Tankstellenbetreiber kritisiert Rabatt„An manchen Tankstellen könnte es knapp werden“

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Was passiert an Oberbergs Zapfsäulen, wenn der Tankrabatt greift? Das war vor dem 1. Juni die große Frage.

Was passiert an Oberbergs Zapfsäulen, wenn der Tankrabatt greift? Das war vor dem 1. Juni die große Frage.

Oberberg – Hendrik Pilatzki ist nicht nur Vizepräsident der IHK Köln. Seine Firma betreibt unter der Marke Jaeger auch zehn freie Tankstellen vor allem in Oberberg, aber auch im Rheinisch-Bergischen, im Märkischen und in Niedersachsen. Frank Klemmer sprach mit ihm über den Tankrabatt.

Was passiert heute an den Zapfsäulen? Rechnen Sie mit langen Schlangen und damit, dass Ihnen der Sprit ausgeht?

Pilatzki: Eigentlich war die Lage zuletzt sehr ruhig. Die Befürchtung, alle könnten ihre Wagen bis auf den letzten Tropfen Reserve herunterfahren, spiegelt sich nicht in dem wider, was wir erlebt haben: Einen echten Einbruch beim Verkauf hat es in den letzten Tagen nicht gegeben. Also rechne ich auch nicht mit einem großen Ansturm. Ob der Sprit knapp wird, hängt aber von einem ganz anderen Aspekt ab.

Und der wäre?

Letztlich ist das, was da heute passiert, ein staatlich verordnetes Verlustgeschäft für die Tankstellenbetreiber: Wer am Dienstag noch für den alten Preis seine Tanks vollgemacht hat, für den sind sie am Mittwoch über Nacht 40 Cent pro Liter weniger wert, weil er sie nur noch zum niedrigeren Preis verkaufen kann. Eine normale Tankstelle hat ein Tankvolumen von etwa 200.000 Litern. Das heißt: Hat der Betreiber die jetzt zur Hälfte gefüllt, verliert er 40.000 Euro. Da kann man schon auf die Idee kommen, so wenig wie möglich im Tank zu haben, um am Mittwoch zum günstigeren Preis einzukaufen – und so den Verlust zu minimieren. Je nach dem, wie viele Kunden dann zum neuen Preis tanken wollen, kann es schon knapp werden.

Sind Sie auf diese Idee gekommen?

Nein, wir haben das nicht gemacht. Und ich glaube auch nicht, dass besonders viele so ein Risiko überhaupt eingehen können. Das geben schon die langfristigen Verträge, die wir mit den Raffinerien haben, gar nicht her. Letztlich werden wir den Verlust also schlucken müssen.

Wie fühlt man sich gerade so als Tankstellen-Betreiber – mitten in der Debatte darüber, ob man den Preis vor der Senkung noch mal künstlich nach oben getrieben hat?

Das ist natürlich Schwachsinn. Da wird uns unterstellt, uns die Hamsterbacken noch mal voll zu machen, obwohl es dafür überhaupt keinen Grund gibt – und das mitten in einer Debatte über ein Öl-Embargo, das, weil die Zukunft die Börse bestimmt, schon jetzt beim Preis zu spüren ist. Da soll ein Angebot künstlich verknappt werden und dann wundert man sich, dass dadurch der Preis steigt. Dabei ist das schlicht und einfach Marktwirtschaft.

Trotzdem kann man sich wundern, wenn man sieht, wie schnell Tankstellen ihren Preis in dieselbe Richtung ändern – und das mehrfach am Tag. Oder?

Das liegt aber nicht an Absprachen zwischen den Betreibern, sondern einfach daran, dass kein Preis so transparent ist wie der von einem Liter Diesel oder Benzin. Das Kartellamt, die Markttransparenzstelle: Alle sehen ganz genau hin und wissen innerhalb von 15 Minuten, wie der Preis sich verändert hat. Und die Konkurrenten reagieren dann darauf. Auch wir als Freie orientieren uns dabei an den Marken – und versuchen, dann immer einen Cent drunter zu bleiben.

Sie klingen naturgemäß nicht gerade wie ein Fan des Tankrabatts?

Das hat aber nicht nur etwas mit dem dadurch eintretenden Verlust zu tun. Ich glaube einfach nicht, dass dieses Gießkannen-Prinzip wirkt. Es hätte zielgerichtetere Maßnahmen gebraucht, um Menschen zu helfen, die von den steigenden Kosten besonders betroffen sind – zum Beispiel durch ein Energiegeld. Wir haben ja im vergangenen Jahr am Rabatt auf die Umsatzsteuer in unseren Supermärkten gesehen, welche Kollateralschäden solche gut gemeinten staatlichen Maßnahmen haben. Wenn ich allein daran denke, was es für ein unfassbarer Aufwand war, Etiketten neu auf Papier zu drucken, die man ein paar Monate später wieder wegwerfen konnte.

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Tatsächlich sind Sie jetzt mit Ihren Tankstellen ähnlich betroffen wie noch vor Jahresfrist in Ihren Supermärkten – zum Beispiel bei der Jagd auf Toilettenpapier. Hätten Sie es vor Jahren für möglich gehalten, dass die Automatismen des Marktes mal so außer Kraft gesetzt werden?

Ehrlich gesagt: Nein. Aber andererseits greifen ja auch die Automatismen jetzt wieder. Am Ende wird der Markt auch entscheiden, ob und wie viel vom Tankrabatt bei den Menschen ankommt: 40 Cent? Oder wird es vielleicht sogar noch mehr? Die größte Sorge machen mir aber nicht einmal mögliche Schlangen heute, denn der Preis bleibt ja erstmal. Schwieriger dürfte es Ende August werden: Denn dann wird Sprit über Nacht 40 Cent pro Liter teurer. Wenn dann alle vorher noch mal billig tanken wollen, könnte es an den Tankstellen wirklich eng werden.

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