JahresbilanzWas soll sich Reichshof noch leisten? – Diese Frage wurde 2022 oft gestellt

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Zahlreiche Kinder klettern auf einem großen Klettergerüst, das auf einem Schulhof steht.

Das neue Klettergerüst in Hunsheim gehört zu den sichtbaren Ergebnissen der laufenden Schulsanierungsoffensive.

In unserer Jahresbilanz schauen wir auf 2022 und besondere Projekte in der Gemeinde Reichshof zurück. Und wir geben einen Ausblick.

Was war? Was kommt? In unserer Serie zum Jahresstart ziehen wir Bilanz und blicken gemeinsam mit den Verantwortlichen voraus auf das Jahr 2023. Welche Projekte sind abgeschlossen, welche gescheitert und wo hakt es noch? Heute geht es um die Gemeinde Reichshof.

Dass im Denklinger Ratssaal Demonstranten aufmarschieren, ist gottlob selten. Hoch her ging es bei der Augustsitzung, weil Bürger argwöhnten, dass das Schwimmbad in Wildbergerhütte geschlossen wird.   Die dort erforderliche, millionenschwere Sanierung ist das heikelste Thema auf der politischen Tagesordnung im Reichshof und noch nicht abschließend entschieden.

Die Sanierung und der Ausbau der Grundschulen in Denklingen, Hunsheim und Wildbergerhütte ist auf dem Weg. Bei den Schulen wird ebenso wenig gespart wie bei der Feuerwehr. Darüber ist man sich einig im Reichshof und investiert derzeit Millionensummen. Aber das vor allem von Grundschülern genutzte Schwimmbad mit auf die Bildungsrechnung buchen? Diese Entscheidung fällt vielen Ratspolitikern immer schwerer, je mehr äußere Krisen die Kosten steigen und die Steuereinnahmen schrumpfen lassen. Die Schule sollte man im Dorf lassen. Ob das auch für alle Bäder gilt, ist eine andere Frage.

Reichshof leistet sich derzeit drei Hallenbäder

Klar: Schwimmunterricht in der Grundschule rettet Leben. Und ein Schwimmbad, das einmal fort ist, kommt nie wieder. Manchem mag jedoch aufgefallen sein, dass andere oberbergische Kommunen wie Marienheide und Engelskirchen schon vor vielen Jahren ihr einziges Hallenbad geschlossen und den Schwimmunterricht in die Nachbargemeinde verlagert haben. Dass es in der Folge zu massenhaften Todesfällen durch Ertrinken gekommen wäre, ist nicht bekannt. Zum Vergleich: Reichshof leistet sich derzeit drei Hallenbäder.

Wie immer die Entscheidung ausfallen mag, es bleibt zu hoffen, dass der weitere politische Streit mit ruhigem Puls geführt und kein unseliger Futterneid unter den Reichshofer Gemeindeteilen geschürt wird. In diesem Sinne ist es gut, dass sich der Gemeinderat mehrheitlich gegen einen Bürgerentscheid in der Badfrage und dafür entschieden hat, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen.

Manche Projekte des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts dauern

Man darf nicht vergessen: Überall in der Gemeinde tut sich etwas, wenn auch im vergangenen Jahr vor allem auf dem Papier der Planungsbüros. Dass manches Projekt des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts zeitlich gestreckt wird, muss verschmerzt werden, solange die Politik die Bürger nicht mit höheren Grundsteuern plagen will. Bisher hat die Gemeinde die Herausforderungen des Ukraine-Kriegs gut gemeistert. Dass die finanziellen Spielräume wieder größer werden, ist aber nicht absehbar.

Umso mehr Freude macht vor diesem Hintergrund privates Engagement, das den Gemeindeetat nicht belastet. Das Eckenhagener Bauernhausmuseum ist im vergangenen Jahr frisch aus der Corona-Pause gestartet. Der Denklinger Karneval feierte mit dem Bläck-Fööss-Open-Air im Burghof eine fulminante Wiederauferstehung. An gleicher Stelle gab es wieder einen stimmungsvollen Weihnachtsmarkt.

Das Hesperter Kunstkabinett macht trotz des Verlusts des Gründungsdirektors Franz Bodo Gerono weiter. Und die von einem Investor in Eckenhagen langfristig geplante Sommerrodelbahn wird der Feriengemeinde sicher gut zu Gesicht stehen. Auch der Winterrodellift, den der TuS Brüchermühle am Blockhaus betriebt, hatte endlich mal wieder genug Schnee.

Doch die Gemeinde selbst lässt sich den Tourismus ebenfalls etwas kosten. Die Eröffnung des Bergbaumuseums wurde aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Zudem bewerben sich der Bürgermeister und sein Team mit einigem Erfolg um eine Regionale-Finanzierung   für das Wiehltalsperren-Projekt. Im Gemeinderat wird immer wieder kritisch hinterfragt, ob sich der ganze touristische Aufwand überhaupt auszahlt. Das sei der Fall, beteuert das Rathaus mit Blick auf Umsätze, Steuereinnahmen und Arbeitsplätze.

Die Aufwertung der Wiehltalsperre als Wanderparadies könnte aber darüber hinaus   auch eine neue Reichshofer Identität stiften. Wenn die große Wasserfläche mitten in der Gemeinde weniger als Verkehrshindernis denn als Gemeinschaft stiftendes Projekt begriffen würde, hätten nicht nur die Touristiker, sondern alle Reichshofer etwas davon.

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