, blickt Thomas Gelhausen zurück. Er arbeitet bei der Kreissparkasse Köln, hat eine Ausbildung zum Ersthelfer absolviert – die werde alle zwei Jahre aufgefrischt, sagt der Bankkaufmann, „zum Glück“. Während er und die Mannschaftskameraden Thorsten Rötzel reanimieren, steht die Rettungsleitstelle des Oberbergischen Kreises den Männern am Telefon zur Seite, gibt Anleitungen. „Es hat einfach alles richtig gut funktioniert“, weiß der beherzte Ersthelfer.

Für den Defibrillator gibt es in Wallerhausen immer wieder Streicheleinheiten und auch Küsschen

Kommt Thorsten Rötzel heute am Defibrillator vorbei, streichelt er das Gerät, gibt ihm ab und zu ein Küsschen. „Mein Lebensretter“, sagt er und betont: „Mir geht‘s wieder richtig gut.“ Den Reha-Terminen in Köln folgen nun regelmäßige Untersuchungen beim Kardiologen. „Spätfolgen habe ich keine, ich darf sogar Walken“, schildert der Personalchef eines Bauunternehmens in Kirchen-Freusburg (Landkreis Altenkirchen). Fußballspielen dürfe er aber leider noch nicht. „Kampfsport und Bergsteigen sind ebenso verboten“, ergänzt der Wallerhauser und lacht. „Aber ich will unbedingt zurück auf den Fußballplatz.“ Bei einer Operation in Köln ist ihm ein Defibrillator eingesetzt worden. „Bis heute weiß niemand, was wirklich passiert ist.“

An jenen Tag kann sich Thorsten Rötzel kaum erinnern. „Alles war wie immer, ich kam von der Arbeit, fühlte mich gut und das Training machte Spaß.“ Allerdings sei es damals sehr heiß gewesen, vielleicht habe er zu wenig getrunken. „Auch war ich zuvor bei der Blutspende, mein Blutdruck war aber völlig okay“, berichtet Rötzel, der sich 1978 bereits der Spielvereinigung Wallerhausen angeschlossen und den „Roten Teufeln“ seither – bis auf einen Abstecher zum SV Morsbach 1993 – die Treue gehalten hat.

Auch ein Sohn musste den Zusammenbruch des Vaters auf dem Fußballplatz miterleben

Im vergangenen September hat der Schalke-Fan das Bundesliga-Tippspiel dieser Zeitung gegen seinen Bruder Eckhard für sich entschieden. Auch seine Söhne Dominik (20) und Thorben (22) sind im Verein – der Jüngere ist ebenso im Stadion und räumt gerade Bälle weg, als der Vater das Bewusstsein verliert. „Meine Frau Bianca wurde sofort angerufen, sie war in wenigen Minuten zur Stelle.“ Im kommenden Jahr, verrät Rötzel, feiere er am 14. Juni nicht nur den neuen Geburtstag, sondern am 15. dann auch Silberhochzeit.

Werbung machen möchte er dafür, dass jeder Sportverein, jeder Sportplatz, jede Sportanlage mit mindestens einem Defibrillator ausgestattet werden. „Mein Fall zeigt, wie wichtig diese Geräte sind. Ich habe ganz großes Schwein gehabt.“

Für die Brüder Gelhausen sollte sich das Erlebte übrigens vier Wochen später in Österreich nahezu wiederholen: „Wir waren zum Wandern am Dachstein, als dort ein Mann plötzlich umkippte“, berichtet Thomas Gelhausen.

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