Mode „Made in Oberberg“ entwickelt und fertigt Mahi Degenring seit mehr als 20 Jahren mit ihrem Team in Nümbrecht.
CoutureIn Nümbrecht entsteht handgefertigte Mode schon seit über 20 Jahren

Im Heiligtum: Das Stofflager von Mahi Degenring wird gebraucht, wenn Kundinnen ein älteres Kleidungsstück ändern lassen wollen.
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Auch im Oberbergischen gibt es Mode. Und zwar nicht nur zum Kaufen – sie wird hier auch entworfen und in Handarbeit hergestellt. Seit mehr als 20 Jahren entwickelt und fertigt Mahi Degenring in der „Alten Papiermühle“ modische Bekleidung. Die gebürtige Perserin ist in Köln aufgewachsen und hat zunächst mit einer Lehre als Fotografin begonnen. Dabei ist sie zum Modeln gekommen und hat rund ein Jahrzehnt als Mannequin gearbeitet: „Dabei habe ich viel gelernt.“ Die von Grund auf gemachten Erfahrungen halfen ihr, bei einem Münchner Mode-Unternehmen bis zur Verkaufsleiterin aufzusteigen. Doch dort gab es immer wieder Produktionsfehler mit häufigen Reklamationen, bis sie eines Tages sagte: „Jetzt ist Schluss, jetzt mache ich mich selbstständig.“

Alles Handarbeit: Mitarbeiterin Christa Nolden im Zuschnittraum.
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Gegründet hat die Nümbrechterin ihr Unternehmen „Degenring Couture“ 1984 in der Göpringhauser Straße, das 2002 in die „Alte Papiermühle“ umzog. Dort fand die Produktion mit bis zu 35 Mitarbeitern statt, verkauft wurde im Bonner Maritim-Hotel. Nach dem Wechsel des Regierungssitzes nach Berlin ließ der Absatz nach und der Verkauf wurde ab 1998 in eine Boutique an der Kölner Brückenstraße verlagert. Das funktionierte rund ein Vierteljahrhundert bis zur Corona-Pandemie. Danach startete Degenring einen neuen Versuch mit ihrem „Flagship-Store“ in Düsseldorf unweit der Königsallee.
Hautnah miterleben, wie Kleidungsstücke gefertigt werden
„Es ist mir nicht leichtgefallen, diesen wunderschönen Shop aufzugeben, aber die Textilbranche ist am Boden“, bedauert die Unternehmerin. Jetzt hat sie auch den Verkauf in der Papiermühle angesiedelt. „Das hat sich prima entwickelt“, freut sie sich. Die meist weiblichen Kunden kämen gerne in die oberbergische Landschaft und könnten zudem hautnah miterleben, wie ihre Kleidungsstücke gefertigt werden – mit zwölf Mitarbeiterinnen in Nümbrecht und nicht in China.
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Bei einem Rundgang zeigt die Modechefin zunächst die saisonal wechselnde Kollektion im Atelier. Daraus können die Kundinnen wählen oder davon inspiriert sich etwas auf den Leib schneidern lassen.
Zusammenarbeit mit Nümbrechter Künstlerin
Besonders stolz ist sie auf ihre „Vier-Jahreszeiten-Kollektion“, die während Corona entstanden ist. Kreiert hat sie diese zusammen mit der Nümbrechter Künstlerin Tatiana Khimich, die unterschiedlichste Stoffe von Baumwolle über Leder bis hin zu Feinstrick einzeln von Hand bemalt – so ist jedes Stück ein Unikat.
Im Untergeschoss stehen mehrere Handstrickmaschinen, in den Schränken ringsum unzählige Garne aus Wolle, Baumwolle, Kaschmir und Seide in allen Farben des Spektrums. Degenring betont den Vorteil dieser Herstellungsmethode gegenüber den großen Maschinen: „Wir produzieren hier Formgestricktes und haben praktisch keinen Verschnitt – das ist sehr viel nachhaltiger.“

Mahi Degenhard im Ausstellungsraum.
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Im nächsten Raum hängen an Kleiderstangen tausende, individualisierte Zuschnitte aus Papier, darüber der Name und ob es sich um ein Kleid, einen Rock, eine Bluse oder eine Jacke handelt. In der Mitte stehen große Tische, auf denen Christa Nolden die Stoffe zuschneidet. Die Schneiderin und Schnitttechnikerin ist die dienstälteste Mitarbeiterin und war beim Start der Firma mit dabei: „Wir sind eine große Familie.“
Nebenan werden die Stücke von Laura Meißner zusammengenäht. Die junge Frau hat erst vor zwei Jahren ihren Maßschneidermeister in München gemacht und dort zunächst in der Industrie gearbeitet. Dann hat es die gebürtige Hermesdorferin wieder in die Heimat gezogen und nun ist sie seit zwei Monaten im Team: „Mich hat das Handwerk gelockt.“ Marita Hembach aus Bergisch Gladbach sitzt an der Nähmaschine gegenüber und erinnert sich lachend: „Ich sollte für drei Tage zur Aushilfe kommen und jetzt sind 35 Jahre daraus geworden.“
Am Ende der Runde zeigt Mahi Degenring das riesige Stofflager, aus dem sich der Zuschnitt bedient. Schließlich öffnet sie auch ihr Heiligtum und erklärt: „Hier lagern sämtliche Stoffe aus den gesamten 40 Jahren.“ Sie erläutert, dass diese benötigt würden, wenn ein Kleidungsstück, dass vor zehn oder 20 Jahren gekauft wurde, der aktuellen Figur angepasst werden soll: „Wir möchten unsere Kundinnen glücklich machen.“

