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Rassel im BallNümbrechter (11) ist jüngster Spieler im Blindenfußball-Team des 1. FC Köln

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Zu sehen ist ein junger Blindenfußballer, der vor den Ball tritt.

Die Augenmasken gewährleisten gleiche Bedingungen bei den Blindenfußballern des 1. FC Köln.

Wenn Pierre Tore schießt, rasselt es, was das Zeug hält. Er ist Blindenfußballer der Geißböcke. Jüngst war er sogar bester Nachwuchsspieler.

„Das war mein erstes Auswärtsturnier mit der Mannschaft vom 1. FC Köln“, erzählt der junge Fußballer Pierre Weede von seinem Besuch in Leipzig. Dort hatte der Elfjährige aus Nümbrecht-Mildsiefen jetzt am „12. Sächsischen Blindenfußball-Cup“ teilgenommen. Beim Gastgeber 1. FC Lokomotive Leipzig gingen acht Mannschaften aus ganz Deutschland, aus Polen und Österreich mit dem rasselnden Ball auf Torejagd. „Wir wurden Achter, aber trotzdem war es toll, dabei zu sein und andere Blindenteams zu treffen“, sagt Pierre. Und es tröstet ihn auch, dass er bei diesem Turnier als bester Nachwuchsspieler galt.

Pierres Leidenschaft für den Fußball begann in Nümbrecht

Begonnen hat Pierres Leidenschaft für den Fußball beim Kicken mit Freunden im Dorf und im Verein TuS Elsenroth. Diese Leidenschaft teilt auch sein achtjähriger Bruder Henry, der derzeit mit Elsenroth bei U10-Turnieren antritt. Mit zunehmender Beeinträchtigung seines Sehvermögens wurde das Spiel beim TuS für Pierre allerdings immer anstrengender. Darum hatte ihm sein Schulbetreuer den Kontakt zum Blindenfußball-Team in Köln vermittelt.

Zu sehen sind zwei Jungs mit dem Plüsch-Maskottchen des 1. FC Köln.

Überzeugte Geißböcke: Der elfjährige Pierre aus Nümbrecht (links) und sein Bruder Henry.

Der Betreuer ist Mitarbeiter der LVR-Severin-Schule für Kinder und junge Menschen mit Sehbeeinträchtigung und begleitet Pierre einmal in der Woche ins Homburgische Gymnasium in Nümbrecht. Die Kölner nahmen den jungen Fußballer gerne auf. „Das Team gehörte dem Polizei-Sportverein Köln an, in diesem Sommer wurde es aber übernommen von der FC-Stiftung, die sich für Inklusion einsetzt“, berichtet Vater Bastien Weede, der Pierre einmal in der Woche zum Training an den Rhein fährt.

Beim Blindenfußball spielen Frauen und Männer jeden Alters zusammen

„Beim Blindenfußball spielen Männer und Frauen gemeinsam und es gibt auch keine Aufteilung nach dem Alter“, erklärt Pierre. In seinem Team ist er der jüngste, der älteste Spieler ist bereits Mitte 50. Beim Blindenfußball treten jeweils Viererteams gegeneinander an. „Neben vier Spielern gehört auch ein sehender Torwart zur Mannschaft“, beschreibt Pierre die Regeln.

Zu sehen ist ein Vater mit seinen beiden Söhnen.

Stolz auf seine Jungs Henry (l.) und Pierre ist Papa Bastien Weede aus Nümbrecht.

Zusammen mit dem „Guide“, der an der Seite des 20 mal 40 Meter großen Spielfelds steht, gibt der Keeper Kommandos und Hinweise an die Mitspieler. Die Blinden führen den Ball eng am Fuß, der Strafstoß wird aus sechs Metern Entfernung geschossen. „Wichtig ist vor allem, dass man ruft, wenn man läuft oder den Ball zugespielt haben will“, hat Pierre schnell gelernt.

Auf dem Feld bekommen alle die Augen zugeklebt und ziehen zusätzlich eine dunkle Brille an. Das ist erstmal sehr ungewohnt, aber eigentlich gerecht.
Der elfjährige Oberberger spielt Blindenfußball.

Gerufen wird das spanische Wort „Voy“ – auf Deutsch: Ich komme. Anfeuerungsrufe von Fans am Spielfeldrand soll es beim Blindenfußball daher nicht geben, da das die akustische Orientierung der Kicker stört. „Auf dem Feld bekommen alle die Augen zugeklebt und ziehen zusätzlich eine dunkle Brille an. Das ist erstmal sehr ungewohnt, aber eigentlich gerecht“, erzählt Pierre. Denn somit spielen die Spielerinnen und Spieler mit unterschiedlichen Graden der Sehbeeinträchtigung unter denselben Bedingungen.

Kleiner Nümbrechter leidet an einer Erkrankung der Netzhaut

Bei Pierre ist es die genetisch bedingte „Retinitis pigmentosa“, eine Netzhauterkrankung, die sein Sehfeld nach und nach einschränkt. „Bis zur Diagnose der seltenen Erkrankung gab es viele medizinische Untersuchungen“, berichtet seine Mutter Sonja Weede. „Wir saßen einmal acht Stunden in der Uniklinik deswegen“, erinnert sich Pierre.

Seit sein Schulbetreuer Pierres Mitschülerinnen und Mitschüler einmal eine Simulationsbrille anziehen ließ, bewundern sie Pierre sehr. „Das ist ja unfassbar, wie du dich so gut zurechtfindest. Wie machst du das nur?“, fragten sie, nachdem sie selbst die Dunkelheit erlebten. „Das mache ich eben“, meint Pierre mit einem Lachen.

Der kleine Nümbrechter freut sich auf seine Zukunft beim 1. FC Köln. „Ich bin sehr froh dort zu spielen, da habe ich noch sehr, sehr viele Möglichkeiten“, ist er sich sicher. Möglicherweise warten sogar die Bundesliga und die Paralympics auf ihn.