Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

MuseumsfestMittelaltermarkt auf Schloss Homburg war ein lehrreiches Spektakel

Lesezeit 3 Minuten
Eine junge Frau im Mittelaltergewand sitzt auf einem Mann, der sich auf allen Vieren hingehockt hat.

Nicht für beide bequem ist der Sitz, der Maid Natascha auf der Bühne bereitet wurde. Neben allerlei Gaudi wurde jungen und alten Besuchern aber auch allerlei Wissen geboten. 

Der Mittelaltermarkt auf Schloss Homburg war wieder ein Spektakel für alle Sinne. Die Veranstalter wollten den jungen und alten Besuchern aber auch etwas beibringen.  

Ritter in blitzenden Rüstungen gesellen sich zu hübschen Burgfräulein, auf den Wegen führen Gaukler ihre Kunststücke vor, Tänzerinnen schweben in wallenden Gewändern zwischen den Zelten, in denen es allerlei rustikale Leckereien gibt. Die Illusion eines bunten Markttreibens, wie es vielleicht vor 500 Jahren stattgefunden haben mag, wirkt sehr realistisch. Hunderte Schaulustige, viele von ihnen in historischen Gewändern, bevölkerten am Wochenende den viertägigen Mittelaltermarkt auf Schloss Homburg.

Es ist nur zu ahnen, dass mit „Pfaffendödel“ eine gegrillte Bratwurst gemeint ist. Dazu gibt es Drachenblut, wahlweise auch vom seltenen Curry-Drachen. Auf dem Platz vor dem Roten Haus preist eine junge Frau ihr mit Zwiebeln und Knofi belegtes Schmalzbrot an: „Ich habe etwas, dass Euren Leib nur so vor Kraft strotzen lässt.“

Ein Gaukler aus Gummersbach

Das lässt sich Herold Walther von der Pferdeweide, alias Jürgen Körber aus dem Organisationsteam des Veranstalters Kramerey und Kurtzweyl, nicht zweimal sagen. Skeptisch stippt er jedoch erst den Zahn eines Einhorns in das Brot und zeigt ihn sodann einer Zuschauerin. „Da ist Blut dran“, stellt diese entsetzt fest. Das veranlasst den Herold, das Brot einem weiteren Gast zu reichen. Der lässt es sich genüsslich schmecken – und überlebt den Zauber.

Menschen in einem Budendorf.

Ein buntes Treiben füllte den Platz zu Füßen des Schlosses.

Begleitet von Lauten und Schalmeienklängen geht es lustig weiter auf den unteren Burghof zur Markteröffnung. Dort stellt der Herold die geistlichen und weltlichen Würdenträger auf dem Markt vor: Äbtissin Adelheid alias Barbara Degener und den in ein Kettenhemd gekleideten Graf Gunther von Brenig. Eine besondere Huldigung erfährt die holde Maid Natascha aus dem Hause Thierfelder: Zu Ehren der jungen Frau mit einem Blumenkranz im Haar kniet sich der Gummersbacher Gaukler Lupus auf die Bühne und bietet ihr seinen Rücken als Sitzmöglichkeit an.

Kinder mit ADHS werden ruhig, und welche mit einer Rechtschreibschwäche lernen das richtige Schreiben.
Eckhard Pfiffer über den Nutzen des Bleidrucks

Gleich darauf muss die hübsche Dame eine Mutprobe bestehen. Gemeinsam mit den Jongleur Fin de Filou   lässt Lupus vor ihrem Gesicht und hinter ihrem Rücken Keulen in atemberaubenden Tempo durch die Luft wirbeln. Die Zuschauer halten den Atem an – und applaudieren schließlich begeistert.

Ein als Narr verkleideter Mann mit Kindern.

Gaukler Maxx zeigt auf einem Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren, wie Kinder früher gespielt haben.

Auch in der Neuen Orangerie gibt es spannende Ausflüge in die Vergangenheit. Der Bergische Geschichtsverein informierte über die Entwicklung der Region in den letzten Jahrhunderten und zeigte eine Mercatorkarte. Gleich nebenan lässt sich der siebenjährige Jan, der Sohn des Geschichtsvereinsvorsitzenden Marcus Dräger, von Eckhard Pfiffer in die Kunst des Buchdrucks einweihen. Stolz zeigt er seinen Namen auf Papier, den er zuvor selbst mit großen Bleilettern gesetzt hat. An der Druckerpresse versichert Pfiffer, im wirklichen Leben ehemaliger Lehrer der Realschule Bielstein, dass die Beschäftigung mit den einzelnen Buchstaben therapeutisch sehr wirksam sei: „Kinder mit ADHS werden ruhig, und welche mit einer Rechtschreibschwäche lernen das richtige Schreiben.“

Auf der anderen Seite des Saals demonstriert die Wiehler Archäologin Ulrike Claßen-Büttner das vermutlich älteste Handwerk: „Das Spinnen gab es schon in der Steinzeit, anfangs mit der Hand, später mit der Spindel.“ Diese sei vermutlich auch der Ideengeber für die Erfindung des Rads gewesen, das Spinnrad gebe es erst seit dem Mittelalter. Derweil wickelt ihre Tochter Zora (14) das Garn geschickt auf eine Haspel. Ein Fehler bei dieser Arbeit führt zu Knoten: „Daher kommt das Wort verhaspeln.“

Vor der Orangerie finden erstmals Ritterspiele für die Kinder statt und ein Falkner zeigt seine Vögel. Der obere Burghof ist den Handwerkern gewidmet – vom Schmied   bis zum Schieferdecker. Mehrere Mittelaltergruppen erfreuen die Zuhörer abwechselnd auf den beiden Bühnen mit historischen Instrumenten. Leider muss der Markt wegen eines Gewitters am späten Samstagnachmittag abgebrochen werden. Organisator Andreas Tabor nimmt es gelassen: „So ein Gewitter am Sonntag wäre schlimmer gewesen.“