SeniorenpflegeDemenz-WG trifft Kindertagesstätte – neues Angebot in Lindlar

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Agnes Scheurer in ihrer Wohnung im Lebensbaum Altenwohnheim Lindlar.

Agnes Scheurer in ihrer Wohnung im Lebensbaum Altenwohnheim Lindlar.

Lindlar – Eine Wohngemeinschaft. Da leben Studenten, die jeden Tag Nudeln mit Pesto essen, nicht in ihre 8-Uhr-Vorlesungen gehen und ihre Wäsche zu Mama bringen. Diese Stereotype hielten sich lange in den Köpfen. Das gemeinschaftliche Wohnen hat sich aber auch bei Menschen mit Demenzerkrankungen als Alternative zum klassischen Pflegeheim entwickelt – den Demenz-WGs.

Unter vielen Experten gilt diese Wohnform als beste Lösung für Menschen mit dementiellen Erkrankungen, weil der familiäre, überschaubare Rahmen Sicherheit und Vertrautheit im Alltag bietet. Die derzeit bestehenden WGs werden von Caritas, Arbeiter-Samariterbund, Diakonie und einigen privaten Pflegeeinrichtungen getragen. Zu wenig, wie Fachleute beklagen, denn die Nachfrage ist groß.

Neue Variante von „Lebensbaum“

Eine neue Variante will der Pflegedienstleister Lebensbaum in Lindlar ausprobieren. An der Breslauer Straße in dem Komplex des früheren Pfarrer-Braun-Hauses, betreibt der Lebensbaum neben zwei Demenz-WGs auch noch eine Kindertagesstätte und eine Tagespflege für alle Pflegebedürftigen.

Bernhard Rappenhöner, Robert Scheuermeyer und Jana Wolf betreuen mit ihren Teams diese Begegnungsstätte.

Bernhard Rappenhöner, Robert Scheuermeyer und Jana Wolf betreuen mit ihren Teams diese Begegnungsstätte.

Die Tagespflege bietet ihren 15 bis 22 Besucherinnen und Besuchern eine Tagesstruktur und ein Beschäftigungsangebot, wie etwa gemeinsames Musizieren. Die Besucher können an einzelnen Tagen oder jeden Tag die Einrichtung besuchen und werden vor Ort betreut. Abends werden sie wieder nach Hause gebracht. Diesem Vorgehen liegt das Motto „einen alten Baum verpflanzt du nicht“ zugrunde, erklärt Geschäftsführer Bernhard Rappenhöner.

Begegnungen zwischen Jung und Alt

Durch die räumliche Nähe zur Kindertagesstätte sind in Lindlar zusätzliche Orte der Begegnung möglich. Während die Senioren beispielsweise ein Beet pflegen, spielen die Kinder daneben im Sandkasten. Schon seit 2017 läuft dieses Nebeneinander von Kita und Tagespflege an der Breslauer Straße. 2018 wurde die Kita nach rund einem Jahr Betrieb noch einmal um 20 Plätze erweitert und da die Angebote gut angenommen werden, wird der Standort in Lindlar aktuell um zwei neue Kita-Gruppen und zwei neue Demenz-WGs erweitert, so der Lebensbaum.

Neben Demenz-WGs und Tagespflege betreibt die Pflegedienstleister Lebensbaum auch eine Kindertagesstätte. 

Neben Demenz-WGs und Tagespflege betreibt die Pflegedienstleister Lebensbaum auch eine Kindertagesstätte. 

Aktuell verhinderte Corona jedoch eine Intensivierung der Kontakte zwischen Alt und Jung. Es waren einzelne Partnerschaften zwischen den Kindern und den Senioren geplant und es wurden bereits Briefe und Geschenke ausgetauscht. Die Kinder haben Steine bemalt für die Senioren und mit ihnen zusammen Apfelsaft gemacht, erzählt Robert Scheumeyer, Referent der Geschäftsführung. Ziel sei es, dass die Kontakte von Gruppenbegegnungen – „da kommen die Omas und Opas“ und „da kommen die Kinder“ – zu Individuumsbegegnungen werden – „da kommt die Ursula“ und „da kommt der Tim“.

Neue Gesetze für die Pflege

Neu ist nun, dass langfristig auch die Demenz-WGs in die Begegnungen mit aufgenommen werden. Coronabedingt können die WG-Bewohnerinnen und Bewohner den Kindern bis jetzt nur von ihren Balkonen aus beim Spielen zusehen. Bernhard Rappenhöner, der selber in einem Drei-Generationen-Haushalt aufgewachsen ist, ist davon überzeugt, dass der Austausch zwischen Alt und Jung das Wohlbefinden aller steigert und die Entwicklung der Kinder fördert.

Als Rappenhöner diese Art der Pflege entwickelte, gab es keine Gesetzesgrundlage für dieses Konzept. Die Pflege war stationär ausgelegt. Das hat sich allerdings geändert. „Wir machen genau das, was die Politik jetzt von der Pflege will“, fasst Scheuermeyer zusammen. Leider, bedauert Rappenhöber, sei die Umsetzung flächendeckend nahezu unmöglich. „Es wird so getan, als ob wir was tun wollen, es wird aber kein Geld ins System gesteckt“, kritisiert Rappenhöner die Politik.

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