Interview mit Oberbergs Landrat„Da geraten wir zwischen die Fronten“

Lesezeit 4 Minuten
Im Fokus steht beim Oberbergischen Kreis seit zwei Jahren für Landrat Jochen Hagt vor allem die Arbeit des Gesundheitsamtes.

Im Fokus steht beim Oberbergischen Kreis seit zwei Jahren für Landrat Jochen Hagt vor allem die Arbeit des Gesundheitsamtes.

Jochen Hagt ist seit 2015 Landrat des Oberbergischen Kreises und mitten in der Pandemie 2020 wiedergewählt worden. Für ihn und den Kreis ist sie die größte Herausforderung. 

Was denken Sie: Was wird die Kreispolitik im Jahr 2022 bestimmen – außer Corona?

Hagt: Corona legt sich irgendwie natürlich über alles. Eigentlich sind es dieselben Themen, die uns auch schon 2019 beschäftigt haben: Sicherheit, wirtschaftliche Entwicklung, Klimaschutz, da vor allem die Wiederbewaldung. Von diesen Themen ist nichts weg. Es muss alles dringend vorangebracht werden.

Was hat sich durch Corona denn für den Kreis verändert?

Da sind natürlich vor allem die Veränderungen im Arbeitsleben. Homeoffice hat von jetzt auf gleich eine ganz neue Bedeutung bekommen. Auch wenn das wieder abnehmen wird: Ein großer Teil davon wird bleiben. Das bietet mit Blick auf die Gewinnung von Arbeitskräften gerade für uns im ländlichen Raum Chancen. Andererseits erhöht das natürlich auch die Herausforderungen, den Breitbandausbau weiter voranzutreiben. Viel hat sich da schon getan – nicht nur in den vier Kommunen, die das zusammen mit dem Kreis angegangen sind. Aber es muss weitergebaut werden. Der Kreis kann da vor allem mit Beratungsleistungen helfen, das zu perfektionieren.

Welche Rolle spielt Homeoffice für den Kreis selbst? Ändert es etwas an Ihren gleich zu Beginn der Pandemie auf Eis gelegten Ausbauplänen für das Kreishaus?

Homeoffice war für uns bereits vor der Pandemie ein Thema. Schon im ursprünglichen Entwurf war diese Idee mit verarbeitet. Obwohl durch diese Arbeitszeitmodelle Arbeitsplätze eingespart werden können, bleibt dennoch ein großer Bedarf für eine Zentralisierung der Kreisverwaltung. Wir lassen die Teilnehmer im Rahmen des Wettbewerbs prüfen, ob sich die Siegermodelle auch in Modulen verwirklichen lassen – also Stück für Stück je nach Bedarf. Im Augenblick ist vorgesehen, dass der Kreistag sich im Juni mit den Ergebnissen befasst.

Ein anderes Thema, das weit in die Zukunft weist, sind die Projekte der Regionale 2025. Auch da stehen richtungsweisende Entscheidungen an.

Viele sind ja auch schon gefallen. Projekte wie die „Bergische Ressourcenschmiede“ auf Metabolon sind ja auf dem Weg, andere werden sich weiter qualifizieren.

Eines der anderen Projekte ist das Bergische Forum für Wissen und Kultur, das hier gegenüber vom Kreishaus am ehemaligen Hohenzollernbad entstehen soll. Das Thema wurde vertagt, jetzt soll sich die Kreispolitik im März damit beschäftigten. Was können Sie vor März dazu sagen?

Zunächst mal müssen wir uns hüten, das Regionale-Projekt „Bergisches Forum“ mit dem Theater gleichzusetzen. Die Variante mit Theater ist nur eine Option. Aber ganz klar: Man muss prüfen, ob das als Regionale-Projekt geeignet ist. Wenn man das nicht machen würde, wäre das ja schon pflichtwidrig! Eine Weiterverfolgung hätte natürlich auch Folgen in Sachen Kostenförderung und in Sachen Eigenmittel. Deshalb muss sich der Kreistag eine Meinung dazu bilden. Ich bekomme aber auch mit, dass die Theater-Option von vielen kritisch gesehen wird – nicht nur im Rest des Kreises, sondern auch in Gummersbach.

Warum?

Ich glaube, dass solche Einrichtungen insgesamt immer kritisch gesehen werden, weil sie Geld kosten. Wir wissen alle, dass Investitionen der öffentlichen Hand nicht immer auf positive Resonanz stoßen.

Einige Bürgermeister haben dafür oder dagegen Stellung bezogen. Wie sehen Sie es?

Ich halte es aus den genannten Gründen vor allem für richtig, dass nicht Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und auch nicht der Landrat, sondern die Kreispolitik darüber entscheidet, bevor in der nächsten Phase schon Geld für Architektenleistungen ausgegeben wird. Man darf beim Hohenzollernbad aber auch eines nicht vergessen: Der Teil rechts von der Bücherei gehört uns, dem Kreis. Bei allen Überlegungen spielt also immer auch die Frage eine Rolle, wie wir uns die weitere Entwicklung in diesem Bereich vorstellen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was glauben Sie: Beschäftigen wir uns im Dezember immer noch mit der Pandemie?

(grübelt) Eventuell dann wieder . . . Hoffentlich nicht. Denn Tatsache ist, dass das Pandemie-Geschehen und seine Organisation gerade für den Kreis und seine Verwaltung eine große Belastung darstellt. Es beschäftigt uns – neben allen anderen Alltagsaufgaben – fast durchgehend seit zwei Jahren. Und es wird nicht einfacher dadurch, dass auf anderen Ebenen wie im Bund und im Land wiederholt abends Entscheidungen bekanntgegeben werden, von denen noch keiner weiß, wie und wann sie umgesetzt werden sollen. Und die Bürgerinnen und Bürger erhalten den Eindruck, dass das doch, um mit Günter Schabowski zu sprechen, „quasi jetzt, also ab sofort“ gelten sollte – und das zurecht. Da geraten wir dann zwischen die Fronten.

KStA abonnieren