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Vermieter manipulierte ZählerWegen Stromdiebstahls vor Gericht gelandet

Lesezeit 3 Minuten

Wenn der Zähler sehr schnell läuft, kann das ein Zeichen für Stromdiebstahl sein.

Wipperfürth – Ein inzwischen selten gewordenes Strafverfahren zur „Entziehung elektrischer Energie“ beschäftigte das Amtsgericht in Wipperfürth. Eine 43-jährige Frau aus der Hansestadt räumte ein, im vergangenen Februar die Leitungen ihres Nachbarn angezapft zu haben, um ihre Wohnung zu heizen.

Zweimal bastelte die Frau in einem Mehrfamilienhaus im Wipperfürther Osten funktionierende Kabelkonstruktionen. Über die leitete sie zunächst Anfang Februar Strom vom Dachboden nebenan zu ihrem Heizofen. Zwei Wochen später – auf dem Höhepunkt einer Kältewelle – zapfte sie eine Leitung in der Abstellkammer des Nachbarn an.

Ganz so einfach, wie die Staatsanwaltschaft den Fall zunächst vortrug, lagen die Dinge aber offenbar nicht. So habe der Nachbar und Vermieter nach Aussage der Frau bei dem Stromklau ebenfalls eine gewichtige Rolle gespielt.

Komplette Hausstrom lief über Zähler der Mieterin

Die Wipperfürtherin schilderte, wie sie nach einigen Monaten Abwesenheit un ihre Wohnung zurückkehrte. Beim Gang in den Keller sei ihr ein Schalter an ihrem Zähler aufgefallen. Das Zählwerk sei auffällig schnell gelaufen. Sie habe den Schalter gedrückt und im gesamten Haus sei es schlagartig dunkel geworden. „Da wusste ich, dass die das ganze Haus über meinen Zähler hatten laufen lassen, während ich weg war“.

Hintergrund

Die „Entziehung elektrischer Energie“ kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Vorschrift ist seit 1905 Bestandteil des deutschen Strafrechts.

Zuvor war eine Strafbarkeitslücke entstanden, als das Reichsgericht 1896 und 1899 entschied, dass Strom kein körperlicher Gegenstand sei. Damit war eine Bestrafung wegen Diebstahls, der einen solchen Gegenstand voraussetzt, nicht möglich.

Angesichts der aufkommenden Elektrifizierung reagierte der Reichstag und stellte den „Stromklau“ ab April 1900 gesondert unter Strafe. (sfl)

Auf die Umleitung angesprochen, habe der Vermieter die Konstruktion zwar zurückgebaut. Als der Stromversorger aber den Abschlag massiv erhöhte, hätten Vermieter und Nachbarn eine Verantwortung und Beteiligung an den Rechnungen abgelehnt. Insgesamt seien ihr 1900 Euro Mehrkosten entstanden, so die Angeklagte. Für die habe sie eine Ratenzahlung vereinbart, die bis heute laufe.

Weil sie die Stromrechnungen damals nicht habe bezahlen können, haben der Versorger ihr den Strom abgestellt und den Zähler mitgenommen. Vom Vermieter habe sie die fristlose Kündigung bekommen. „Ich wollte einfach, dass es etwas wärmer bei mir wird“, gab die Angeklagte zu Protokoll. Eine andere Möglichkeit als das Abzapfen habe sie nicht gesehen. Sogar die Polizisten, die der Vermieter rief, als er den Stromklau bemerkte, hätten sie auf die Kälte in ihren Räumen angesprochen.

„Ihre Geschichte ist schlüssig“, räumte der Staatsanwalt ein. Wenngleich das Verhalten der Wipperfürtherin nicht in Ordnung gewesen sei, wolle die Anklage sie angesichts der noch ausstehenden Stromzahlungen nicht mit Geldstrafen noch weiter belasten. Der Staatsanwalt beantragte die Einstellung des Prozesses unter der Bedingung, dass die Frau die Schulden beim Stromversorger begleiche. Das Gericht und auch die Angeklagte stimmten dem Vorschlag zu.