Ganz junge Einsteiger und Veteranen, die seit den Siebzigern im Kart sitzen: Im oberbergischen Reichshof trafen sie nun alle aufeinander.
60 Jahre KartringReichshof wurde zum Treffpunkt der europäischen Gokart-Szene

An den Feineinstellungen bastelten am Sonntag Joshua Richinhagen aus Bergisch Gladbach (l.) und Fahrer Salvatore Nikoletti aus Gummersbach vom Team FS Racing. Und das mit Erfolg: Nikoletti gewann letztlich die Schalter Gentleman-Klasse.
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Ins Mekka für die europäischen Gokart-Fans hat sich der Reichshofer Mini-Ort Hahn am Wochenende verwandelt. Benzingeruch lag rund um den Oberbergischen Kartring in der Luft – hier röhrten die Piloten in ihren kleinen Flitzern schon über den Asphalt, dort wurden noch letzte Feineinstellungen für die bestmögliche Rundenzeit vorgenommen. Wer in Deutschland, aber vor allem auch den Niederlanden, Belgien und Italien im Kartsport etwas auf sich hält, war ins Oberbergische angereist.
Oberbergs Kartring feierten seinen 60. Geburtstag
Anlass für den Auflauf der Rennsportler war der 60. Geburtstag des genau 1000 Meter langen Gokart-Rings am Halbhustener Weg, den Betreiberin Steffi Wirths mit den Wettkämpfen um den Kurt-Wirths-Gedächtnispokal zu Ehren ihres Vaters verband. Grob einteilen ließen sich die Rennen in die Senioren- und die Schalterklasse sowie den Auftritt der historischen Rennwagen, Baujahr 1988 oder früher.

Den Namen von Matteo Valentino Paasch (7), hier mit Papa Luca Mazzei, sollte man sich merken: Der Ratinger war der jüngste Starter in Reichshof-Hahn.
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Neu beim runden Geburtstag – und der Stolz der ganzen Szene – war indes die Ausschreibung einer Bambini-Klasse, in der der erst siebenjährige Matteo Valentino Paasch an die Spitze fuhr. Seinen Namen sollte man sich ruhig einmal merken – wer den kleinen Ratinger hochkonzentriert und mit bis zu 115 Stundenkilometern durch die Schikanen brausen sah, mutmaßte schnell, dass man ihn in zehn oder 15 Jahren auf weit größerer Bühne sehen wird.
„Matteo hat vor gut einem Jahr mit dem Kartfahren begonnen. Es macht ihm riesigen Spaß. Inzwischen besitzt er sein drittes Kart und wir sind fast jedes Wochenende bei einem Rennen in Europa unterwegs“, verriet Papa Luca Mazzei. Inzwischen hat Matteo schon seinen ersten Sponsor und beherrscht es, schon ganz wie die Großen, dass vor einem Foto selbstverständlich die Kappe mit dem Emblem des Geldgebers aufgesetzt wird.

Bei den Rennen um den Kurt-Wirths-Gedächtnispokal in Reichshof gab es diesmal auch eine Bambini-Klasse.
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Am anderen Ende des Zeitstrahls hatten 20 Mitglieder des Klassik Kart-Clubs Deutschland (KKCD) sehenswerte Altertümchen aus den Siebzigerjahren mit nach Hahn gebracht, die allerdings mit den hohen Temperaturen zu kämpfen hatten. „Unsere Motoren sind luftgekühlt, am liebsten wäre ihnen eine Temperatur von 20 Grad“, schmunzelte der KKCD-Vorsitzende Gernot Stöcker, der in Lindlar zu Hause ist und diesmal eine ungewohnt kurze Anreise zu einer Kart-Veranstaltung hatte. Aber auch den Piloten der historischen Rennwagen machte die Hitze zu schaffen. „Wir sind alle Ende 60, da steckst du die Wärme in den Rennoveralls auch nicht mehr so eben weg“, verriet Stöcker.
Niederländer lieben deutsche Kart-Rennen
Als Gäste mit historischen Boliden dabei waren zudem Fahrer des niederländischen Histo Cart-Clubs. „Bei den Holländern sind solche Veranstaltungen sehr begehrt. Dort gibt es nämlich nur freie Trainings, aber keinen Rennbetrieb“, erklärte der KKCD-Chef. Das älteste Kart im Hahner Feld stammte allerdings aus dem rheinland-pfälzischen Schifferstadt und gehört Wessel Minderau (68) – und zwar schon seit genau 50 Jahren. „Es gibt keine Federung und vorn auch keine Bremse. Und ich weiß auch nicht genau, wie schnell das Kart fährt, mir ist es jedenfalls schnell genug“, berichtete der Veteran lachend.
Irgendwann hat mich meine Frau gefragt, ob mir eigentlich mal aufgefallen sei, dass meine Konkurrenten alle deutlich jünger seien. Das war dann das Ende meiner Karriere als Rennpilot.
Viele Jahrzehnte hat der hochgewachsene Mann in dem hellblauen Overall im Rennsitz verbracht. „Irgendwann hat mich meine Frau gefragt, ob mir eigentlich mal aufgefallen sei, dass meine Konkurrenten alle deutlich jünger seien. Das war dann das Ende meiner Karriere als Rennpilot. Seitdem gehe ich in der historischen Klasse an den Start, wo es nicht mehr auf die schnellste Runde ankommt.“, erzählte Minderau mit einem Augenzwinkern.
Steffi Wirths war angesichts der ganz verschiedenen Modelle und über 50 Fahrerinnen und Fahrern, die zum Geburtstag des Kartrings angereist waren, jedenfalls hochzufrieden. Zusammen mit ihren Helfern hatte sie eine Tombola auf die Beine gestellt, deren Erlös demnächst an das Kinderhospiz Balthasar übergeben werden soll.
Am Sonntagabend reisten die allermeisten Kartsportler dann auch schon wieder ab – regelmäßig im Wohnmobil und mit breitem Anhänger für die Rennwagen. Aber sie werden wiederkommen – je nach Version mit noch neuerer und schnellerer Technik oder eben Modellen aus den Anfangsjahren. Der Kartsport ist jedenfalls nach wie vor lebendig.
Die Sieger:
Dem Krefelder Marlon Marthei gelang die Titelverteidigung in der Klasse der historischen Karts, zum zweiten Mal durfte er den Kurt-Wirths-Gedächtnis-Wanderpokal mit nach Hause nehmen.
In den übrigen Klassen siegten:
Bambini: Matteo Valentino Paasch, Senioren: Lukas Schaar, GKC 100: Jannik Niesen, DD2: Niklas Mühlenbruch, Senioren X30: Christian Scheele, Schalter Gentleman: Salvatore Nikoletti, Schalter: Leo Stein. (r)